OFD Frankfurt, Verfügung vom 5.6.2013, S 7340 A – 94 – St 112
Umsatzsteuerlich geführte Firmen beantragen häufig bei dem für sie zuständigen Finanzamt die Ausstellung einer Bescheinigung, die – sei es formlos, sei es in Form einer sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung, sei es als „Nachweis der Eintragung als Steuerpflichtiger (Unternehmer)“ für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren – bestätigen soll, dass sie Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sind.
Die Unternehmerbescheinigung wird von den Firmen gegenüber ihren „Vertragspartnern“ als Nachweis dafür verwendet, dass es sich bei ihnen nicht um ein Schein- oder Strohmannunternehmen handelt, aus dessen Rechnungen ein Vorsteuerabzug nicht zulässig wäre.
Die Ausstellung solcher Unternehmerbescheinigungen erweist sich insbesondere in den Fällen als problematisch, in denen der Rechnungsaussteller die berechnete Leistung – wie es bei „Subunternehmern“ in der Baubranche (soweit § 13b UStG keine Anwendung findet) oder bei in Karussellgeschäfte eingebundenen Firmen vorkommt – tatsächlich nicht selbst erbringt oder nur zum Schein bewirkt hat. Die Unternehmerbescheinigung soll in diesen Fällen der Verschleierung von Umsatzsteuerbetrügereien dienen.
Es wird gebeten, zur Ausstellung solcher Unternehmerbescheinigungen folgende Auffassung zu vertreten:
Die Finanzämter sind nach Art. 108 des Grundgesetzes (GG) als örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der Steuern zuständig. Sie haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.
Zu ihren Aufgaben gehört es hiernach nicht, im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung von Unternehmer- oder Unbedenklichkeitsbescheinigungen etwa die Zuverlässigkeit von steuerlich geführten Personen oder ihre tatsächliche Unternehmereigenschaft zu prüfen. Die Ausstellung von Unternehmerbescheinigungen ist daher grundsätzlich abzulehnen, soweit es sich nicht um Bescheinigungen handelt, die für die Durchführung des Vergütungsverfahrens in anderen Staaten zu erteilen sind (vgl. OFD Frankfurt vom 8.6.2010, S 7359 A – 27 – St 113, BeckVerw242127).
Ergänzend ist anzumerken, dass ein Unternehmer, der sich um die Klärung der Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers bemüht, in Wahrnehmung eigener Obliegenheiten und nicht in Erfüllung steuerlicher Pflichten handelt (vgl. BFH vom 24.4.1986, V R 110/76, BFH/NV 1987, S. 745).
Der den Vorsteuerabzug beanspruchende Unternehmer trägt nach ständiger Rechtsprechung des BFH die objektive Beweislast für das Vorhandensein der den Anspruch begründenden Tatsachen, also auch für die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, V Rz. 69). Steht fest, dass der Rechnungsaussteller kein Unternehmer ist, entfällt der Vorsteuerabzug.
Einen Schutz des guten Glaubens daran, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, sieht das Umsatzsteuergesetz nicht vor. Eine Unternehmerbescheinigung kann sich folglich auch nicht auf einen solchen Gutglaubens-Schutz erstrecken. Eine andere – gegenläufige – Handhabung würde letztlich zu einer unzulässigen Gesetzeserweiterung führen.
Die Zulässigkeit der Erteilung einer „Bescheinigung in Steuersachen“ (vgl. OFD Frankfurt vom 9.11.2012, S 0270 A – 7 – St 23, BeckVerw267901) wird hierdurch nicht berührt.
In der „Bescheinigung in Steuersachen“ wird nämlich nicht die Unternehmereigenschaft bescheinigt, sondern nur die steuerliche Erfassung erklärt und gegebenenfalls eine Aussage über Steuerrückstände bzw. das Zahlungsverhalten des Steuerpflichtigen getroffen. Um Missverständnissen vorzubeugen, kann bei unklaren Antragsgründen ein Hinweis angebracht werden, dass mit der Bescheinigung nicht die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG bestätigt wird.
Die Rundverfügung OFD Frankfurt vom 17.1.2005 (S 7340 A – 94 – St I 1.30, DStR 2005, 478) ist überholt.
Praxis-Info!
Unternehmern wird auf Antrag die steuerliche Erfassung und die Unternehmereigenschaft in der Regel nur in folgenden Fällen bescheinigt:
- bei Neuaufnahmen zur Vorlage beim Bundeszentralamt für Steuern zur beschleunigten Zuteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
- zur Vorlage bei zentralen Erstattungsbehörden im Vorsteuervergütungsverfahren in Drittstaaten (Vordruck USt 1 TN),
- Bescheinigung über die Ansässigkeit des Auftragnehmers (= Leistungsempfängers) im Inland zur Vorlage beim leistenden Unternehmer (USt 1 TS).
Die steuerliche Erfassung und die Unternehmereigenschaft können auch bestätigt werden, wenn dies für die Erfassung und Registrierung in einem anderen EU-Mitgliedstaat erforderlich ist. In der Bescheinigung ist darauf ausdrücklich hinzuweisen.
Andere allgemeine Bestätigungen zur Unternehmereigenschaft, die der Antragsteller gegenüber seinen Leistungsempfängern als „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ für Zwecke des Vorsteuerabzugs verwenden will, sind nicht zu erteilen.
Die oben genannten Bescheinigungen kann der leistende Unternehmer zwar gegenüber seinem Abnehmer bzw. Leistungsempfänger verwenden. Sie dienen aber (so die OFD) allenfalls als Anhaltspunkt für die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers, besitzen jedoch keine Beweiskraft und schaffen auch keinen Vertrauenstatbestand, dass der Leistende zur Ausstellung von Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs trägt der den Vorsteuerabzug beanspruchende Unternehmer (Leistungsempfänger) die objektive Beweislast für das Vorhandensein der Unternehmereigenschaft des Leistenden. Steht fest, dass der Rechnungsaussteller bzw. Gutschriftenempfänger kein Unternehmer ist, entfällt der Vorsteuerabzug.
Bestehen nach den Ermittlungen der Finanzbehörden begründete Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Abrechnenden oder an der Erbringung der Leistung durch die im Abrechnungspapier bezeichnete Person oder Firma, hat der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen will, diese Zweifel auszuräumen. Einen Schutz des guten Glaubens daran, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, sieht das Umsatzsteuergesetz nicht vor.
Wichtige Nachweise der Unternehmereigenschaft des Leistungserbringers sind: – Vorlage der Gewerbeanmeldung; – Auszug der Eintragung ins Handelsregister; – die Firmenanschrift, über deren Richtigkeit sich der Leistungsempfänger zu vergewissern hat. Der Abzug der Vorsteuer aus einer Rechnung ist nur dann möglich, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des Unternehmens bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungserteilung tatsächlich bestand oder wenn sich trotz unrichtiger Anschrift der tatsächliche Firmensitz vom Finanzamt leicht und nachprüfbar ermitteln lässt. Achtung bei Kleinunternehmern (gemäß § 19 UStG) als Rechnungsaussteller! Auch wenn diese zweifelsfrei die Unternehmereigenschaft besitzen sollten, sind diese nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in einer Rechnung berechtigt.
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[Anm. d. Red.]
BC 9/2013
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