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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 5.4.2019, IV C 6 – S 2244/17/10001; DOK 2019/0225994

 

Zur Anwendung der BFH-Urteile vom 11.7.2017 (IX R 36/15), vom 6.12.2017 (IX R 7/17) und vom 20.7.2018 (IX R 5/15) gilt Folgendes:


 

 

Das BMF-Schreiben vom 21.10.2010 (IV C 6 – S 2244/08/10001, DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832) zur Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG ist aus Vertrauensschutzgründen weiterhin in allen offenen Fällen anzuwenden, bei denen auf die Behandlung des Darlehens/der Bürgschaft die Vorschriften des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) anzuwenden sind, wenn die bisher als eigenkapitalersetzend angesehene Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 gewährt wurde oder wenn die Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.

Ein Darlehen ist nach den Vorschriften des MoMiG zu behandeln, wenn das Insolvenzverfahren bei einer GmbH nach dem 31.10.2008 eröffnet wurde oder wenn Rechtshandlungen, die nach § 6 AnfG der Anfechtung unterworfen sind, nach dem 31.10.2008 vorgenommen wurden.

In allen übrigen Fällen ist nach den Grundsätzen der oben genannten BFH-Entscheidungen § 255 HGB für die Bestimmung der Anschaffungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 EStG maßgeblich. Nachträgliche Anschaffungskosten stellen damit nur noch solche Aufwendungen dar, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen insbesondere Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) und sonstige Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung.

Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen wie der Ausfall eines Darlehens oder der Ausfall mit einer Bürgschaftsregressforderung führen hingegen grundsätzlich nicht mehr zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Etwas anderes gilt, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist. Dies kann der Fall sein bei einem Gesellschafterdarlehen, dessen Rückzahlung auf Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, wie beispielsweise der Vereinbarung eines Rangrücktritts im Sinne des § 5 Abs. 2a EStG, im Wesentlichen denselben Voraussetzungen unterliegt wie die Rückzahlung von Eigenkapital (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2011, I R 100/10, BStBl. II 2012, 332). In einem solchen Fall kommt dem Darlehen auch bilanzsteuerrechtlich die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zu (BFH-Urteil vom 15.4.2015, I R 44/14, BStBl. II, 769). Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt gleichfalls nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.

 

 

Praxis-Info!

Gesellschafterdarlehen und Leistungen auf Forderungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen, sind seit Inkrafttreten des MoMiG (am 1.11.2008) ausdrücklich nicht mehr dem Eigenkapital gleichgestellt. Allerdings ist seither einheitlich für alle Rechtsformen von Gesellschaften in der Insolvenzordnung der Nachrang von Gesellschafterdarlehen und diesen wirtschaftlich entsprechenden Forderungen aus Rechtshandlungen festgelegt; diese dürfen erst nach Befriedigung aller anderen Insolvenzforderungen befriedigt werden (§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 InsO).

 

 

Nachträgliche Anschaffungskosten aufseiten des Gläubigers

Eine Unterscheidung in Fremdkapital und eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen ist deshalb nicht mehr zu treffen. Der handelsrechtliche Anschaffungskostenbegriff ist daher auch bei nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung (des Gläubigers/Gesellschafters) zugrunde zu legen. Demzufolge können nachträgliche Anschaffungskosten nur solche Aufwendungen des Gesellschafters sein, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen (siehe Beispiele im obigen BMF-Schreiben).

 

 

Verbindlichkeiten versus Eigenkapitalfunktion aufseiten des Schuldners

In der Handelsbilanz sind (gemäß § 247 Abs. 1 HGB) Verbindlichkeiten unter folgenden Voraussetzungen zu passivieren:

  1. Der Unternehmer muss „zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet“ sein.
  2. Diese Verpflichtung muss ferner vom Gläubiger erzwingbar sein und bei dem Unternehmer zu einer wirtschaftlichen Belastung führen.

Dies gilt auch für die Steuerbilanz (Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG). Allerdings stellen Verpflichtungen, deren Erfüllung an den Gesamtgewinn des Unternehmens anknüpfen, noch keine wirtschaftliche Belastung dar. Grund: Die Verpflichtungen müssen nicht aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden. Schulden dieser Art sind deshalb in der Handelsbilanz nicht zu passivieren (Wahlrecht). In der weiteren Folge unterliegen sie einem steuerrechtlichen Passivierungsverbot.

