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Grunderwerbsteuer bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen mittels Treuhandverhältnissen

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 9.7.2021, 5 K 1880/19 (Revision zugelassen)

 

Durch Erwerb von mehr als 95% der Anteile an einer Gesellschaft wird auf das Immobilienvermögen der Gesellschaft Grunderwerbsteuer ausgelöst. Doch was, wenn der Erwerber einen Teil der Gesellschaftsanteile treuhänderisch für eine dritte Person erwirbt?


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

In dem vereinfachten Ausgangsfall besaßen zwei Brüder jeweils 50% der Anteile an einer GmbH. Der eine Bruder (Kläger) schloss mit einem fremden Dritten einen Geschäftsanteilskauf- und Treuhandvertrag ab. In dem Vertrag verpflichtete sich der Kläger, 10% der Anteile seines Bruders für den fremden Dritten zu erwerben. Es wurde auch der Preis vereinbart, zu welchem der fremde Dritte die Anteile erwerben würde. Anschließend erwarb der Kläger sämtliche Anteile seines Bruders.

Aus Sicht des Finanzamts lag damit eine Anteilsvereinigung von mehr als 95% beim Kläger vor, sodass ein entsprechender Grunderwerbsteuerbescheid erlassen wurde.

Aus Sicht des Klägers bestand dagegen keine Anteilsvereinigung oberhalb der Grunderwerbsteuerschwelle, da zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs bereits der Geschäftsanteilskauf- und Treuhandvertrag geschlossen war und der Kläger sich somit zum Weiterverkauf von Anteilen verpflichtet hatte. Diese seien ihm daher auch nicht zuzurechnen, weshalb es nicht zu einer Anteilsvereinigung von mehr als 95% gekommen sei.

 

 

Lösung

Wie auch das Finanzamt widerspricht das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg der Auffassung des Klägers. Bei der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer kommt es weder darauf an, ob dem Erwerb des Klägers in Anbetracht der Bindung an die Treuhandabreden ein wirtschaftlicher Wert zukommt, noch wie lange der für die Besteuerung maßgebliche Anteilsbesitz andauert bzw. andauern soll. Als Treuhänder wird der Kläger Eigentümer der Gesellschaftsanteile, die er anschließend an den Treugeber weiterveräußert. Somit lag im Ausgangsfall zunächst eine 100%ige Anteilsvereinigung vor. Erst im Anschluss wurden 10% der Anteile an den Treugeber verkauft. Die bisherige Rechtsprechung des BFH, wonach von Treuhändern gehaltene Anteile beim Treugeber zu berücksichtigen sind, steht dem aus Sicht des FG Baden-Württemberg nicht entgegen. So wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass es bei Treuhandverhältnissen und bei Erwerben im Auftrag eines anderen zu einer doppelten Zurechnung auf Ebene des Treuhänders und Treugebers kommen kann.

Da es somit aus wirtschaftlicher und zivilrechtlicher Betrachtungsweise für einen kurzen Zeitpunkt zu einer Anteilsvereinigung von 100% gekommen ist, hat das Finanzamt zu Recht den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer unterworfen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

BC 2/2022 

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