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Umsatzsteuer
   

Nachforderungszinsen bei Nichtbeachtung der Regeln zur Verlagerung der Steuerschuldnerschaft

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.3.2018, 1 K 2616/17 (Revision zugelassen)

 

Werden Steuern nicht fristgerecht gezahlt, wird der dem Steuerpflichtigen hieraus entstehende Zins- und Liquiditätsvorteil durch Verzugszinsen wieder abgeschöpft. Doch sind Verzugszinsen auch dann statthaft, wenn insgesamt gar kein Zins- und Liquiditätsvorteil entstanden ist? Das FG Baden-Württemberg hat diese Frage nun bejaht.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger war als Generalunternehmer in diversen Bauprojekten tätig. Dabei bezog er Bauleistungen von Handwerkern. Die Handwerker stellten ihre Leistungen (inkl. der Umsatzsteuer) in Rechnung. Der Kläger bezahlte die Rechnungen und machte die entsprechende Vorsteuer geltend.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung kam der Prüfer zu dem unstreitigen Ergebnis, es sei eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger gegeben (Reverse-Charge-Verfahren); der Kläger schulde daher die Umsatzsteuer für die Handwerkerleistungen. Entsprechend wurden die Umsatzsteuerbescheide für den Prüfungszeitraum 2011 bis 2014 geändert. Zugleich setzte das Finanzamt Nachzahlungszinsen für die nunmehr zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuer fest.

Aus Sicht des Klägers laufen die Nachzahlungszinsen den Wertungen des Gesetzgebers zuwider. Ihm seien keine Zins- und Liquiditätsvorteile entstanden, da er die Umsatzsteuer an die Handwerker abgeführt habe. Diese hätten die Umsatzsteuer erklärt und an den Fiskus abgeführt, so dass auch dem Finanzamt kein Schaden entstanden sei.

Nach Auffassung des Finanzamts ist dagegen einzig das direkte Verhältnis zwischen Finanzamt und Kläger ausschlaggebend. In diesem isoliert betrachteten Verhältnis hat der Kläger einen Liquiditätsvorteil gehabt. Die Zahlung der Umsatzsteuer durch die Handwerker ist hier ebenso wenig von Bedeutung wie der letztlich nicht entstandene Steuerausfall.

 

 

Lösung

Das FG Baden-Württemberg folgt der Auffassung des Finanzamts. Für die Frage eines Zinsvorteils, der dem Steuerpflichtigen wegen seines unberechtigten Vorsteuerabzugs entstanden ist, kommt es ausschließlich auf das konkrete Steuerschuldverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt an. Im Ausgangsfall wurden die Nachzahlungszinsen durch den zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzug aus den Handwerkerrechnungen ausgelöst. Hätte der Kläger von Anfang an die Regeln der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft beachtet, hätten sich die entstandene Umsatzsteuer und die abziehbare Vorsteuer neutralisiert. Stattdessen hat der Kläger durch den unrechtmäßigen Vorsteuerabzug seine Zahllast gemindert.

Ein Vergleich der Liquidität des Steuerpflichtigen aufgrund seines „vorschriftswidrigen“ Verhaltens mit der fiktiven Liquidität, die er besessen hätte, wenn er sich „vorschriftsmäßig“ verhalten hätte, ist nicht anzustellen. Für den Liquiditätsnachteil aus den „rechtsgrundlosen“ Umsatzsteuerzahlungen an die Handwerker ist das Finanzamt weder zuständig noch verantwortlich. Ein etwaiger Ausgleich muss hier direkt zwischen den Parteien vereinbart werden.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 11/2018

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