Zu beachten ist, dass derartige Gesellschafterdarlehen, die aus künftigen Gewinnen zu tilgen sind, zumindest steuerlich Eigenkapital darstellen können. Diese Form der Tilgung widerspricht nicht mehr der Eigenkapitalfunktion. Voraussetzung: Der aufgelöste Wegfallgewinn beruht auf einem Gesellschaftsverhältnis (also z.B. nicht im Fall der Darlehensgewährung mit Rangrücktritt durch eine Bank). Zum sog. Einlagetatbestand durch Zuführung eines Wirtschaftsguts zählt auch der Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens (nicht nur der Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens). Es ist temporär – bis zur Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit bei Anfall eines künftigen (Bilanz-)Gewinns oder Liquidationsüberschusses – davon auszugehen, dass dem Schuldner Eigenkapital zur Verfügung steht.

 

 

 

Bilanzierungshinweise:

  • Steuerbilanziell ist eine Verbindlichkeit, für die ein Rangrücktritt vereinbart wurde, dann in der Steuerbilanz zu passivieren, wenn der Gläubiger die Erfüllung der Verbindlichkeit auch aus dem sog. „sonstigen freien Vermögen“ der Gesellschaft begehren kann. „Freies Vermögen“ ist Vermögen der Gesellschaft, das nicht zur Befriedigung aller nicht subordinierten (untergeordneten) Verbindlichkeiten benötigt wird. Dies soll (nach der BFH-Rechtsprechung) stets vereinbart sein, wenn der Gläubiger in der Besserungsabrede eine Erfüllung seiner Forderung aus dem sonstigen freien Vermögen nicht ausdrücklich ausschließt.
    Begehrt der Gläubiger dagegen eine Erfüllung seiner Forderung „nur“ aus einem künftigen Jahresüberschuss (oder einem künftigen Bilanzgewinn) oder aus einem künftigen Liquidationserlös, ist die Verbindlichkeit in der Steuerbilanz aufzulösen. Allerdings ist dann eine „Umgliederung“ als Kapitaleinlage unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe oben).
  • Handelsbilanziell ist nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) gemäß dem handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip eine nachrangige Verbindlichkeit in der Handelsbilanz zu passivieren (Passivierungsgebot). Siehe ausführlich Oser, BC 2017, 123 ff., Heft 3.

Umgangen werden kann demzufolge die „befürchtete“ steuerbilanzielle Ausbuchung einer Darlehensverbindlichkeit in Verbindung mit einem Rangrücktritt des Gläubigers durch entsprechende Vertragsgestaltung: Die betreffende Vertragspassage ist zu ergänzen „unter Einbeziehung der Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen“. Der unten wiedergegebene Formulierungsvorschlag (vgl. Hoffmann, BC 2006, 50, Heft 3) für eine insolvenzrechtlich „ausreichende” Rangrücktrittserklärung ist dahingehend neutral gehalten („wie es zur Vermeidung einer Überschuldung … erforderlich ist”) und umfasst deshalb auch die Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen. 

 

 

 

 

Formulierungsvorschlag zur Rangrücktrittserklärung (Hoffmann, BC 2006, 50, Heft 3)

1Der Darlehensgeber tritt mit seinen Forderungen samt Zinsen und Nebenforderungen hiermit unwiderruflich hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger des Darlehensnehmers, die keinen Rangrücktritt erklärt haben („Vorrangforderungen”), in dem Umfang und so lange zurück, wie es zur Vermeidung einer Überschuldung des Darlehensnehmers erforderlich ist. Demgemäß kann der Darlehensgeber die Begleichung der Forderungen nur insoweit verlangen, wie entweder sämtliche Vorrangforderungen vollständig beglichen sind oder aber das nach Rückzahlung der Forderungen verbleibende Vermögen des Darlehensnehmers zur Begleichung sämtlicher Vorrangforderungen ausreicht.

2Soweit der Rangrücktritt gemäß Satz 1 reicht, sind die Forderungen des Darlehensgebers auf dem Rang des § 39 Abs. 2 InsO.

3Wenn die Rechtsprechung weitergehende Anforderungen an den Rangrücktritt stellen sollte, sind die Forderungen des Darlehensgebers abweichend von Satz 1 auf demjenigen Rang, der nach der Rechtsprechung erforderlich ist, um die Passivierung der Forderungen in der Überschuldungsbilanz des Darlehensnehmers zu verhindern.

 

 [Anm. d. Red.] 

 

 

BC 5/2019

 

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