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Umsatzsteuer
   

Parkraumnutzung bei Übernachtungen: Vielleicht kostenlos, aber nie steuerermäßigt

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteil vom 1.3.2016, XI R 11/14

 

Bei Übernachtungen in einem Hotel unterliegen nur die unmittelbar der Vermietung (Beherbergung) dienenden Leistungen des Hoteliers dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten an Hotelgäste gehört nicht dazu; sie ist mit dem Regelsteuersatz von 19% zu versteuern. Das gilt auch dann, wenn hierfür kein gesondertes Entgelt berechnet wird.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Wenn eine Parkplatznutzung nicht in Rechnung gestellt wird, heißt das noch nicht, dass dies wie die Übernachtung selbst umsatzsteuerermäßigt behandelt werden kann. Dies musste aktuell eine Hotelbetreiberin (H) erfahren, die im Veranlagungszeitraum 2010 ein Hotel mit Restaurants sowie Wellness-, Beauty- und Fitnessbereichen betrieb. Für die Gäste standen 140 Pkw- sowie 10 Lkw-Stellplätze zur Verfügung, die unabhängig davon genutzt werden konnten, ob die Gäste im Hotel übernachteten oder „nur“ das Restaurant oder den Sauna- und Wellnessbereich besuchten. Die mit einem Kfz angereisten Hotelgäste durften freie Parkplätze belegen, ohne dass hierüber mit der Klägerin eine Vereinbarung getroffen wurde.

Die H prüfte nicht, ob ein Hotelgast mit einem Kfz angereist war und ob er einen der hoteleigenen Parkplätze nutzte. Dementsprechend wurde eine Parkplatznutzung nicht in Rechnung gestellt.

Die H versteuerte ihre Umsätze aus Beherbergungsleistungen mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG und unterwarf die (kalkulatorischen) Kosten für Frühstück sowie für die Nutzung der Fitness- und Saunaeinrichtungen dem Regelsteuersatz von 19%. Dagegen nahm sie für die Nutzung der hoteleigenen Parkplätze keine Abgrenzung vor.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Einräumung von Parkmöglichkeiten mit dem Regelsteuersatz von 19% zu versteuern sei, und schätzte die kalkulatorischen Kosten hierfür mit 1,50 € (netto) pro Hotelgast.

Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen gab der Klage der H mit Urteil vom 16.1.2014 (Az.: 5 K 273/13, DStRE 2015, 1383) statt und führte zur Begründung Folgendes an: Das Vorhalten von Parkplätzen sei im Streitfall als Nebenleistung zur Beherbergung zu beurteilen und diene dieser unmittelbar, weshalb auch insoweit der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei. Jedenfalls dann, wenn (wie hier) über die Inanspruchnahme eines Parkplatzes zwischen Hotelier und Gast keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, die Inanspruchnahme eines Parkplatzes nicht geprüft werde und die Verfügbarkeit eines Parkplatzes für jeden Hotelgast nicht gewährleistet sei, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzung der vorgehaltenen Parkplätze und der Übernachtungsleistung.

 

 

Lösung

Das sahen die Münchener Richter ganz anders und hoben die Entscheidung der Finanzrichter aus dem hohen Norden auf. Im Rahmen seiner Begründung verweist der BFH auf den Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG: Es sei zu berücksichtigen, dass sich die Vermietung auf den in Satz 1 dieser Vorschrift verwendeten Begriff der „Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält“ bezieht. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten dient nicht der Vermietung in diesem Sinne, sondern der Verwahrung eines vom Hotelgast gegebenenfalls mitgeführten Fahrzeugs. Das ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 17/147, S. 9). Aus der dortigen Formulierung werde deutlich, dass neben der Vermietung der Wohn- und Schlafräume stehende Leistungen (z.B. Telefon- und Internetnutzung) selbst dann nicht dem ermäßigten Steuersatz unterfallen sollen, wenn sie direkt im Zimmer erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob diese gesondert abgerechnet werden oder nicht. Dies gilt dem BFH zufolge erst recht nicht für die Einräumung von Parkmöglichkeiten, die keinen konkreten (räumlichen) Bezug zu der Nutzung des Zimmers aufweisen.

