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Drittwirkung der Steuerfestsetzung bei umsatzsteuerlicher Organschaft

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 26.8.2021, V R 13/20

 

Spätestens seit dem Cum-Ex-Skandal sind Steuerkonstrukte, bei welchen mehr Steuern erstattet als gezahlt werden, suspekt. Zu solch einer Situation kann es auch innerhalb einer Organschaft kommen, wenn die Steuerbescheide der Organgesellschaften bereits Bestandskraft haben, auf Ebene des Organträgers aber noch änderbar sind. Das erstinstanzliche Finanzgericht sah darin kein Problem. Der BFH in seinem Urteil aber schon.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein Einzelunternehmer war Organträger zweier GmbHs, welche Leistungen an drei KGs erbrachten, bei welchen der Einzelunternehmer der einzige Kommanditist und Alleingesellschafter der dazugehörigen GmbHs war. Im Rahmen der Umsatzsteuererklärung kam es auf Ebene der KGs zu einem Vorsteuerüberhang, welcher bestandskräftig beschieden wurde. Der Kläger (Einzelunternehmer) begehrte die Änderung des Umsatzsteuerbescheids auf Ebene des Organträgers.

Das Finanzamt lehnte dies u.a. mit der Begründung ab, dass die Änderungen zu einer doppelten Auszahlung von Vorsteuer führen würden, da Vorsteueransprüche von der KG auf den Organträger verlagert würden, ohne dass dies bei der KG aufgrund der bereits bestandskräftigen Bescheide berücksichtigt werden könnte. Weder Kläger noch das erstinstanzliche Finanzgericht sahen dies als problematisch an. Das Finanzamt vertritt weiter die Auffassung, dass das Korrespondenzprinzip gelte und Änderungen nur gleichlautend auf Ebene von Organträger und Organgesellschaft durchgeführt werden können.

 

 

Abb.: Wirkungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

 

 

Lösung

Auch aus Sicht des BFH kann der Organträger im Ausgangsfall nicht ohne Weiteres eine Änderung der Steuerfestsetzung verlangen. Grundsätzlich greift § 166 AO, wonach die bestandskräftigen Bescheide der KGs eine Drittwirkung gegenüber dem Organträger haben. Oder im Wortlaut des BFH (in Anlehnung an § 166 AO):

„Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, hat dies auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter anzufechten.“

Als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der beiden Komplementär-GmbHs wäre der Kläger (Einzelunternehmer und Organträger) in der Lage gewesen, die Bescheide der KG vor Eintritt der Bestandskraft anzufechten.

Der Sachverhalt betrifft auch den Fall einer Rechtsprechungsänderung, bei welcher der Kläger die Anwendung der neuen Rechtsprechung auf Ebene des Organträgers begehrt, während auf Ebene der Organgesellschaft die bisherige Rechtsprechung angewendet werden soll. Hier greift jedoch das Korrespondenzprinzip, wonach die Rechtsprechung nur einheitlich auf beide Ebenen anwendbar ist.

Die Sache ist allerdings nicht spruchreif, da der Kläger (Einzelunternehmer und Organträger) zu Recht auch Änderungen zu der Zuordnung von Innenumsätzen begehrt hat. Die Bestandskraft der KG-Bescheide erstreckt sich nicht auf die Ausgangsleistungen der übrigen Organgesellschaften. Wenn Ausgangsleistungen rechtmäßig als steuerfreie Innenleistungen umqualifiziert werden, steht dem nicht entgegen, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug auf Ebene der KG nicht mehr geändert werden kann. Hierzu hat das Finanzgericht aber keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 11/2021

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