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BVBC-AK: Nachhaltigkeitsberichterstattung als Chance für KMU – ein Erfahrungsbericht

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Auch in der dritten Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) am 7.12.2022 in Aachen lag der Fokus auf den Verpflichtungen, denen sich KMU stellen müssen. Eine der Empfehlungen aus der Praxis ging dahin, dass trotz der erst auf 2025/2026 bezogenen Berichtspflichten dringend mit den Vorbereitungen begonnen werden muss. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte als Chance betrachtet werden, nicht als bürokratielastiges Muss. Vorreiter mit einer freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung sind klar im Vorteil.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Nach dem Auftakt am 4.7.2022 in Hamburg und der Fortsetzung am 6.9.2022 in Duisburg fand am 7.12.2022 die dritte Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) in Aachen statt (Gastgeber Trianel GmbH, Frau Dr. Nadja Thomas, als Kommunikationsexpertin verantwortlich für das Thema „Nachhaltigkeit“). Sie sieht die Nachhaltigkeitsberichterstattung mehr als Chance denn als Verpflichtung und informierte über den Umsetzungsprozess bei der Trianel GmbH, einem kommunalen Netzwerk insbesondere für den Handel mit Strom und Gas, in dem die Interessen von über 100 Stadtwerken (auch aus der Schweiz und Österreich) gebündelt werden. Hierbei sind Kennzahlen ein wesentliches Kommunikationsinstrument.

 

 

Lösung

Die Trianel-Berichterstattung in CSR-Kennzahlen geht weit über bisherige Berichtsformen hauptsächlich finanzieller Art hinaus. In Klimabilanzen werden Emissionen und auch vermiedene Emissionen ausgewiesen. Die Mitarbeiterzahl wird z.B. um die Frauenquote, um den Altersdurchschnitt und um Aspekte der Arbeitssicherheit erweitert. Auch in der Finanzkommunikation ändert sich manches: Es geht nicht mehr nur um Profitabilität, sondern es sind mehr Informationen beispielsweise zur Wertschöpfungsentstehung erforderlich. Das Unternehmen wird nicht mehr nur aus der Sicht der wirtschaftlichen Leistungskraft betrachtet, sondern umfassend mit einem 360-Grad-Blick. Dieses Stakeholder-Interesse, das deutlich weiter als eine rein finanzielle Betrachtung gespannt ist, wird bei der Trianel GmbH mit einem freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht (schon seit drei Jahren) und dem Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements bedient.

Ziel war es damit insbesondere auch, für entsprechende Nachfragen von Banken und Versicherungen gewappnet zu sein. Tatsächlich wurde dann in Kreditgesprächen nach CSR-Kennzahlen gefragt (Corporate Sustainability Reporting (CSR); Nachhaltigkeitsberichterstattung). Ebenso besteht Interesse an solchen Informationen seitens der Mitarbeitenden und Nachwuchskräfte. Unternehmen, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, fragen zudem Entsprechendes bei den Lieferanten ab. Hinzu kommen aktuell die neuen regulatorischen Anforderungen.

Trotz der bereits erreichten Meilensteine kann es ein „Weiter so“ wegen der zunehmenden Anforderungen aber nicht geben, compliance-feste Prozesse und Zielstrukturen sind aufzubauen (Compliance: Überwachung der Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften). Das Bewusstsein für die Nachhaltigkeit ist in den Führungsebenen weiter zu schärfen. Erforderlich wird eine umfassende Wesentlichkeitsanalyse sein, die ohne Hinzuziehung von Beratungskompetenz kaum durchführbar sein dürfte. Die EU-Vorgaben (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), EU-Richtlinienvorschlag zur nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensberichterstattung) helfen, um die Wichtigkeit dieses Themas in der Geschäftsführung zu verankern (man könnte nicht nur berichten, sondern muss Informationen bereitstellen).

