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Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BMF-Schreiben vom 17.3.2022, IV C 4 – S 2223/19/10003 :013; DOK 2022/0226401

 

Weltweit engagieren sich Staaten, Menschen und Unternehmen für die Demokratie in der Ukraine. Die vom Bundesfinanzministerium (BMF) am 17.3.2022 bekannt gegebenen Verwaltungsanweisungen dienen der Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements. Sie betreffen den Spendenabzug ebenso wie die Unterbringung von Flüchtlingen und die Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen sowie lohn-, umsatz- und schenkungsteuerliche Aspekte.

 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

 Der am 24.2.2022 von Putin angezettelte Krieg in Europa zerstört Städte und Dörfer, er bringt Tod und Vertreibung mit sich. Auch Deutschland hilft: Die vielen aus der Ukraine in der EU Ankommenden erfahren persönliche und finanzielle Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern und auch von Unternehmen.

Der Anerkennung dieses gesamtgesellschaftlichen Engagements dienen die steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten, die das BMF am 17.3.2022 verkündet hat. Die Regelungen und Vereinfachungen gelten vom 24.2.2022 bis zum 31.12.2022.

 

 

Lösung

Das BMF hat die steuerlichen Maßnahmen in acht Abschnitten detailliert behandelt, von denen hier sechs zunächst nachvollzogen werden; ergänzend finden BC-Leser und BC-Leserinnen Hinweise zu den beiden weiteren Abschnitten.

 

 

1. Spenden: Beleganforderungen und besondere Aktionen

Hinsichtlich des Nachweises steuerbegünstigter Zuwendungen genügt – statt einer Zuwendungsbestätigung als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.12.2022 zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten auf ein dafür eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt werden – der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking). Wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten eingezahlt, genügt als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Bareinzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten (§ 50 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStDV).

Bei Zuwendungen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten, die bis zum 31.12.2022 über ein Konto eines Dritten an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, genügt als Nachweis eine auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellte Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Zuwendungen von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurden und diesem eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme übergeben wurde (§ 50 Abs. 5 EStDV).

Die für den Nachweis jeweils erforderlichen Unterlagen sind vom Zuwendenden auf Verlangen der Finanzbehörde vorzulegen und im Übrigen bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren (§ 50 Abs. 8 EStDV).

Zu Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften weist das BMF hinsichtlich der Mittelverwendung darauf hin, dass es unschädlich ist für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine z.B. mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie in Sonderaktionen für die Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar selbst für den angegebenen Zweck verwendet. In entsprechender Anwendung der Nr. 12 des AEAO zu § 53 AO kann hier auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden.

Nach § 58 Nr. 1 AO ist es ferner unschädlich, wenn die Spenden beispielsweise entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten weitergeleitet werden. Die steuerbegünstigte Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden bescheinigen, die sie für die Unterstützung der Geschädigten erhält und verwendet. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

 

 

2. Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften

Neben der Verwendung der eingeworbenen Spendenmittel (Abschn. 1) ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Unterstützung der Geschädigten einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Auch hier kann auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden. Werden beispielsweise vorhandene Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften, die mildtätige Zwecke verfolgen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung der Kriegs-Geschädigten stehen, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet, ist dies nach § 58 Nr. 1 AO unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft.

 

 

3. Vorübergehende Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine

Hier differenziert das BMF zwischen der vorübergehenden Unterbringung

(1) in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften, die ausschließlich dem satzungsmäßigen Zweck der Körperschaft dienen (einschließlich Zweckbetriebe und Vermögensverwaltung), und

(2) in zum Vermögensbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehörenden Einrichtungen.

 

Zu (1): Als Zweckbetriebe sind auch Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen (§ 68 Nr. 1 Buchst. c AO) anzusehen. Finden auf Leistungen dieser Einrichtungen besondere steuerliche Vorschriften Anwendung (z.B. umsatzsteuerlicher Art), werden sie auch auf die Leistungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine angewendet.

Zu (2): Die entgeltliche vorübergehende Unterbringung ist ohne Prüfung, ob ein Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (BgA) vorliegt, dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Bei Unterbringung in Einrichtungen eines BgA richtet sich die steuerliche Behandlung grundsätzlich nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften. Handelt es sich um einen steuerbegünstigten BgA, sind die Ausführungen unter (1) zu beachten. Die vorübergehende Nutzung von zu einem BgA gehörenden Betriebsvermögen zugunsten der vom Krieg Geschädigten führt aus Billigkeitsgründen nicht zu einer gewinnwirksamen Überführung ins Hoheitsvermögen und somit nicht zur Aufgabe des BgA. Für die Zeitspanne bis zur (Wieder-)Nutzung der Unterbringungsmöglichkeit zu ihrem ursprünglichen Zweck (z.B. als Sporthalle) ist das Einkommen des BgA aber insoweit mit Null anzusetzen. Ein tatsächlicher Verlustausgleich des BgA durch die juristische Person des öffentlichen Rechts für diese Zeitspanne ist nicht als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto zu behandeln.

 

 

4. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen (Sponsoring)

Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Unterstützung der Kriegsgeschädigten sind nach den Maßgaben des BMF-Schreibens vom 18.2.1998 (BStBl. I 1998, 212) zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Steuerpflichtigen sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. auf Bitte um Unterstützung durch die Gemeinde, durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Internet usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht.

 

 

5. Lohnsteuerliche Maßnahmen (Arbeitslohnspende)

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens

  • zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder
  • zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Abs. 1 S. 2 EStG,

bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Unter den Begriff des Unternehmens fallen auch mit dem Arbeitgeber verbundene Unternehmen gemäß § 15 AktG.

Als Verzicht gilt auch die teilweise Lohnverwendung eines Beamten, Richters, Soldaten oder Tarifbeschäftigten auf den gesetzlich oder tarifvertraglich zustehenden Arbeitslohn im Sinne des vorstehenden Absatzes, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 S. 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen in der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.

 

 

6. Umsatzsteuer

Stellen steuerbegünstigte Körperschaften im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen in Bereichen zur Verfügung, die für die Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Kriegs in der Ukraine notwendig sind, wird es nicht beanstandet, wenn diese Betätigungen sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO zugeordnet werden. Dies gilt unabhängig davon, welchen steuerbegünstigten Zweck die jeweilige Körperschaft, die Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen zur Verfügung stellt, satzungsmäßig verfolgt.

 

Weitere Ausführungen des BMF betreffen

  • die Umsatzsteuerbefreiung für die Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Personal,
  • die unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen oder Personal sowie
  • den Vorsteuerabzug bei Nutzungsänderung.

Hervorzuheben ist wegen der vielen Flüchtlinge noch die Behandlung der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum. Hier wird dem BMF zufolge von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG im Billigkeitswege ebenfalls abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.Ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die aufgrund des Kriegs in der Ukraine geflüchtet sind. Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o.Ä.) eine entsprechende unentgeltliche Beherbergung, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zusätzlich im Billigkeitswege ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird im Billigkeitswege nicht besteuert.

 

 

Praxishinweise:

  • Die zur Arbeitslohnspende beschriebenen Regelungen gelten entsprechend bei dem Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen. Da es sich aufseiten der Gesellschaft gleichwohl um Aufsichtsratvergütungen und nicht um Spenden handelt, bleibt die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG davon unberührt.
  • Handelt es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG gewährt werden. Hierunter fallen u.a. Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG und Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern deren Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG).

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 4/2022 

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