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Zusammenfassende Meldung im Kontext zu steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung

Erwin Herzing und Olesea Calos

BMF-Schreiben vom 20.5.2022, III C 3 – S 7140/19/10002 :011; DOK 2022/0515243

 

Durch die Einführung von EU-weiten sogenannten Quick Fixes (dringend umsetzungsbedürftiger Maßnahmen im Mehrwertsteuersystem der EU) in nationales Recht mit Wirkung ab 1.1.2020 wurden die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen neu geregelt. Die rechtzeitige Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM) ist jetzt eine materiell-rechtliche Voraussetzung, was insoweit eine Verschärfung der Anforderungen an die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen darstellt. Die Finanzverwaltung hat unter anderem hierzu Stellung genommen.

 

 

Praxis-Info!

 

 

1. Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden mit Wirkung ab 1.1.2020 im Zuge der Implementierung der sogenannten Quick Fixes grundsätzlich neu geregelt (Neuregelung).

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind seitdem auch von der Erfüllung der folgenden Bedingungen abhängig:

  • dem Vorliegen einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Leistungsempfängers vor Beginn des Warentransports;
  • der rechtzeitigen und korrekten Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM).

Diesbezüglich hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung bei Nicht-Vorliegen von oder fehlerhaften Angaben überdacht und neu verlautbart.

 

 

2. Bisherige Auffassung der Finanzverwaltung zur Funktion der ZM im Rahmen der Neuregelung

Gemäß BMF-Schreiben vom 9.10.2020 (Änderung der Umsatzsteuer-Anwendungserlasse; UStAE) sollte die rechtzeitige und korrekte Abgabe einer ZM seit 1.1.2020 eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (steuerfreie EU-Lieferungen) darstellen. Wurde demnach die ZM nicht, verspätet oder mit fehlerhaftem Inhalt abgegeben, sollte die Steuerbefreiung auch bei Vorliegen und Erfüllen der anderen materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht gelten. Eine nachträgliche Korrektur für die verspätet eingereichte ZM sah demnach das BMF mit Schreiben vom 9.10.2020 nicht vor.

Eine weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung war die Korrektur einer fehlerhaften ZM innerhalb einer Monatsfrist. Der Unternehmer musste eine fehlerhafte ZM innerhalb eines Monats nach Fehlererkennung korrigieren (§ 18a Abs. 10 UStG), um von der rückwirkenden Steuerbefreiung profitieren zu können. Erfolgte die Korrektur laut BMF-Schreiben aber später – nach Ablauf der Monatsfrist –, sollte dies nicht zur Steuerbefreiung führen.

Waren die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, musste der liefernde deutsche Unternehmer seine innergemeinschaftliche Lieferung mit dem deutschen Steuersatz besteuern und die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Der Vorsteuerabzug für den ausländischen Leistungsempfänger ist in diesen Fällen aber nur mit zusätzlichem Aufwand möglich.

 

 

3. Geänderte Anforderungen zur Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nach neuem BMF-Schreiben

In der Praxis erwies sich in manchen Fällen eine rechtzeitige Abgabe einer ZM als nicht möglich, da der Unternehmer hinsichtlich der Datenlieferung für die Erstellung der ZM auf seine Dienstleister angewiesen war. Eine Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses war diesbezüglich notwendig.

Mit BMF-Schreiben vom 20.5.2022 „lockert“ die Finanzverwaltung die oben genannten strengen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Die Änderungen betreffen zum einen den Fall der verspäteten Abgabe der ZM und zum anderen die Korrekturfrist für die Berichtigung der ZM:

