Entwurf eines BMF-Schreibens vom 1.2.2012, IV D 2 – S 7287-a/09/10004 :003
Die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichte Entwurfsfassung soll erläutern, wie die neuen seit 1.7.2011 geltenden Regelungen zur elektronischen Rechnungsstellung (siehe u.a. hier) aus – vor allem – umsatzsteuerlicher Sicht zu verstehen sind.
Die gute Nachricht vorweg: Es wird umsatzsteuerlich zu einer Liberalisierung und spürbaren Erleichterung der Regelanwendungen bei der Übermittlung elektronischer Rechnungen kommen.
Praxis-Info!
Zur umsatzsteuerlichen Anerkennung elektronischer Rechnungen und damit zum Vorsteuerabzug waren bislang zwei alternative Verfahren vorgeschrieben:
- Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur (als Dokumentensicherheit) oder
- Nutzung des EDI-Verfahrens – Electronic Data Interchange (als Prozesssicherheit).
Dies ist nun seit dem 1.7.2011 aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Papierrechnung und elektronischer Rechnung nicht mehr zwingend erforderlich; die Anwendung dieser Methoden ist aber weiterhin erlaubt. Nunmehr sollen auch solche Rechnungsdokumente als legale Rechnungen anerkannt werden, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt wurden (sog. dritter Weg). Abschn. 14.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE-Entwurf nennt z.B. per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) oder De-Mail, per Computer-Fax oder Faxserver oder per Web-Download übermittelte Rechnungen. Vorausgesetzt werden hierbei innerbetriebliche Kontrollverfahren, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen können.
Dies gilt für alle Rechnungen über Umsätze bzw. Leistungen, die ab dem 1.7.2011 erbracht wurden bzw. werden.
Als Entlastung für die Unternehmen betont das Finanzministerium auf S. 2 des Entwurfs des BMF-Schreibens: „Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu und kann insbesondere nicht mehr zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen.“ Anders ausgedrückt: Das innerbetriebliche Kontrollverfahren dient nicht dazu, die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Dies wurde bislang in vielen Veröffentlichungen zum innerbetrieblichen Kontrollverfahren anders bzw. strenger interpretiert. |
Der besagte Entwurf dieses BMF-Schreibens beinhaltet vor allem eine Anpassung des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE). Bezüglich der geplanten Änderungen von Abschn. 14.4 UStAE sind Rechnungen entweder auf Papier oder – vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers – elektronisch zu übermitteln. Diese Zustimmung des Empfängers ist nach wie vor völlig formfrei. Laut Abschn. 14.4 Abs. 1 Satz 3 UStAE-Entwurf genügt beispielsweise die Erklärung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), dass der Rechnungsempfänger einen elektronischen Rechnungsversand akzeptiert.
Bei Beschreiten des sog. „dritten Weges“ (elektronische Übermittlung von Rechnungsdaten unter Verzicht auf elektronische Signatur oder EDI) liegt die Verantwortung für die Legalität der empfangenen Dokumente – vom Rechnungseingang bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist – ganz allein beim Rechnungsempfänger. Die Zuweisung und Übernahme dieser Verantwortung benötigt klare Vereinbarungen. Aus praktischer Sicht empfiehlt es sich daher, beim elektronischen Rechnungsversand eine formelle, schriftliche Regelung mit dem Rechnungsaussteller zu treffen. |
Die Echtheit der Herkunft (Authentizität), die Unversehrtheit des Inhalts (Integrität) und die Lesbarkeit (Legitimität) der Papier- sowie der elektronischen Rechnung werden sowohl für deren Übermittlung (Abschn. 14.4 Abs. 3 Satz 1 UStAE-Entwurf) als auch für deren Archivierung über den Aufbewahrungszeitraum von 10 Jahren (Abschn. 14b.1 Abs. 5 Satz 1 UStAE-Entwurf) verlangt. Allerdings sind die Unternehmer frei, wie sie diese Anforderungen sicherstellen; es wird kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben! Ausreichend ist ein Verfahren, welches der Rechnungsempfänger zum Abgleich der Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung einsetzt (Abschn. 14.4 Abs. 5 Satz 1 UStAE-Entwurf).
Was im Einzelnen bei der ordnungsgemäßen Rechnungsübermittlung und -aufbewahrung zu beachten ist, erläutert tom Suden in der BC-Ausgabe 4/2012 (mit Praxisempfehlungen). Die Ausführungen an dieser Stelle sind Auszüge aus diesem Fachbeitrag. |
Gemäß Abschn. 14.4 Abs. 6 Satz 4 UStAE-Entwurf ist eine inhaltlich zutreffende Rechnung, insbesondere hinsichtlich
– der richtigen Bezeichnung der Leistung,
– der richtigen Bezeichnung des Leistenden,
– der richtigen Berechnung des Entgelts,
– der richtigen Bezeichnung des Zahlungsempfängers,
ausreichend, um darauf zu schließen, dass bei der Übermittlung keine Fehler vorgekommen sind, welche die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigen. In diesem Fall ist die Schlussfolgerung zulässig: Die Rechnung wurde auf dem Transportweg weder ge- oder verfälscht nach auf andere Weise verändert; die Rechnung entspricht somit der erbrachten Leistung.
Die Erfüllung der Anforderungen an den sog. „verlässlichen Prüfpfad“ (von der Bestellung bis zur Bezahlung) muss nicht notwendigerweise im Rahmen des Rechnungswesens erfolgen, sondern kann (gemäß Abschn. 14.4 Abs. 6 Satz 2 UStAE-Entwurf) auch durch einen manuellen Abgleich/Vorlage der Rechnung mit vorhandenen ergänzenden Unterlagen wie Bestellkopie, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungsbeleg erfolgen. Auch hierfür sind keine spezifischen technischen Verfahren vorgeschrieben.
Das innerbetriebliche Kontrollverfahren muss (gemäß Abschn. 14.4 Abs. 6 Satz 3 UStAE-Entwurf) nicht dokumentiert werden. |
BC 4/2012
becklink330001