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Herstellungskosten zu unterjährig ausgeschiedenem Umlaufvermögen: Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mietzinsen

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 30.7.2020, III R 24/18

 

1. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnen, soweit sie in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einzubeziehen sind.

2. Insoweit reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Baugesellschaft-GmbH mietete regelmäßig Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste) an. Die bei den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelte behandelte es als Baustelleneinzelkosten und damit als Herstellungskosten des Umlaufvermögens.

Nach Auffassung des Finanzamts sind die in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelte (gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG) dem Gewinn hinzuzurechnen. Es sei nicht erkennbar, in welchem Umfang die angefallenen Miet- und Pachtzinsen als Baustelleneinzelkosten in den teilfertigen Arbeiten aktiviert worden seien. Nur soweit die Mieten/Pachten in der Bilanz als unfertige Arbeiten aktiviert worden waren, könne der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend reduziert werden.

 

 

Lösung

Bei den angefallenen Aufwendungen für die Anmietung von Zubehör zu Baustelleneinrichtungen handelt es sich nicht um hinzuzurechnende Mietzinsen (gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG). Es reicht aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen.

Hinzuzurechnen sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Voraussetzung: Die fraglichen Beträge sind bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden, und die Summe übersteigt den Betrag von 100.000 €.

Die Verwendung von Wirtschaftsgütern als Produktionsmittel spricht für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt. Die Zuordnung ist jedoch für die Behandlung der Miet- oder Pachtzinsen in Bezug auf das Unterbleiben der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zum Gewinn ohne Bedeutung.

Die GmbH hat die Baustelleneinrichtungen vergleichbar einer Maschine zur Fertigung von Bauwerken eingesetzt. Trotz der nur kurzfristigen Anmietung des jeweils einzelnen Wirtschaftsguts ist die GmbH auf die ständige Verfügbarkeit gleichartiger Baustelleneinrichtungen angewiesen gewesen. Auch wenn das Erzeugnis bereits während des Erhebungszeitraums fertiggestellt wurde und aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, sind die für die Anmietung des Zubehörs zu Baustelleneinrichtungen angefallenen Mietzinsen nicht bei der Ermittlung des Gewinns abzusetzen, soweit sie als Baustelleneinzelkosten zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens gehören. Die getätigten Aufwendungen verlieren mit der Umqualifizierung in Herstellungskosten ihren ursprünglichen Mietzinscharakter. Eine Aktivierung der Herstellungskosten des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag (als fertige oder unfertige Erzeugnisse) ist nicht Voraussetzung für das Unterbleiben einer Hinzurechnung. Entscheidend ist allein die Umqualifizierung der Mietzinsen in Herstellungskosten.

 

 

 

Praxishinweise:

Eine Hinzurechnung von Zinsen setzt deren Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben voraus. Der betreffende Aufwand muss bei der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung eine Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG darstellen. Eine Gewinnabsetzung liegt dagegen nicht vor, wenn der Aufwand in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeht.

Bei Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wirkt sich der entsprechende Zinsaufwand aufgrund der Aktivierung der Zinsen gewinnmindernd frühestens in dem Wirtschaftsjahr aus, in dem mit der AfA begonnen oder eine Teilwertabschreibung vorgenommen wird. Allerdings sind laut BFH-Rechtsprechung die in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens einbezogenen und aktivierten Bauzeitzinsen dem Gewinn weder im Erhebungszeitraum der Aktivierung noch in jenen Erhebungszeiträumen als Schuldzinsen hinzuzurechnen, in denen gewinnmindernde AfA oder Teilwertabschreibungen von den Herstellungskosten vorgenommen werden. Denn AfA können – ungeachtet ihres Aufwandscharakters – weder begrifflich noch wirtschaftlich Entgelte für Schuldzinsen (im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG) sein.

 

 

 

Das in § 255 Abs. 3 S. 2 HGB normierte Aktivierungswahlrecht für Fremdkapitalzinsen ist nicht von der Laufzeit des jeweiligen Darlehens abhängig, sondern nur davon, dass das Fremdkapital zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird und die Zinsen im Zeitraum der Herstellung anfallen.

Der Herstellungsbeginn wird zum Kriterium für die Frage, ab wann Aufwendungen aktiviert werden müssen bzw. dürfen. Auch durchzuführende Vorbereitungsmaßnahmen können dazu zählen (wie etwa Planungs- oder Abrissarbeiten).

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 12/2020

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