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Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten auch in Fällen geringer Bedeutung

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 16.3.2021, X R 34/19

 

Aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Zahlungen für Aufwendungen der kommenden Geschäftsjahre sind als Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) anzusetzen. Ein Gewerbebetrieb hatte jedoch für eine Vielzahl von Kleinbeträgen (zwischen 12 € und 400 €), die zeitraumbezogene und vorausgezahlte Aufwendungen betreffen (Kfz-Steuern), keine ARAP gebildet.

Das Finanzamt hielt den Ansatz aktiver Rechnungsabgrenzungsposten für erforderlich und erhöhte die Gewinne des Gewerbebetriebs. Auch in Fällen von geringer Bedeutung könne nicht auf eine Rechnungsabgrenzung verzichtet werden. Ein Wahlrecht verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Eine periodengerechte Abbildung von Aufwendungen unterhalb der 410 €-Grenze stehe im Einklang mit den Bilanzierungsgrundsätzen der Vollständigkeit und Wahrheit.

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg (Urteil vom 2.3.2018, 5 K 548/17) betonte zwar das Aktivierungsgebot für aktive Rechnungsabgrenzungsposten, räumte aber ein, dass unwesentliche Elemente aufgrund des Grundsatzes der Wesentlichkeit bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht gelassen werden können.

Für die Frage, wann ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt, orientierte sich das FG an der 410 €-Grenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) des in den Streitjahren geltenden § 6 Abs. 2 EStG.

 

 

Lösung

Unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG sind ARAP zu bilden (Aktivierungsgebot). Ein Rechnungsabgrenzungsposten muss seit jeher steuerrechtlich gebildet werden, wenn ein Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag vorliegt.

Betroffen sind nur solche Aufwendungen, die zunächst als laufende Betriebsausgabenabziehbar sind (z.B. vor dem Bilanzstichtag gezahlte, aber als Gegenleistung für die Zeit nach dem Bilanzstichtag bestimmte Miet-, Pacht-, Darlehenszinsen, Versicherungsprämien etc.). Dienen die Aufwendungen hingegen dem Erwerb eines Wirtschaftsguts, das erst in späterer Zeit genutzt werden soll, sind die Aufwendungen als vorweggenommene Anschaffungskosten für das zu erwerbende Wirtschaftsgut zu aktivieren; die Abschreibung beginnt erst mit der späteren Nutzung.

Weder aus dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt ein Recht, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine periodengerechte Gewinnermittlung verzichten zu können. Dem Grundsatz der Wesentlichkeit kann ein Wahlrecht zur Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Fällen von geringer Bedeutung nicht entnommen werden. Eine gesetzliche Regelung für ein Wahlrecht im Rahmen des § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten, besteht nicht. Es geht dort nur um den zeitgerechten Ausweis. Die GWG-Regelungen können nicht auf die Bildung von ARAP übertragen werden.

Die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten dient dazu, Einnahmen und Ausgaben periodengerecht in dem Jahr auszuweisen, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind.

 

 

 

Bilanzierungshinweise:

Auch handelsrechtlich sind (gemäß § 246 Abs. 1 S. 1 HGB, § 250 Abs. 1 HGB) zwingend ARAP für Ausgaben, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen, zu aktivieren (Aktivierungsgebot). ARAP dienen der periodengerechten (transitorischen) Abgrenzung von (zahlungsorientierten) Ausgaben, die als (erfolgsorientierter) Aufwand in einem anderen Geschäftsjahr bzw. Wirtschaftsjahr erfolgswirksam zu verbuchen sind. Im laufenden Geschäftsjahr bzw. Wirtschaftsjahr erfolgswirksam erfasste Ausgaben anderer Geschäftsjahre bzw. Wirtschaftsjahre werden somit durch die Bildung eines aktiven Bilanzpostens im Jahresabschluss neutralisiert.

Voraussetzung für die Bildung eines ARAP ist:

  • Die Vorleistung (in bar oder im bargeldlosen Zahlungsverkehr) des einen Vertragspartners aus einem gegenseitigen Vertrag wird für eine zeitraumbezogene Gegenleistung des anderen Vertragspartners oder Vorleistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen bis zum Bilanzstichtag erbracht, und
  • es handelt sich um eine Ausgabe für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag. Der Zeitraum, für den die Ausgabe geleistet wurde, ist rechnerisch zu ermitteln (Bestimmbarkeit von Beginn und Ende des Zeitraums) und muss kalendarisch festgelegt sein, um die Zahlung bzw. Gegenleistung zeitbezogen und periodisch aufzuteilen. Eine Schätzung des bestimmten Zeitraums ist im Gegensatz zu den Rückstellungen für den ARAP nicht ausreichend (siehe hierzu EStH 5.6 „Bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag“).

Der ARAP ist (gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) zeitanteilig mit dem Zahlungsbetrag zu aktivieren, der auf die noch ausstehende Gegenleistung entfällt. Der anteilige Zahlungsbetrag, welcher der bis zum Bilanzstichtag bereits erbrachten Leistung zuzuordnen ist, bleibt erfolgswirksamer Aufwand und wird nicht im Jahresabschluss neutralisiert.

 

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 10/2021

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