 

 

Praxishinweise:

  • Auf mit Reisekostenabrechnungen befasste Buchhaltungskräfte könnte demnächst mehr Arbeit zukommen. Denn diese BFH-Entscheidung liefert all denen Munition, die statt einfacher Hotelrechnungen nunmehr in Einzelposten zerbröselte Leistungsbestandteile abzuarbeiten wünschen.
  • Das gilt in weit höherem Maße selbstverständlich für die Anbieter von Wohnraum zur kurzfristigen Nutzung, die sich auf schätzungsfreudige Finanzbeamte gefasst machen müssen. Diese müssten dann aus einem Komplettpreis für die Übernachtung Einzelposten wie die WLAN-Nutzung und die Parkraumgestellung herausrechnen, solange sich Wohnraumanbieter der Notwendigkeit von Einzel-Aufstellungen nicht bewusst sind.
  • Möglicherweise trotz allem Schätzungseifer überforderte Finanzbeamte haben es aber relativ gut, da ihnen dann wie im Streitfall die Finanzrichter als oberste Schätzungsinstanz zur Seite stehen. Denn der BFH moniert, dass die Finanzrichter nicht geprüft hätten, ob die durch das Finanzamt vorgenommene Schätzung rechtmäßig ist. Für das weitere Verfahren weist der BFH daher vorsorglich darauf hin, dass bei der Schätzung auch zu berücksichtigen ist, dass die hoteleigenen Parkplätze nicht ausschließlich von Hotelgästen, sondern auch von Gästen des Restaurants oder des Sauna- und Wellnessbereichs genutzt worden sind.
  • Ob BFH-Richter vielleicht auch einmal bedenken könnten, welche Wirkungen ihre detailverliebten Entscheidungen in der Praxis mit sich bringen? Denn unter den BFH-Anforderungen haben ja neben den niedersächsischen Finanzrichtern unzählige Rechnungsersteller in der Tourismuspraxis zu leiden. Da bleibt die Hoffnung, dass die Finanzverwaltung vielleicht auch die Arbeitsbelastung im eigenen Hause im Blick haben könnte und deshalb Vereinfachungsregeln zulässt, die die vom BFH losgetretene Schätzungswelle hinfällig macht.
  • Wer BFH-Richtern nun aber Weltfremdheit attestieren wollte, wird an einer anderen Stelle der Urteilsbegründung eines Besseren belehrt. Denn die BFH-Richter wissen genau, was außerhalb ihrer Gerichtsräume läuft: „Es ist aber ohne weiteres möglich und kommt in der Praxis vor, dass die Übernachtungsleistung im Hotel ohne Nutzung einer Parkmöglichkeit in Anspruch genommen wird.“ Ja, das kommt nicht nur bei Bahnreisenden vor, da kann dem BFH nur zugestimmt werden. Denn was an anderer Stelle schon für exorbitant hohe Frühstückspreise angeführt wurde (vgl. die Besprechung des BFH-Urteils vom 24.4.2013), kann auf zunehmend unverhältnismäßig hohe Parkplatzgebühren übertragen werden: Ein kleiner Fußweg wird in Großstädten schnell mal mit einer Ersparnis von 25 € für den sonst anfallenden Hotelparkplatz belohnt. Fraglich bleibt aber, ob man solche Praxisentwicklungen mit Steuersatzdifferenzierungen begleiten muss? Der BFH sieht es wohl so; denn ihm geht es um ein seiner Meinung nach gesetzgeberisch vorgegebenes „Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen“. Dieses Aufteilungsgebot verdrängt den „Grundsatz, dass eine (unselbständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt“. Somit wird also aus dem Grundsatz, dass der Parkplatz wie das Hotelzimmer zu behandeln ist, per Aufteilungsgebot genau das Gegenteil abgeleitet.
  • Übernachtung ist natürlich nicht gleich Übernachtung, und so dürfen Campingplatz-Betreiber aufatmen: Hier ist es für die Steuerermäßigung unschädlich, wenn auf der überlassenen Fläche auch das zum Transport des Zelts bzw. zum Ziehen des Wohnwagens verwendete Fahrzeug abgestellt werden kann. Das Abstellen eines solchermaßen erforderlichen Fahrzeugs auf der angemieteten Campingfläche lässt sich – so wissen es die BFH-Richter – mit dem Abstellen eines Fahrzeugs auf dem hoteleigenen Parkplatz nicht vergleichen, weil das Fahrzeug zum Transport der Übernachtungsmöglichkeit (Zelt, Wohnwagen) in der Regel erforderlich ist (anders als beim Hotelzimmer).
  • Was aber gilt denn nun, wenn ein womöglich niederländischer Gast mit angehängtem Wohnwagen einen Hotelparkplatz für eine Zwischenübernachtung auf der Fahrt zum Campingplatz nutzt und dafür ja mindestens zwei Parkplätze benötigen wird, aber nur ein DZ bucht? Und wie ist zu schätzen, wenn sich Kollegen für eine Kleinbus-Fahrt zusammenfinden und daher möglicherweise acht Personen vier Doppelzimmer, aber nur einen Parkplatz nutzen? Fragen über Fragen lassen sich so entwickeln, auf die in Anwendung des Henrik Ibsen zugeschriebenen Ausspruchs „Zu fragen bin ich da, nicht zu antworten“ hoffentlich keine Antworten gefunden werden müssen.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 7/2016

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