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Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 3 Update Nr. 3, Januar 2021)

Christian Thurow

IDW Schreiben vom 28.1.2021

 

Die Abschlusserstellung und Jahresabschlussprüfung ist bei vielen Unternehmen derzeit in vollem Gang. Hierbei treten vermehrt Fragen zur Darstellung von Corona-Pandemie-Effekten im Abschluss auf. Das IDW hat daher nunmehr sein drittes Update zu seinem dritten Schreiben zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Rechnungslegung und Prüfung veröffentlicht. Die wesentlichen die Rechnungslegung und Abschlusserstellung betreffenden Ergänzungen sind im Folgenden kurz dargestellt.


 

 

Fragen

Antworten

Welche Angabepflichten sind im Fall von wesentlichen Unsicherheiten bei der Beurteilung der Going-Concern-Annahme (Bewertung unter Berücksichtigung der Unternehmensfortführung) zu beachten?

Sofern der Abschluss – trotz Vorliegen bestandsgefährdender Risiken unter Zugrundelegung der Going-Concern-Annahme – aufgestellt wird, muss der Bilanzierende im Anhang (oder bei Entfall eines Anhangs z.B. unter der Bilanz) diese Tatsache sowie den geplanten Umgang mit diesen Risiken angeben. Bei Aufstellung eines Lageberichts ist über die bestandsgefährdenden Risiken ausdrücklich zu berichten. Pauschale Hinweise auf bestandsgefährdende Risiken infolge bestehender Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie sind nicht ausreichend.

 

Darf für die Prognoseberichterstattung in (Konzern-)Lageberichten, die für am 31.12.2020 oder danach endende Berichtszeiträume aufzustellen sind, im Lichte der (für die Zukunft vermuteten) Auswirkungen der Corona-Pandemie von dieser Erleichterung [Anmerkung: DRS 20.133, u.a. Zulassung von Szenario-Rechnungen für die betrieblichen Leistungsindikatoren anstelle eindeutiger Prognosen] Gebrauch gemacht werden?

Von der Erleichterung darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn die beiden in DRS 20.133 genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • außergewöhnlich hohe Unsicherheit hinsichtlich der Zukunftsaussichten aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und
  • wesentliche Beeinträchtigung der Prognosefähigkeit des Unternehmens/Konzerns.

 

 

Welche Erwartungen bestehen seitens der Enforcement-Institutionen (DPR, ESMA) hinsichtlich der Berichterstattung im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie in den Abschlüssen und Lageberichten für das Geschäftsjahr 2020?

Für die ESMA (European Securities and Markets Authority – europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) ist die Forderung nach angemessener Erläuterung und transparenter Darstellung der Folgen der Corona-Pandemie in den Jahresfinanzberichten 2020 der Unternehmen ein zentrales Thema. Dabei kommt folgenden Kriterien eine besondere Bedeutung zu:

  • Annahmen zur Unternehmensfortführung
  • Angaben zu signifikanten Ermessensentscheidungen und Schätzunsicherheiten
  • Darstellung von coronabezogenen Posten im Abschluss.

Aus nationaler Sicht hat die DPR (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung) die Liste noch um den Punkt „Risikoberichterstattung unter Beachtung der Auswirkungen von COVID-19“ ergänzt.

 

IFRS-Bilanzierung:

Die durch behördliche Anordnung eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit von Immobilien kann beim Leasinggeber Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Leasingnehmers begründen. Welche bilanziellen Auswirkungen können sich hieraus im Rahmen eines Operating-Leasingverhältnisses beim Leasinggeber ergeben?

Die Realisation von Mieteinnahmen nach IFRS 16 setzt keine Einschätzung der Zahlungsfähigkeit des Leasingnehmers voraus. Daher sind Mietforderungen für ausstehende Zahlungen (operating lease receivable) in voller Höhe durch den Leasinggeber zu bilanzieren und dann gegebenenfalls über eine Wertminderung zu korrigieren.

 

Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020 (BGBl. I 2020, 1512) ist für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2022 angeschafft oder hergestellt worden sind, die geometrisch-degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) von bis zu 25% p.a. vom jeweiligen Restbuchwert (wieder) eingeführt worden (§ 7 Abs. 2 EStG).

Darf diese Abschreibungsmethode ohne Weiteres auch der Bemessung der planmäßigen Abschreibung des betreffenden Vermögensgegenstands über seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zugrunde gelegt werden?

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass eine handelsbilanzielle Anwendung der geometrisch-degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG – Übernahme rein steuerlich motivierter Bewertungsmethoden – nicht zulässig ist.

