FG Sachsen, Urteil vom 29.7.2013, 6 K 429/12 (rkr.)
Die Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG setzt keine Korrektur der zuvor erteilten Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen voraus.
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Problemstellung
Ein Einzelunternehmer stellte in den Monaten Januar bis Mai 2008 einer GmbH fünf Rechnungen über rund 38 T€ aus, denen keine Leistungen zugrunde lagen. Hierzu verfasste der Einzelunternehmer sodann Korrekturbelege, die inhaltlich den Rechnungsangaben entsprachen, die als Gutschriften bezeichnet und an die GmbH gerichtet waren.
Nach den Feststellungen des Finanzamts war der Vorsteuerabzug bei der GmbH aus den streitigen Rechnungen bereits im Jahr 2008 rückgängig gemacht worden. Bezweifelt wurde jedoch, ob die Korrekturbelege bereits im Jahr 2008 durch den Einzelunternehmer erstellt worden waren. Demzufolge erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid zulasten des Einzelunternehmers zur Umsatzsteuer 2008, in dem es die Steuer um 38 T€ erhöhte. Die bloße Behauptung des Einzelunternehmers, die (kaufmännischen) Gutschriften hätten bereits im Jahr 2008 vorgelegen, reiche nicht aus, um von der Besteuerung gemäß § 14c Abs. 2 UStG abzusehen. Da die Stornorechnungen (Gutschriften) erst im Jahr 2009 eingereicht worden sind, werde davon ausgegangen, dass er diese erst im Jahr 2009 erstellt habe.
Lösung
Der Einzelkaufmann hat Anspruch auf Berichtigung der streitigen Steuererhöhung, so das Finanzgericht Sachsen.
Der für den unberechtigten Steuerausweis geschuldete Steuerbetrag kann (gemäß § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG) berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Diese Gefährdung ist beseitigt, wenn
– ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder
– die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt
worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 4 UStG). Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist (in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG) für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Ist eine Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen, so darf die Berichtigung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nicht im Ermessen der Finanzverwaltung stehen (EuGH-Urteil vom 19.9.2000, C-454/98, BB 2000, 2617, Heft 51).
Im Streitfall hat die GmbH (nach den Feststellungen des Finanzamts) den Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen in 2008 zunächst geltend gemacht hat, diese dann aber im selben Jahr zurückgezahlt. Damit wurde die Aufkommensgefährdung beseitigt.
Auf eine – wie auch immer geartete – Ungültigkeitserklärung des Einzelunternehmers in Bezug auf die fehlerhaft ausgestellten Rechnungen kommt es nach den Regelungen in § 14c Abs. 2 UStG nicht an. Der Gesetzestext ist klar und eindeutig gefasst.
Praxis-Info!
- Der Rechnungsempfänger ist laut Gesetz (§ 15 Abs. 1 UStG) und Rechtsprechung nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er über eine ordnungsgemäße, d.h. vollständige Rechnung verfügt. Eine vollständige Rechnung muss alle Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG beinhalten (z.B. Name und Adresse des Rechnungsausstellers und Rechnungsempfängers, Steuersatz und -betrag, Rechnungsnummer).
- Sofern eine Rechnung unvollständig und der Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger nicht gewährleistet ist, kann der Rechnungsaussteller seine Rechnung grundsätzlich korrigieren.
- Hat der Rechnungsaussteller eine eigentlich ordnungsgemäße, d.h. vollständige Rechnung, mit Umsatzsteuerausweis übermittelt und stellt sich nach Zugang beim Rechnungsempfänger heraus, dass keine Umsatzsteuer hätte ausgewiesen werden dürfen, gelten höhere Anforderungen an die Korrektur der Rechnung.
Beispiel: Bei einem echten Schadensersatz liegt keine Leistung des Geschädigten zugrunde. Stellt dieser über den Schadensersatz (versehentlich) eine umsatzsteuerliche Rechnung aus, hat der Rechnungsaussteller (gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG) die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung. Voraussetzung hierfür ist (siehe Abschn. 14c.2 UStAE): - Der Rechnungsaussteller muss den unberechtigten Steuerausweis gegenüber dem Belegempfänger für ungültig erklären.
- Der Rechnungsaussteller muss nachweisen, dass die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde. Der Nachweis muss demnach Folgendes beinhalten: Der Belegempfänger hat die Vorsteuer entweder nicht geltend gemacht oder zurückgezahlt.
- Die Berichtigung ist beim örtlich zuständigen Finanzamt schriftlich zu beantragen.
Das Finanzamt des Schuldners der Umsatzsteuer (= Rechnungsaussteller) hat durch Einholung einer Auskunft beim Finanzamt des Belegempfängers festzustellen, ob und wann die Gefährdungslage beseitigt wurde. Die Berichtigung ist in dem Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung beseitigt wurde – d.h. der ggf. vorgenommene Vorsteuerabzug zurückgezahlt wurde. Wurde nachweislich kein Vorsteuerabzug vorgenommen, kann der Rechnungsaussteller die Berichtigung in dem Voranmeldungszeitraum durchführen, in dem die Rechnung ausgegeben wurde (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG). |
In folgenden Fällen ist (gemäß § 14c Abs. 2 UStG i. V. m. Abschn. 14c.2 Abs. 2 UStAE) ein gesonderter Steuerausweis in einer Rechnung nicht berechtigt:
- wenn der Rechnungsaussteller Kleinunternehmer (im Sinne des § 19 UStG) ist,
- wenn jemand über eine Leistung abrechnet, die nicht ausgeführt wurde (z. B. eine Schein- oder Gefälligkeitsrechnung – wie im obigen Streitfall – oder bei Schadensersatz),
- wenn über eine andere als die ausgeführte Leistung abgerechnet wurde (z. B. über Antriebsmotoren, während tatsächlich der Schrott solcher Maschinen geliefert wurde),
- wenn der Rechnungsaussteller Nichtunternehmer (z. B. Privatperson) ist.
In diesen Fällen ist eine Berichtigung der Umsatzsteuer nur unter den oben genannten Voraussetzungen möglich (vgl. Abschn. 14c.2 Abs. 3 UStAE).
[Anm. d. Red.]
BC 11/2013
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