  • Gemäß BMF würde die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht mehr wie im BMF-Schreiben vom 9.10.2022 ausgeführt von der fristgerechten Abgabe der ZM des liefernden Unternehmers abhängig gemacht.
    Die Steuerbefreiung soll rückwirkend für die Vergangenheit gewährt werden, wenn eine nicht abgegebene ZM innerhalb der gesetzlichen Festsetzungsfrist an die Finanzverwaltung korrekt und vollständig übermittelt wird. Hat der Unternehmer eine ZM verspätet, also nach Ablauf des 25. Tags des Folgemonats der Steuerentstehung übermittelt, z.B. sechs Monate später, könne er trotzdem die Steuerbefreiung rückwirkend zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung in Anspruch nehmen, da die Übermittlung der ZM innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgte. Nur bei einer finalen Nichtmeldung einer innergemeinschaftlichen Lieferung in der ZM verwehrt die Finanzverwaltung die Steuerbefreiung. Eine Nachholung erscheint damit auch in einer steuerlichen Betriebsprüfung noch möglich.
  • Bei einem Fehler in der ZM wäre die bisherige Monatsfrist zur Korrektur der ZM aufgrund der neuen Auffassung des BMF in seinem Schreiben somit überholt. Der Unternehmer sei an diese Frist nicht mehr gebunden und dürfe eine fehlerhafte ZM innerhalb der Festsetzungsfrist jederzeit korrigieren, um von der rückwirkenden Steuerbefreiung profitieren zu können.
  • Die Korrektur eines Fehlers innerhalb der ZM erfolgt wie bisher; dies wird in einem Beispiel des BMF-Schreibens verdeutlicht. Eine in einem Meldezeitraum falsch gemeldete innergemeinschaftliche Lieferung muss im – ursprünglichen – Meldezeitraum korrigiert werden. Dabei ist die falsche Angabe durch die richtige Angabe zu ersetzen und immer der gesamte Umsatzbetrag anzugeben. Eine Nachmeldung oder korrigierte Meldung in einer späteren ZM ist nicht erlaubt und zulässig; dies würde infolgedessen zur Versagung der Steuerfreiheit führen.
  • Auch im Fall einer – nachgeholten – ZM oder bei ihrer verspäteten Abgabe könne das Finanzamt aber Bußgelder festsetzen. Die Erlangung der Steuerbefreiung schließe die Erhebung des Bußgelds nicht aus. Hieraus resultiert somit ein zu beachtendes und nicht zu unterschätzendes finanzielles Risiko, auch wenn es sich insoweit um ein Ermessen des Finanzamts handelt.

 

4. Fazit und Empfehlung für die Praxis

Die Entschärfung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen betreffend die rechtzeitige Abgabe bzw. die Fristen einer Korrektur von Fehlern in einer ZM sind grundsätzlich zu begrüßen. Insbesondere in unverschuldeten Fällen der verspäteten oder unvollständigen Abgabe der ZM war die bisherige Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu streng. Die Neuregelung kommt den Abläufen in der Praxis mehr entgegen. In der Praxis ist eine Vielzahl von Prozessen zu überwachen, und eine Nicht-Meldung oder Fehler in der ZM können – müssen aber nicht – das Verschulden des Unternehmers bzw. seiner Beauftragten sein.

Angeraten wird aber, grundsätzlich auf eine fristgerechte und vollständige Meldung der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu achten. Allerdings kann eine ZM häufig erst zeitgleich mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung abgegeben werden. Dann wird in der Praxis – regelmäßig bei Dauerfristverlängerungen – die Frist des 25. des Folgemonats überschritten, und die ZM wäre nicht fristgerecht abgegeben. Allerdings dürfen laut BMF-Schreiben im Verzugsfall sowie auch bei Fehlern in der ZM – ungeachtet einer späteren Korrektur oder Nachreichung der ZM – Bußgelder durch das Finanzamt festgesetzt werden. Dies ist aber immer eine Ermessensentscheidung. Es bleibt abzuwarten, wie in der Praxis mit dem Instrument Bußgeld umgegangen wird.

 

 

5. Anwendungszeitpunkt

Die Regelungen des neuen BMF-Schreibens gelten rückwirkend für alle nach dem 31.12.2019 ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen.

 

StB Erwin Herzing, Head of VAT, Prokurist der Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

StB Olesea Calos, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 8/2022

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