Die Nachhaltigkeitsbeauftragte Thomas fasste ihre Erfahrungen in folgenden Empfehlungen zusammen:

  • Komplexität der Anforderungen nicht unterschätzen und gute Unterstützung durch den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) nutzen.
  • Auf der Basis bestehender Prozesse bei der Geschäftsberichtserstellung vorhandene Strukturen ausbauen (z.B. Energieaudits, DIN-Prozesse).
  • Aufklärungsarbeit für das Thema „Nachhaltigkeit“ intern leisten (Nachhaltigkeit ist mehr als Mülltrennen und Bahnfahren).
  • Gute Schnittstellen zu Abteilungen schaffen, die Informationen liefern können.
  • Neue Regeln machen die Implementierung von Managementprozessen nötig (z.B. Wesentlichkeitsanalyse).

 

 

 

Praxishinweise:

  • Die Nachhaltigkeitsbeauftragte Dr. Nadja Thomas wurde in 2018 von der Geschäftsführung mit der Aufgabe betraut, und nach einer Einarbeitungszeit konnte bereits 2019 ein erster Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden. Dieser wurde dann durch den Nachhaltigkeitskodex (DNK) geprüft. Trianel profitiert vom Reputationszuwachs (über Medienanalysen und Künstliche Intelligenz (KI) wird nachverfolgt, wie das Unternehmen wahrgenommen wird) und hat beispielsweise Liquiditätslinien erweitern können, die bereitstehen, wenn Turbulenzen das Preisgefüge gefährden.
  • Aus dem Teilnehmerkreis wies Prof. Dr. Peter Lorson darauf hin, dass die Banken schon früher, als nach der CSRD vorgesehen, entsprechende Informationen einfordern (müssen). Zudem müssen Verknüpfungen beachtet werden, die sich aus den Gesetzgebungen bezüglich der Lieferketten ergeben. Es handle sich um den Einstieg in eine neue Welt. Ausweitungen der Lageberichte um „sustainability statements“ (neuer Ausdruck, zuvor sustainability reports) seien zu erwarten. Die Einbindung der Geschäftsführung ist für ihn unabdingbar.
  • Kurz vor der AK-Sitzung war der Entwurf der EU-Kommission zu einer Delegierten Verordnung betreffend Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vom EU-Parlament und Ministerrat angenommen worden, woraufhin das Bundesjustizministerium mit Schreiben vom 1.12.2022 um Stellungnahmen gebeten hatte. Hieran anknüpfend berichtete der AK-Leiter Prof. Dr. Stefan Müller über den aktuellen Stand und Zeitplan. Dabei gab es keine Veränderungen zur Trilogfassung von Juni 2022. Hinsichtlich der in Entwicklung befindlichen ESRS (European Sustainability Reporting Standards) ist es zwar zumindest optisch zu signifikanten Änderungen gekommen, da die 136 Offenlegungspflichten (OP) auf 84 reduziert wurden. Allerdings gab es im Wesentlichen nur Straffungen und leichte Umformulierungen. Mit dem Referentenentwurf eines Umsetzungsgesetzes rechnet Professor Müller für das Frühjahr 2023.
  • Zur Software-Unterstützung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung siehe den Bericht über die 2. Sitzung des BVBC-AK (am 6.9.2022 in Duisburg) in BC 2022, 485 f. (Heft 11).
  • Zum hinsichtlich der Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung noch bestehenden Handlungsbedarf siehe die Feststellungen im PwC Global Investor Survey 2022: Nach Angaben vom 6.12.2022 halten mehr als acht von zehn Investoren in Deutschland das ESG-Reporting für unzuverlässig. Dass also rund acht von zehn Investoren „Greenwashing“ vermuten, sollte Unternehmen und Regulatoren aufhorchen lassen, erklären die Studienautoren. Das fehlende Vertrauen sei vor allem deshalb besorgniserregend, weil Nachhaltigkeitsinformationen immer häufiger die Entscheidungen von Anlegern und anderen Stakeholdern beeinflussen. Als wichtigste Maßnahmen, um das Vertrauen in die veröffentlichten Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen, nannten die Befragten unabhängige Prüfungen der Berichterstattung (46% hoher oder sehr hoher Grad) und externe Zertifizierung/Validierung (42%). Das war im oben beschriebenen Fall Trianel über die DNK-Prüfungen (siehe unter https://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/) geschehen.

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 1/2023

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