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Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bei Übernahme von Haftungsrisiken aus einer Aufsichtsratstätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers

Christian Thurow

FG Hamburg, Urteil vom 3.12.2020, 2 K 62/19 (rkr.)

 

Laut einer Studie der Allianz Global Corporate & Specialty erhöhen die COVID-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen das Risiko, dass Vorstände für schlechte Geschäftsergebnisse oder Fehlentscheidungen zur Verantwortung gezogen werden. Abhilfe kann eine Directors & Officers (D&O)-Versicherung oder eine Haftungsübernahme-Vereinbarung schaffen. Je nach Ausgestaltung kann es jedoch hier zu einer vGA kommen, wie das Finanzgericht (FG) Hamburg klarstellt.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin ist eine GmbH, die ihren Alleingesellschafter und Geschäftsführer in den Aufsichtsrat einer AG, an welcher sie beteiligt war, entsandte. Der Alleingesellschafter wurde vertraglich von der Klägerin von jeglichen Haftungsansprüchen freigestellt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AG warf der Insolvenzverwalter dem Alleingesellschafter der GmbH (Klägerin) vor, seine Pflichten als Aufsichtsratsvorsitzender nicht ordnungsgemäß erfüllt zu haben, und machte Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend.

Im Rahmen eines Vergleichs wurde eine Zahlung von rund 75.000 € vereinbart, welche die GmbH (Klägerin) übernahm und als Betriebsausgabe geltend machte.

Aus Sicht des Finanzamts stellte die Übernahme der Vergleichszahlung eine vGA dar. Aus Sicht der Klägerin erfolgte die Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats in ihrem Interesse, sodass es an den Voraussetzungen für eine vGA fehle.

 

 

Lösung

Auch aus Sicht des FG Hamburg stellt die Übernahme von Haftungsrisiken im Ausgangsfall eine vGA dar. Die getroffene Vereinbarung zur Übernahme von Haftungsrisiken hält zwar dem formellen Fremdvergleich stand, nicht aber dem materiellen Fremdvergleich. Insbesondere die unbegrenzte Haftungsübernahme würde von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer nicht eingegangen, da dies im Extremfall die wirtschaftliche Existenz der GmbH (Klägerin) gefährden könnte. Auch die Haftungsübernahme aus schuldhaftem Verhalten, also aus vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Fehlverhalten, ist nicht fremdüblich. Aufgrund dieser Totalfreistellung ist auch die gesamte Vergleichszahlung als vGA zu qualifizieren.

 

 

Praxishinweise:

Das steigende Haftungsrisiko für Gesellschaftsorgane lässt sich u.a. daran erkennen, dass das D&O Versicherungsgeschäft laut Allianz Global Corporate & Specialty in Märkten wie Australien, Großbritannien, den USA und Teilen Europas unprofitabel ist. Zu den Hauptrisiken für Gesellschaftsorgane zählen:

  • Insolvenzrisiken
  • Cyber-Risiken
  • Aktionärs-Sammelklagen
  • ereignisgetriebene Rechtsstreitigkeiten (z.B. ein Industrieunfall)
  • unzureichendes Diversity-Management
  • falsche Einschätzung von COVID-19-Risiken.

Eine Haftungsbegrenzung macht vor diesem Hintergrund für Gesellschaftsorgane Sinn. Gerade beherrschende Gesellschafter müssen hier aber darauf achten, dass die Vereinbarung dem Fremdvergleichsgrundsatz standhält, wie der Ausgangsfall eindrücklich zeigt.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 8/2021 

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