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Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 2.5.2022, IV C 6 – S 2176/20/10005 :001; DOK 2022/0457721

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20.11.2019 (XI R 42/18, BStBl. II 2020, 271) entschieden, dass bei verschiedenen gegenüber einem Arbeitnehmer im Rahmen von Entgeltumwandlungen erteilten Pensionszusagen mit jeweils unterschiedlichen Pensionsaltern nach Wahl des Berechtigten hinsichtlich des jeweiligen Finanzierungsendalters auf den in den einzelnen Zusagen festgelegten Leistungszeitpunkt abzustellen ist.


 

 

1.  Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG, zweites Wahlrecht gemäß EStR 6a Abs. 11 S. 3 ff. 2012

Nach EStR 6a Abs. 11 S. 10 gilt die gegenüber einem Pensionsberechtigten getroffene Wahl des bei der Ermittlung des Teilwerts zu berücksichtigenden Pensionsalters einheitlich für die gesamte Pensionsverpflichtung einschließlich eventueller Entgeltumwandlungen. Diese Regelung ist nicht weiter anzuwenden. Das zweite Wahlrecht kann für unterschiedliche Pensionszusagen des Berechtigten unabhängig voneinander ausgeübt werden.

Wurde bei der Teilwertermittlung einer Versorgungsverpflichtung das Pensionsalter unter Bezugnahme auf EStR 6a Abs. 11 S. 10 in Übereinstimmung mit einer weiteren gegenüber dem Berechtigten erteilten Zusage angesetzt, kann das zweite Wahlrecht nach EStR 6a Abs. 11 S. 3 [Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung] spätestens in der Bilanz des nach dem 29.6.2023 endenden Wirtschaftsjahres einmalig neu ausgeübt oder eine frühere Ausübung dieses Wahlrechts zurückgenommen werden; EStR 6a Abs. 11 S. 15 ist zu beachten.

 

 

2.  Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums (sog. Jubiläumsrückstellungen)

Bei der Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums (Jubiläumsrückstellungen) ist nach Rn. 8 S. 2 des BMF-Schreibens vom 8.12.2008 (BStBl. I 2008, 1013) in den Fällen, in denen für den Begünstigten neben den Jubiläumsleistungen auch eine Pensionszusage besteht, dasselbe Alter zu berücksichtigen, das nach EStR 6a Abs. 11 bei der Bewertung der Pensionsrückstellung angesetzt wird. Diese Regelung ist nicht weiter anzuwenden.

Für die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der Begünstigte wegen des Eintritts in den Ruhestand aus dem Unternehmen ausscheidet, ist ausschließlich das dienstvertragliche Pensionsalter, spätestens die jeweilige Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde zu legen (Rn. 8 S. 1 des BMF-Schreibens vom 8.12.2008, BStBl. I 2008, 1013).

 

 

Praxis-Info!

 

Zur Berücksichtigung des Finanzierungsendalters

Bezüglich der Entgeltumwandlung existieren in der Unternehmenspraxis Regelungen, nach denen die Beschäftigten jährlich neu bestimmen können, ob sie einen Teil ihres Gehalts in einen Anspruch auf Versorgungsleistung umwandeln wollen. Dabei können sie für diesen Anspruch den Zeitpunkt des Versorgungseintritts – abweichend von den in den Vorjahren gewählten Endaltern – innerhalb eines zeitlichen Korridors jeweils neu festlegen (z.B. Endalter mindestens 60 Jahre und höchstens 70 Jahre). Die jeweilige Festlegung des Zeitpunkts des Leistungseintritts nach Wahl des jeweiligen Arbeitnehmers lässt keinen Raum, um durch Auslegung ein einheitliches Endalter zu ermitteln. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass jeweils unterschiedliche Zeitpunkte gelten sollen (eigenständige Zusagen).

