BFH-Urteil vom 16.3.2017, V R 27/16
Verweist eine Gutschrift auf einen Vertrag, aus dem sich die Person des Leistenden ergibt, kann diese Bezugnahme der Annahme eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 UStG aufgrund einer unzutreffenden Bezeichnung des Leistenden entgegenstehen.
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Problemstellung
Ein als Erfinder Tätiger schloss zusammen mit drei anderen Personen als Lizenzgeber Lizenzverträge mit der K-KG für die Vermarktung von Erfindungen. Die KG sollte Gutschriften erstellen.
Die anteiligen Einnahmen aus der Lizenzeinräumung versteuerte der Erfinder als Einzelunternehmer. Die KG erstellte Gutschriften unter Anwendung des Regelsteuersatzes. Die Gutschriften nannten im Adressfeld den Namen und die Anschrift des Erfinders und nahmen im Übrigen auf die zwischen der KG und den Erfindern abgeschlossenen Verträge Bezug.
Der als Erfinder tätige Einzelunternehmer ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.
Aufgrund der Gutschriftserteilung unter Anwendung des Regelsteuersatzes nahm das Finanzamt eine Steuerhinterziehung durch den Erfinder an und änderte die Steuerfestsetzungen entsprechend.
Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) war nicht der Erfinder allein, sondern die aus den Erfindern bestehende Bruchteilsgemeinschaft der Unternehmer; als Unternehmer habe die Bruchteilsgemeinschaft die Leistungen gegenüber der KG erbracht. Der Erfinder habe daher keine steuerpflichtigen Umsätze zu versteuern. Er sei aber Steuerschuldner aufgrund eines unberechtigten Steuerausweises nach § 14c UStG. Die Gutschriften seien an den Erfinder persönlich gerichtet gewesen, obwohl Leistender die Bruchteilsgemeinschaft gewesen sei. Zudem liege Steuerhinterziehung vor.
Der Erfinder macht geltend, dass Gutschriften gegenüber Nichtunternehmern keine Steuerschuld aufgrund eines Steuerausweises in einer Rechnung begründen können. Inwiefern die anderen Erfinder keine Unternehmer sind, wird aus dem beschriebenen Sachverhalt des BFH-Urteils nicht deutlich.
Bruchteilsgemeinschaften sind wirtschaftlich durchaus vergleichbar mit der GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts); für gewöhnlich treten diese bei Immobilien auf (z.B. Miteigentümeranteile an einem Grundstück). Auch Bruchteilsgemeinschaften können Unternehmer sein. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung einer Bruchteilsgemeinschaft, die keine Gesellschaft ist, unterscheidet sich allerdings von der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung einer Personengesellschaft (z.B. einer GbR): - Personengesellschaften (wie GbR, OHG, KG) sind aufgrund ihres gemeinschaftlichen Zwecks umsatzsteuerrechtlich eigenständige Rechtspersonen.
- Bruchteilsgemeinschaften sind dagegen nur eine Zusammenfassung der (grundsätzlich) eigenständigen Gemeinschafter, bei denen ein gemeinschaftlicher Zweck nicht feststellbar ist. Steuersubjekt ist (entsprechend der zivilrechtlichen Sicht) in der Regel der einzelne Gemeinschafter.
Je nach Konstellation begründet eine Bruchteilsgemeinschaft weder eine eigene Rechtspersönlichkeit noch eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinschaft (keine Verfolgung eines gemeinsamen Leistungszwecks). Zum Vorsteuerabzug sind dann nur die Gemeinschafter unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG berechtigt. Zumindest bei spezifischen Arten von Gemeinschaften berechtigt auch eine auf alle Gemeinschafter ausgestellte Rechnung den einzelnen Gemeinschafter zum Vorsteuerabzug, wenn ein anderweitiger Abzug aus der Rechnung ausgeschlossen ist. Es existiert jedoch auch die „unternehmerisch tätige Bruchteilsgemeinschaft“: Treten beispielsweise die Erfinder gemeinsam nach außen auf und erbringen entgeltliche Leistungen, bilden sie eine GbR oder – regelmäßig bei der Vermietung von Grundstücken – eine Bruchteilsgemeinschaft. In diesen Fällen sind nicht die Erfinder Unternehmer, sondern die Gesellschaft oder Gemeinschaft ist Unternehmer (im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG) und Steuerschuldner (nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Dies hat vor allem Bedeutung für den Vorsteuerabzug. Denn dieser setzt den Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung voraus, welche den Leistungsempfänger zu benennen hat. |
Lösung
Das Urteil des FG ist aufzuheben. Eine derartige Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG kommt nur in Betracht, wenn in den Gutschriften eine andere Person als die Person, die die Leistung tatsächlich erbracht hat, als Leistender angegeben ist.
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Dasselbe gilt gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt.
Die Rechnung, die im Sinne von § 14c UStG zu einem unberechtigten Steuerausweis führt, muss gewisse Mindestangaben enthalten. Hierzu gehören Angaben
- zum Rechnungsaussteller,
- zum Leistungsempfänger,
- zur Leistungsbeschreibung,
- zum Entgelt und
- zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.
Wie bei der Prüfung, ob eine Rechnung hinreichende Angaben enthält, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, sind auch bei Anwendung von § 14c Abs. 2 UStG Bezugnahmen in der Rechnung auf andere Dokumente zu berücksichtigen.
Die Gutschriften, aus denen das FG einen unberechtigten Steuerausweis ableitet, waren zwar im Adressfeld an den Erfinder gerichtet und wiesen seine Anschrift aus. Die Gutschriften nahmen aber auch auf den der Leistungserbringung jeweils zugrunde liegenden Lizenzvertrag Bezug. Der Verweis auf die der Leistungserbringung zugrunde liegenden Lizenzverträge machte deutlich: Der leistende Unternehmer war die Bruchteilsgemeinschaft, nicht aber der einzelne Erfinder.
Fraglich ist zudem, ob eine vom Gutschriftenaussteller an einen Nichtunternehmer erteilte Gutschrift überhaupt eine Steuerschuld aufgrund eines Steuerausweises begründen kann (verneinend z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c, Anm. 101).
[Anm. d. Red.]
BC 7/2017
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