Ein Vorsteuerabzug ist nur möglich, soweit Leistungen dem Unternehmen zugeordnet werden können. Mit seinem Schreiben vom 2.1.2014 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) sehr ausführlich auf 62 Seiten die Grundsätze der Zuordnung zum Unternehmen dargestellt und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in Abschn. 15.2c grundlegend überarbeitet.
Insbesondere bei Baumaßnahmen ist darauf zu achten, rechtzeitig bis zum 31.5. des Folgejahres die Zuordnungswahlrechte auszuüben. Andernfalls besteht das Risiko, dass Vorsteuern nicht mehr geltend gemacht werden können.
Praxis-Info!
1. Zuordnungsregeln
Leistungen können vollständig für die unternehmerische oder die nichtunternehmerische Tätigkeit bezogen werden – oder zum Teil für die unternehmerische und zum Teil für die nichtunternehmerische Tätigkeit (sog. teilunternehmerische Verwendung). Die nichtunternehmerische Tätigkeit umfasst die nicht-wirtschaftliche Tätigkeit im erweiterten Sinne (z.B. bloße Beteiligungsverwaltung) und die unternehmensfremde Tätigkeit (z.B. Entnahmen für den privaten Bedarf).
Der Unternehmer kann einen Vorsteuerabzug nur dann geltend machen, wenn und soweit er die bezogene Leistung für seine unternehmerische Tätigkeit verwendet. Entsprechend der beabsichtigten Verwendung gelten folgende Zuordnungsregeln:
- Zuordnungsgebot: Wird die Leistung ausschließlich für die unternehmerische Tätigkeit bezogen, ist sie vollständig dem Unternehmen zuzuordnen.
- Zuordnungsverbot: Werden Leistungen ausschließlich für die nichtunternehmerische Tätigkeit bezogen, ist eine Zuordnung zum Unternehmen ausgeschlossen.
- Aufteilungsgebot: Werden vertretbare Sachen oder Leistungen teilunternehmerisch verwendet, ist entsprechend der beabsichtigten Verwendung aufzuteilen. Das Aufteilungsgebot gilt ebenfalls, wenn der Unternehmer beabsichtigt, einen Gegenstand teilunternehmerisch zu verwenden, und die nichtunternehmerische Tätigkeit in einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im engeren Sinne besteht.
- Zuordnungswahlrecht: Ist beabsichtigt, einen Gegenstand teilunternehmerisch zu verwenden, und handelt es sich bei der nichtunternehmerischen Tätigkeit um eine unternehmensfremde, hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand
– insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder
– in vollem Umfang im nichtunternehmerischen Bereich belassen oder
– im Umfang der unternehmerischen Verwendung seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen.
Beträgt die unternehmerische Nutzung jedoch nicht mindestens 10%, gilt das Zuordnungsverbot.
2. Zuordnungsschlüssel
Bei teilunternehmerischer Verwendung ist der Aufteilungsschlüssel nach § 15 Abs. 4 UStG analog als Zuordnungsschlüssel anzuwenden. Demnach hat der Unternehmer den unternehmerischen Nutzungsanteil sachgerecht zu schätzen. Bei Gebäuden gilt der Flächenschlüssel als sachgerechter Aufteilungsmaßstab. Die Anwendung des Umsatzschlüssels kommt nur dann in Betracht, wenn bei einem Gebäude die Nutzflächen nicht wesensgleich sind. Dies ist z.B. bei Photovoltaikanlagen der Fall. Hier ist auf das Verhältnis der (ggf. fiktiven) Vermietungsumsätze für die Dach- und Gebäudeinnenfläche abzustellen.
3. Zuordnungsobjekt
Der Unternehmer hat grundsätzlich für jeden Leistungsbezug eine Zuordnungsentscheidung zu treffen. Neben der Anschaffung bzw. Herstellung eines Gegenstands sind auch Erhaltungsaufwendungen zuordnungspflichtig. Die ertragsteuerliche Umqualifizierung in anschaffungsnahe Herstellungskosten ist umsatzsteuerlich unbeachtlich.
Auch nachträgliche Herstellungskosten bilden ein eigenständiges Zuordnungsobjekt. Wird ein bestehendes Gebäude um neue Gebäudeteile erweitert (z.B. Aufstockung, Anbau), ist für die Zuordnung der nachträglichen Herstellungskosten ausschließlich auf die Verwendungsverhältnisse der neuen Gebäudeanteile abzustellen.
Einheitlich zu beurteilen sind dagegen zeitlich gestreckte Herstellungsvorgänge. Hier ist einheitlich die beim Bezug der einzelnen Leistungen bestehende Verwendungsabsicht für den später fertiggestellten Gegenstand zu berücksichtigen. Des Weiteren liegen eigenständige Zuordnungsobjekte vor, auch wenn es sich dabei um wesentliche Bestandteile des Gebäudes handelt, z.B. bei Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerken und Betriebsvorrichtungen.
4. Dokumentation der Zuordnungsentscheidung
In den Fällen, in denen der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht hat, muss er bereits beim ersten Leistungsbezug eine Zuordnungsentscheidung treffen.
4.1. Vornahme des Vorsteuerabzugs bis 31.5.
Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen. Dokumentiert wird dies im Rahmen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung, die bis spätestens 31.5. des Folgejahres abzugeben ist. Bis zu diesem Termin können unterjährig getroffene Zuordnungsentscheidungen noch korrigiert werden. Verlängerungen der Abgabefrist für Steuererklärungen gelten jedoch nicht für die Vornahme der Zuordnungsentscheidung.
4.2. Andere Beweisanzeichen
Nur wenn ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, können andere Beweisanzeichen für die Zuordnung herangezogen werden. Indizien für die Zuordnung zum Unternehmen können sein:
- der An- und Verkauf unter dem Firmennamen,
- die betriebliche Versicherung des Gegenstands oder
- seine bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung.
Ist bei der Anschaffung oder der Herstellung eines Gebäudes ein Vorsteuerabzug nicht möglich, kann der Unternehmer mittels einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Finanzamt dokumentieren, in welchem Umfang er das Gebäude dem Unternehmen zuordnet. Auch diese Dokumentation der Zuordnung hat spätestens bis zum 31.5. des Folgejahres zu erfolgen.
Insbesondere bei Herstellungsvorgängen, die sich über mehrere Jahre erstrecken, ist die Zuordnungsfrist bis 31.5. zu beachten. Anderenfalls gilt der Gegenstand als nicht zugeordnet, sodass der Vorsteuerabzug für alle Leistungsbezüge bis zur Änderung der Zuordnung verloren geht.
Eveline Beer, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Partnerin der auf Umsatzsteuerrecht spezialisierten Kanzlei küffner maunz langer zugmaier, München (E-Mail: eveline.beer@kmlz.de; Internet: www.kmlz.de)
BC 3/2014
becklink355348