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Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Verkauf von vermieteten Immobilien

Dr. Stefanie Becker

 

Auch der Verkauf einer Immobilie kann als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar sein, sofern diese vor Verkauf unternehmerisch genutzt wurde und der Erwerber die Unternehmenstätigkeit fortführt. Lag die unternehmerische Nutzung vor Verkauf in einer Vermietungstätigkeit, kann eine Nichtsteuerbarkeit nur vorliegen, wenn der Erwerber die Immobilie ebenfalls vermietet.

Die richtige Beurteilung einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ist für die Praxis von eklatanter Bedeutung, birgt sie doch bei fehlerhafter Würdigung erhebliche umsatzsteuerliche Risiken. Welche Voraussetzungen an die Vermietungstätigkeit des Veräußerers zu stellen sind, beschäftigte die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren häufiger. Eine klare Abgrenzung lässt sich ihr jedoch nicht entnehmen. Nun nahm auch das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 16.11.2020 zu der Frage Stellung und ergänzte UStAE 1.5.


 

Praxis-Info!

 

Kriterien der Rechtsprechung

Unstrittig zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung soll eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) bei Verkauf einer vermieteten Immobilie nur vorliegen, wenn der Erwerber in die Mietverträge eintritt und ein Vermietungsunternehmen zu dessen Fortführung übernimmt. Aus der Rechtsprechung des BFH lassen sich dabei Kriterien entnehmen, die für eine Nichtsteuerbarkeit regelmäßig erforderlich bzw. schädlich sind:

  • Bebaut ein Bauträger ein Grundstück, schließt Mietverträge ab und veräußert das Grundstück zeitnah, liegt keine GiG vor, da der Erwerber nicht die Bauträgertätigkeit übernimmt (BFH-Urteil vom 24.2.2005, V R 45/02).
  • Veräußert der Bauträger das vermietete Grundstück jedoch nach mehrjähriger Vermietung, kann eine GiG vorliegen (BFH-Urteil vom 12.8.2015, XI R 16/14).
  • Konkretisierend kann von einer nachhaltigen Vermietung bei einer Dauer von mehr als 17 Monaten ausgegangen werden (BFH-Urteil vom 25.11.2015, V R 66/14).

 

 

BMF-Schreiben vom 16.11.2020

Die bezeichneten Urteile des BFH vom 12.8.2015 und 25.11.2015 werden im BStBl. veröffentlicht und sind damit über den entschiedenen Fall hinaus allgemein anwendbar. Ausdrücklich können nach dem neuen UStAE 1.5 Abs. 2 nun auch nach Auffassung der Finanzverwaltung Bauträger und Grundstückshändler ein Vermietungsunternehmen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar übertragen, wenn die Vermietungstätigkeit nachhaltig ist. Eine Veräußerungsabsicht steht der Nachhaltigkeit nicht zwingend entgegen. Bei einer Vermietung von mindestens sechs Monaten kann widerlegbar vermutet werden, dass eine nachhaltige Vermietungstätigkeit besteht. Errichtet ein Bauträger jedoch ein Gebäude und sucht nur deshalb einen Mieter, um dieses zu einem höheren Preis veräußern zu können, soll eine GiG ausscheiden.

 

 

 

Praxisauswirkungen:

Die Finanzverwaltung gibt eine klare Grenze von sechs Monaten an, die für eine nachhaltige Vermietungstätigkeit spricht. Dabei ist diese Voraussetzung nicht auf Bauträger oder Grundstückshändler begrenzt, sondern allgemein für alle Unternehmer einschlägig und bei der Beurteilung der Steuerbarkeit einer Grundstückslieferung sowie der Kaufvertragsgestaltung zu berücksichtigen.

Das Schreiben ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden und kann damit gegebenenfalls noch Gestaltungspotenzial auch für bereits beurkundete Fälle bieten, in denen eine steuerbare Veräußerung angenommen wurde und kein volles Vorsteuerabzugsrecht bestand.

 

 

Dr. Stefanie Becker, Dipl.-Wirtschaftsjuristin, Dipl.-Finanzwirtin (FH), Steuerberaterin, Augsburg (www.umsatzsteuer3.de)

 

 

BC 2/2021

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