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Umsatzsteuer
   

Vertragsabschluss als umsatzsteuerbare Leistung

BC-Redaktion

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.11.2015, 7 K 7351/13 (Revision eingelegt, Az. BFH: V R 18/16)

 

Eine Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG liegt immer dann vor, wenn dem Leistungsempfänger ein individueller Vorteil verschafft wird, mithin ein Vorteil, der zu einem Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuerrechts führt.

Die Zahlung eines Geldbetrags, die anlässlich der Unterzeichnung eines Mietvertrags geleistet wird, kann eine Gegenleistung für den Vertragsschluss sein, der im Ausnahmefall eine Leistung darstellt.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Das Grundstück einer GmbH & Co. KG war mit einem Gewerbegebäude bebaut, das zum Teil vermietet war und im Übrigen leer stand. Die GmbH & Co. KG plante, das Grundstück an ein anderes Unternehmen zu veräußern. Der Erwerbsinteressent wollte das Objekt jedoch nur dann übernehmen, wenn ein bestimmter Anteil der Leerstandsfläche zusätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren vermietet wäre.

Die GmbH & Co. KG traf daraufhin mit einer Immobilienverwaltung eine Vereinbarung, nach der die Immobilienverwaltung für die betreffende Fläche unmittelbar gegenüber dem Erwerber des Objekts Mieterverpflichtungen gemäß den Vorgaben eines im Entwurf vorliegenden Mietvertrags übernehmen sollte. Für die Übernahme dieser Mieterverpflichtungen sollte die Immobilienverwaltung von der GmbH & Co. KG eine einmalige Vergütung in Höhe von 900.000 € erhalten, fällig nach Eingang des Grundstückskaufpreises auf einem Konto der GmbH & Co. KG. Das Mietverhältnis sollte fünf Jahre dauern (Monatsmiete: 15.000 € zuzüglich Umsatzsteuer). Einschließlich der Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlungen betrug der monatliche Gesamtmietzins 23.737,53 € (brutto, enthaltene Vorsteuer 3.790,03 €).

Zur Sicherstellung der Ansprüche des Vermieters (des künftigen Erwerbers) war die Immobilienverwaltung als Mieter verpflichtet, eine Bankbürgschaft über 900.000 € zu stellen; die Höhe der Sicherheitsleistung sollte jährlich entsprechend der Restlaufzeit des Mietverhältnisses um 20% gemindert werden.

Nach Veräußerung des Grundstücks trat die Erwerberin in das mit der Immobilienverwaltung bestehende Mietverhältnis ein. Die Immobilienverwaltung erhielt von der GmbH & Co. KG die vereinbarte Vergütung von 900.000 €. Diesen Betrag legte sie als Festgeld bei einer Bank an, die die vertraglich vorgesehene Bürgschaft zugunsten des Vermieters ausreichte.

Die von der Immobilienverwaltung erbrachte Leistung (insbesondere Übernahme der Mietverpflichtungen gegen Entgelt) wurde steuerfrei gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. g) UStG behandelt. Ertragsteuerlich behandelte die Immobilienverwaltung die Vergütung von 900.000 € als erhaltene Anzahlung; sie passivierte den Betrag und löste ihn über die Laufzeit des Mietvertrags ertragswirksam linear auf. Nach Ablauf des ersten Jahres betrug der Buchwert der erhaltenen Anzahlung noch 780.000 €. Dementsprechend erklärte die Immobilienverwaltung in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung diesen Betrag in der Anlage UR als steuerfreien Umsatz ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Nach Auffassung des Finanzamts stellt das Eingehen der mietvertraglichen Verpflichtungen gegen Entgelt eine umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Zudem sei die Vergütung in Höhe von 900.000 € bei der Immobilienverwaltung im Jahr der Einnahme in voller Höhe ertragswirksam geworden; eine Verteilung auf die Vertragslaufzeit durch das Bilden passiver Ausgleichsposten sei abzulehnen.

 

 

Lösung

Das Finanzamt hat zu Recht die steuerpflichtigen Umsätze der Immobilienverwaltung dem Regelsteuersatz von 19% unterzogen (§ 12 Abs. 1 UStG). Bei der Zahlung (der GmbH & Co. KG) in Höhe von 900.000 € handelt es sich um einen Bruttobetrag; dieser unterliegt im Jahr der Vereinnahmung in voller Höhe der Umsatzsteuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG).

Diese Zahlung stellt eine Gegenleistung für eine der Umsatzsteuer unterliegende sonstige Leistung der Immobilienverwaltung dar (Eingehen und Aufrechterhalten eines Mietvertrags gemäß den Vorgaben der GmbH & Co. KG und nachfolgend mit der Erwerberin des streitigen Grundstücks). Eine Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG liegt immer dann vor, wenn dem Leistungsempfänger ein individueller Vorteil verschafft wird. Eine sonstige Leistung kann in einem positiven Tun, einem Dulden oder Unterlassen bestehen.

Zwar ist das Eingehen der Verpflichtung, die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Pflichten zu erfüllen und insbesondere die Miete zu zahlen, keine Leistung – sondern die Gegenleistung im Mietverhältnis. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der (künftige) Mieter neben dem Eingehen des Mietvertrags noch etwas anderes gegenüber dem Vermieter leistet und sich dieses andere als ein verbrauchbarer Vorteil des Vermieters im Sinne des Umsatzsteuerrechts darstellt. Dieser Vorteil bestand für die GmbH & Co. KG darin, den Kaufvertrag mit der Erwerberin abschließen zu können. Denn die spätere Erwerberin des streitigen Grundstücks hatte ein Interesse an einer möglichst hohen Vermietungsquote geäußert; dies war Grundlage des Kaufvertrags über das Grundstück (Mietverhältnis mit der Erwerberin unter Stellung einer Mietsicherheit). Dazu wäre es ohne den Mietvertragsabschluss nicht oder nur zu für die GmbH & Co. KG ungünstigeren Konditionen gekommen.

 

 

Praxishinweis:

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. g) UStG sind lediglich die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Darunter fällt jedoch nicht die Übernahme gegenseitiger Verträge.

Im vorliegenden Streitfall haben die streitigen Vorgänge nicht den Charakter eines Finanzgeschäfts. Denn das Eingehen eines Mietvertrags ist kein banktypisches Geschäft und erschöpft sich nicht im Hin- und Herbewegen von Kapital.

 

[Anm. d. Red.]                  
 

 

BC 7/2016

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