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Pfändung der Corona-Soforthilfe ist unzulässig

Christian Thurow

BFH-Beschluss vom 9.7.2020, VII S 23/20 (AdV)

 

In letzter Zeit haben sich mehrere Finanzgerichte mit Anträgen gegen die Pfändung von Corona-Soforthilfen befasst. Der allgemeine Tenor der Gerichte lautet: Eine Pfändung laufe der Zweckbindung der Soforthilfe zuwider und ist daher unzulässig. Die Finanzbehörden wollten dies nicht akzeptieren und haben den Fall vor den BFH gebracht.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Antragsgegner betreibt einen Hausmeisterservice und unterhält bei der örtlichen Sparkasse ein sog. Pfändungsschutzkonto. Im April erhielt er 9.000 € aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Selbständige“. Gemäß den Programmbedingungen unterlagen die Soforthilfen einer Zweckbindung und einem Aufrechnungsverbot:

  • Zweckbindung: Die Soforthilfe dient ausschließlich zur Milderung von finanziellen Notlagen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, vor allem zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1.3.2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind vor dem 1.3.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe.
  • Aufrechnungsverbot: Die Soforthilfe unterliegt einem direkten Verrechnungs- bzw. Aufrechnungsverbot mit bereits bestehenden Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut.

Aus Sicht des Finanzamts konnten die Corona-Soforthilfen aufgrund der bestehenden Steuerschulden gepfändet werden. Das Finanzamt argumentierte, mangels Legaldefinition der „Relevanz für die Existenzsicherung“ widerspräche die Tilgung von älteren Steueransprüchen nicht einer etwaigen Zweckbindung der Corona-Soforthilfe. Außerdem erfülle der Antragsgegner gar nicht die Voraussetzungen für den Erhalt der Soforthilfen.

Der Antragsgegner und das erstinstanzliche Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, dass aufgrund der Zweckbindung der Soforthilfe eine Pfändung für bestehende Altschulden nicht möglich sei.

Das Finanzamt wendete sich daraufhin mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) an den BFH.

 

 

Lösung

Der BFH folgt der Argumentation des erstinstanzlichen Finanzgerichts. Gemäß § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung nur pfändbar, soweit sie übertragbar ist. Laut den Förderbestimmungen obliegt allein dem Empfänger der Soforthilfe die Entscheidung über die Mittelverwendung, wobei die Mittel zur Überbrückung von nach dem 1.3.2020 entstandenen Liquiditätsengpässen dienen. Aufgrund dieser Zweckbindung ist der Anspruch auf Soforthilfe nicht übertragbar und somit auch nicht pfändbar. Das Argument des Finanzamts, der Antragsgegner erfülle gar nicht die Voraussetzungen für den Erhalt der Corona-Soforthilfe, verfängt nicht. Denn die Zweckbindung entfällt auch dann nicht, wenn der Antragsgegner mangels Vorliegens der Beihilfevoraussetzungen die Soforthilfen zu einem späteren Zeitpunkt zurückzahlen müsste. Der BFH lehnt den AdV daher ab.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 8/2020 

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