Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.7.2020, 6 K 279/17 (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. BFH: XI B 42/20)
Grundsätzlich führen Zahlungen von Bestechungsgeldern zur Anwendung des Betriebsausgabenabzugsverbots (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG). Doch was, wenn das dazugehörige Strafverfahren ohne Urteil eingestellt wird? Die niedersächsischen Finanzrichter betonen hier die Unabhängigkeit von Steuer- und Strafrecht.
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Problemstellung
Die Klägerin, ein Unternehmen in der Entsorgungsbranche, schloss einen Beratervertrag mit dem Mitarbeiter eines Hauptkunden ab, welcher maßgeblich an der Auftragsvergabe an die Klägerin beteiligt war. Über den Beratervertrag wurden in den Streitjahren Gelder in Höhe von rund 1 Mio. € an den „Berater“ gezahlt. Nachdem der Arbeitgeber des „Beraters“ eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Bestechlichkeit gestellt hatte, nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Dabei konnten die Beratertätigkeiten nicht substantiiert nachgewiesen (d.h. fundiert belegt) werden, so dass die Staatsanwaltschaft von Korruptionszahlungen ausging.
Die steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin versagte daraufhin den Betriebsausgabenabzug für die gezahlten Beraterprovisionen aufgrund der Regelungen von § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG und erließ entsprechende Bescheide.
Die Verfahren gegen die Geschäftsführer der Klägerin wegen Steuerhinterziehung und Bestechung im geschäftlichen Verkehr wurden gegen Zahlung einer vereinbarten Summe eingestellt. Die Klägerin argumentiert, nach den Einstellungen der Strafverfahren könne das Finanzamt keine Feststellungen treffen, die den Betriebsausgabenabzug ausschließen. Somit sei der Betriebsausgabenabzug weiterhin zulässig.
Lösung
Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen widerspricht in seinem Urteil der Auffassung der Klägerin. Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG besteht ein Betriebsausgabenabzugsverbot für Aufwendungen aus der Zahlung von Bestechungsgeldern. Unerheblich ist dabei, ob die Bestechung erfolgreich war und ob gegen den Steuerpflichtigen wegen der Tat ermittelt wird und welchen Ausgang ein solches Verfahren nimmt. Die Feststellung des Straftatbestands im steuerlichen Sinne muss nicht den strafprozessualen Beweisanforderungen genügen.
Nach Überzeugung des Gerichts konnte die Durchführung des Beratervertrags nicht ausreichend substantiiert werden. Die Klägerin hat somit durch die Zahlungen einen Vorteil an den Berater gewährt, ohne dass hierzu ein Rechtsanspruch bestand. Der Berater wiederum war maßgeblich an der Auftragsvergabe an die Klägerin beteiligt.
Das FG Niedersachsen gelangt daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Sachverhalts zu dem Ergebnis, dass die Geschäftsführer der Klägerin durch die Beraterzahlungen erreichen wollten, bei der Auftragsvergabe gegenüber Mitbewerbern bevorzugt zu werden. Somit hat das Finanzamt die Beraterprovisionen zu Recht als Korruptionszahlungen angesehen und den Betriebsausgabenabzug verweigert.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 5/2021
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