Hinsichtlich des Finanzierungsendalters ist somit bei verschiedenen, gegenüber einem Arbeitnehmer erteilten Pensionszusagen mit unterschiedlichen vertraglich festgelegten Pensionsaltern (nach Wahl des Berechtigten) jeweils auf den in den einzelnen Zusagen vereinbarten Leistungszeitpunkt abzustellen. Bilanziell bedeutet das:

Für jedes Wirtschaftsgut ist nach dem Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 6 Abs. 1 S. 1 EStG) jede Pensionsverpflichtung einzeln zu bewerten. Daraus folgt: Pensionszusagen dürfen grundsätzlich nicht pauschal für die gesamte Gruppe der Begünstigten bewertet werden, sondern regelmäßig ist der Wert jeder einzelnen unmittelbaren Pensionsverpflichtung festzustellen, wobei in der Bilanz nur die Summe aller eingegangenen Verpflichtungen ausgewiesen wird. Auch wenn auf dieser Grundlage jede Pensionsverpflichtung als Wirtschaftsgut für sich zu behandeln ist, gilt die Anwartschaft einer Person auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung als einheitlicher Anspruch und einheitliches Wirtschaftsgut, weil nach § 6a Abs. 1 EStG für „eine“ Pensionsverpflichtung nur „eine“ Pensionsrückstellung gebildet werden darf.

Maßgeblich ist aber der vorgesehene Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls. Das heißt: Für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsrückstellung sind die Jahresbeträge zugrunde zu legen, die vom Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, bis zu dem in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles rechnungsmäßig aufzubringen sind (§ 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 3 EStG).

 

 

Zu Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich Dienstjubiläen

Jubiläumsrückstellungen dürfen (gemäß § 5 Abs. 4 EStG) nur gebildet werden, wenn

  • das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat,
  • das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt,
  • die Zusage schriftlich erteilt ist und
  • der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31.12.1992 erwirbt.

Für die Bemessung des Teilwerts von Jubiläumsrückstellungen bedarf es zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens von Mitarbeitern wegen Todes oder Invalidität versicherungsmathematischer Berechnungen. Zu diesem Zweck greift die Praxis in der Regel auf die Richttafeln von Heubeck zurück.

 

Bilanzierungshinweis:

Handelsrechtlich ist in diesem Fall eine Rückstellung für sämtliche rechtsverbindlich zugesagten Arbeitgeberleistungen zu bilden – dagegen sind steuerrechtlich ausschließlich schriftlich zugesagte Jubiläumszuwendungen relevant. Der Aufwand wird ratierlich in die Jahre der wirtschaftlichen Verursachung verlagert, in denen der Arbeitnehmer seine Leistung erbracht hat. Die Bewertung der Rückstellung umfasst

  • zum einen die zu erwartende durchschnittliche Lohn- und Gehaltssteigerung und
  • zum anderen eine Berücksichtigung der Fluktuation von Mitarbeitern. Sofern keine betrieblichen Erfahrungswerte hierzu verfügbar sind, ist es handelsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein pauschalierter Fluktuationsabschlag bei der Berechnung unterstellt wird.

Durch das BilMoG (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) wurde die umgekehrte Maßgeblichkeit für den handelsrechtlichen Jahresabschluss für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 begannen, abgeschafft.

Die Abzinsung erfolgt mit dem von der Deutschen Bundesbank ermittelten durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre (§ 253 Abs. 2 S. 1 HGB). Da es sich bei Jubiläumsrückstellungen um eine den Altersversorgungsverpflichtungen vergleichbare langfristige fällige Verpflichtung handelt, kann die Vereinfachungsregelung mit der Annahme einer pauschalen Restlaufzeit von 15 Jahren herangezogen werden (§ 253 Abs. 2 S. 2 HGB).

Die Ermittlung des Rückstellungswerts erfolgt üblicherweise durch ein versicherungsmathematisches Gutachten eines Aktuars unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik. Der so ermittelte Teilwert der Verpflichtung wird durch die Abzinsung als Barwert errechnet. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn das vom BMF veröffentlichte Pauschalwertverfahren auch zu handelsrechtlichen Zwecken herangezogen wird. In diesem Fall müssen die Beschränkungen des Steuerrechts zum Zweck der handelsrechtlichen Wertermittlung entfallen.

 

 

Buchung der Zuführung zur Jubiläumsrückstellung

Sonstige betriebliche Aufwendungen

an

Rückstellungen für mit der Altersversorgung vergleichbare langfristige Verpflichtungen zum langfristigen Verbleib (oder Sonstige Rückstellungen)

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 6/2022

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