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Umsatzsteuer
   

Aktuelle umsatzsteuerliche Praxisfragen

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 16.3.2011, IV D 2 – S 7500/0 :003

 

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hatte mit Schreiben vom 8.2.2011 dem Bundesfinanzministerium (BMF) praxisrelevante Fragen zur Anwendung des Umsatzsteuerrechts vorgelegt. Die Antworten auf die für Unternehmen relevanten Fragen werden im Folgenden zusammenfassend (mit ergänzenden Erläuterungen) wiedergegeben.

 

„Unternehmerbescheinigung“ von Leistungserbringern

 

Ein Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen, wenn der Leistungserbringer kein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG ist, da § 15 UStG keinen Vertrauensschutz vorsieht. Für den Nachweis der Unternehmereigenschaft ist es bislang verbreitete Praxis, dass der leistende Unternehmer beim zuständigen Finanzamt die Ausstellung einer Bescheinigung beantragte, wonach es sich bei ihm um einen Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelt. Diese sog. „Unternehmerbescheinigung“ wurde dann beim jeweiligen Vertragspartner als Gewähr für das Vorliegen einer Unternehmereigenschaft vorgelegt.

Das BMF weist jedoch ausdrücklich darauf hin, es gebe keine bundeseinheitlichen Vordrucke, in denen das Finanzamt einem Unternehmer seine Unternehmereigenschaft zur Vorlage bei dessen Leistungsempfänger bestätigt. Die folgenden von den Finanzbehörden ausgestellten Bescheinigungen dienten anderen Zwecken:

  • „die Unternehmerbescheinigung zur Vorlage bei einer Finanzbehörde in einem Drittstaat für die Vergütung von Vorsteuern (Vordruck USt 1 TN),
  • die Bescheinigung über die Ansässigkeit des Auftragnehmers (= Leistungsempfängers) im Inland zur Vorlage beim leistenden Unternehmer (USt 1 TS),
  • die Bestätigung des Finanzamts zur Vorlage beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für Zwecke der Erteilung einer USt-IdNr., dass der Antragsteller beim Finanzamt für umsatzsteuerliche Zwecke geführt wird.“

Letztere Bestätigung des Finanzamts zur Vorlage beim BZSt wird neuerdings nur noch in Ausnahmefällen ausgestellt.

Sicherlich könne der leistende Unternehmer, so das BMF, die vorgenannten Bescheinigungen auch gegenüber seinem Abnehmer bzw. Leistungsempfänger verwenden. Sie dienten aber allenfalls als Anhaltspunkt für die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers, besitzen jedoch keine Beweiskraft und schaffen auch keinen Vertrauenstatbestand, dass der Leistende zur Ausstellung von Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist.

 

Praxishinweise:

  • Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs trägt der den Vorsteuerabzug beanspruchende Unternehmer (Leistungsempfänger) die objektive Beweislast für das Vorhandensein der Unternehmereigenschaft des Leistenden. Steht fest, dass der Rechnungsaussteller bzw. Gutschriftenempfänger kein Unternehmer ist, entfällt der Vorsteuerabzug. Bestehen nach den Ermittlungen der Finanzbehörden begründete Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Abrechnenden oder an der Erbringung der Leistung durch die im Abrechnungspapier bezeichnete Person oder Firma, hat der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen will, diese Zweifel auszuräumen.
  • Wichtige Nachweise der Unternehmereigenschaft des Leistungserbringers sind:
    – Vorlage der Gewerbeanmeldung;
    – Auszug der Eintragung ins Handelsregister;
    – die Firmenanschrift, über deren Richtigkeit sich der Leistungsempfänger zu vergewissern hat. Der Abzug der Vorsteuer aus einer Rechnung ist nur dann möglich, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des Unternehmens bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungserteilung tatsächlich bestand oder wenn sich trotz unrichtiger Anschrift der tatsächliche Firmensitz vom Finanzamt leicht und nachprüfbar ermitteln lässt.
  • Achtung bei Kleinunternehmern (gemäß § 19 UStG) als Rechnungsaussteller! Auch wenn diese zweifelsfrei die Unternehmereigenschaft besitzen sollten, sind diese nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in einer Rechnung berechtigt.
 