Der Grundsatz der sachlichen Bewertungsstetigkeit lässt eine handelsbilanzielle Anwendung der degressiven Abschreibungsmethode nur dann zu, wenn der Wechsel von der linearen zur degressiven Abschreibungsmethode im Ausnahmefall dazu beiträgt, dass der Abschluss ein besser den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt.

 

Ein bilanzierender Kaufmann schließt mit seinen Kunden Verträge über die entgeltliche Nutzung einer Einrichtung und/oder eines Gegenstands (z.B. Betreiber eines Fitnessstudios) ab. Die Verträge haben keine feste Laufzeit, sondern sind „bis auf Weiteres“ abgeschlossen. Die Bezahlung erfolgt durch monatlichen Lastschrifteinzug. Wegen einer in Reaktion auf die Corona-Pandemie erlassenen behördlichen Verfügung darf die Einrichtung und/oder der Gegenstand temporär nicht geöffnet und/oder genutzt werden.

Der Lastschrifteinzug wird dessen ungeachtet nicht unterbrochen, sodass weiterhin Gelder von den Bankkonten der Kunden abgebucht werden.

Welche bilanziellen Konsequenzen ergeben sich aus diesem Sachverhalt im handelsrechtlichen Jahresabschluss des Kaufmanns?

Soweit die Kunden einen zivilrechtlichen Rückzahlungsanspruch gegen den Kaufmann haben und nicht endgültig auf diesen Anspruch verzichten, muss der Kaufmann die Zuflüsse auf seinem Bankkonto grundsätzlich durch Passivierung einer Rückzahlungsverbindlichkeit neutralisieren.

Wie ist für Zwecke der Folgebewertung nach § 253 Abs. 3 S. 5 und 6 HGB im Jahresabschluss der beizulegende Wert von Anteilen an verbundenen Unternehmen (§ 266 Abs. 2 A.III.1. HGB), von Beteiligungen (§ 266 Abs. 2 A.III.3. HGB) und von (sonstigen) Wertpapieren des Anlagevermögens (§ 266 Abs. 2 A.III.5. HGB) zu ermitteln? (Diese Frage/Antwort ergänzt bzw. konkretisiert die Ausführungen in Teil 2 des Fachlichen Hinweises „Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung“ vom 25.3.2020 im Abschn. 3.2.2., Unterabschnitt „Finanzanlagevermögen“, S. 8 f.)

  • Bei einer Halteabsicht hat die Ermittlung auf Basis eines Zukunftserfolgswertverfahrens (Ertragswert- oder DCF-Verfahren) zu erfolgen.
  • Bei Veräußerungsabsicht ist der Bewertung demgegenüber der objektivierte Unternehmenswert zugrunde zu legen.

Ist aufgrund der Corona-Pandemie verstärkt mit Hinweisen auf eine Bestandsgefährdung zu rechnen?

Es ist anzunehmen, dass es aufgrund der Corona-Pandemie verstärkt zu einer Aufnahme von Hinweisen auf wesentliche Unsicherheiten (Bestandsgefährdung) in die Bestätigungsvermerke kommen wird.

 

Ist davon auszugehen, dass die Beurteilung der Angemessenheit der Going-Concern-Annahme vermehrt Gegenstand externer und interner Überprüfungen sein wird?

Die Beurteilung der Angemessenheit der Going-Concern-Annahme durch den Abschlussprüfer wird ein Schwerpunkt der Abschlussprüferaufsichten sein.

 

Führt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dazu, dass sich das Unternehmen vom Rechnungslegungsgrundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit zwingend abkehren muss?

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens steht der Beibehaltung von Fortführungswerten regelmäßig entgegen. In Einzelfällen kann die Bilanzierung nach Fortführungswerten zulässig sein, wenn z.B. aufgrund fortgeschrittener Sanierungsmaßnahmen im Rahmen eines Insolvenzplans hinreichend begründet und dokumentiert dargelegt wird, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird.

 

Welche Auswirkungen ergeben sich aus der temporären Verkürzung des Prognosezeitraums bei der Überschuldungsprüfung durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz auf die Beurteilung der Going-Concern-Annahme?

Für das Kalenderjahr 2021 ist aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Unsicherheiten bei der Überschuldungsprüfung ein Prognosezeitraum von nur vier Monaten zugrunde zu legen, wenn die – potenzielle – Überschuldung auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Die handelsrechtliche Einschätzung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit basiert aber weiterhin auf einem 12-Monatszeitraum. 

 

 

Des Weiteren enthält das Schreiben ergänzende Hinweise zur Abschlussprüfung.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 2/2021

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