 

Rechnungskorrektur

 

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache „Pannon Gép“ (Urteil vom 15.7.2010, C-368/09) ist die Berichtigung einer unrichtigen Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs zulässig. Unklarheit besteht derzeit darüber, ob der EuGH tatsächlich auch die Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserteilung anerkennt:

  • Zweifelhaft ist in jedem Fall dann eine Rückwirkung, wenn unrichtig ausgewiesene „niedrige“ oder fehlende Steuerbeträge berichtigt werden (vgl. Zugmeier/Streit, DStR 48/2010, S. 2446 f.).
  • Sind hingegen sonstige Rechnungsangaben zu berichtigen (z.B. Leistungszeitpunkt), müsste eine rückwirkende Geltendmachung des Vorsteuerabzugs bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht noch möglich sein (siehe Maunz, BC 12/2010, S. 523 f. – siehe hier).

Das BMF erklärt hierzu: Nach Auffassung der Finanzverwaltung habe der EuGH in seinem Urteil vom 15.7.2010 (C-368/09) nicht entschieden, dass eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt. An der bestehenden Verwaltungsauffassung werde daher festgehalten.

 

Warengutscheine

 

Der EuGH sieht laut seinem Urteil vom 29.7.2010 (Rechtssache C-40/09 „Astra Zeneca“) im Verkauf von Wertgutscheinen eine umsatzsteuerbare und bis auf wenige Ausnahmen mit dem Regelsteuersatz steuerpflichtige sonstige Leistung.

Nach den Feststellungen des deutschen Steuerberaterverbands (DStV) müssten demnach gegen Bargeld erworbene Gutscheine eine steuerbare Dienstleistung darstellen, was jedoch nicht der bisherigen deutschen Rechtsauffassung entspreche: Der Kauf eines Gutscheins ist (nach deutschem Umsatzsteuerrecht) nicht steuerbar, da lediglich Zahlungsmittel ausgetauscht werden. Die Umsatzsteuer stellt immer auf das Erfüllungsgeschäft ab (= Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins, siehe z.B. Verfügung der OFD Karlsruhe vom 29.2.2008 – hier).

Anderes gelte hingegen bei Sachgutscheinen (Erwerb eines Gutscheins als Anzahlung/Vorauszahlung für eine konkrete Leistung).

Das BMF gibt hierzu zu verstehen: Aus dem EuGH-Urteil „Astra Zeneca“ seien nach Auffassung der Finanzbehörden derzeit keine Konsequenzen für die deutsche Rechtslage und die bestehende Praxis im Umgang mit Nennwertgutscheinen zu ziehen. Die Erörterungen würden – unter Einbeziehung der europäischen Ebene – fortgesetzt.

 

Dauerfristverlängerung – Erstattung von Guthaben

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16.12.2008 (VII R 17/08) entschieden, die bei einer Dauerfristverlängerung zur Abgabe der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldung zu leistende Sondervorauszahlung sei insoweit nicht mehr im letzten Voranmeldungszeitraum zu erstatten, sofern sie die Umsatzsteuer-Zahllast aus diesem Zeitraum übersteigt. Dieser Saldo solle somit durch die Finanzverwaltung erst im Rahmen der Bearbeitung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung berücksichtigt werden.

Die Liquiditätsschwierigkeiten, die hieraus im Abrechnungsmonat Februar Unternehmen entstehen können – vor allem in Branchen, die im Winter weniger Umsatz erwirtschaften (z.B. Gaststätten, Bau usw.) –, hat tom Suden ausführlich in seinem Beitrag „Anrechnung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung – oder die Geschichte vom Räuber Halblitzel“ erörtert (siehe hier). Von daher fordert der DStV eine Klarstellung in der Vorschrift des § 48 Abs. 4 UStDV: Danach solle im letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungsverfahrens die Sondervorauszahlung nach § 47 UStDV auch dann vollumfänglich erstattet werden, wenn sich ein Verrechnungsüberhang ergibt.

Das BMF vertritt dazu folgende Auffassung: Auch wenn das BFH-Urteil vom 16.12.2008 (VII R 17/08) bereits im Bundessteuerblatt (BStBl. II 2010, S. 91) veröffentlicht worden ist, werden die dargestellten Probleme der praktischen Anwendung dieser Rechtsprechung derzeit noch vertieft geprüft. Das Urteil wird deshalb nicht vor dem 1.1.2012 umgesetzt werden.

 

[Anm. d. Red.] 

 

BC 5/2011       

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