Mieter-Portal Conny: Abtretung trotz rechtswidrigen Bestell-Buttons wirksam

Während erst kürzlich die 67. Zivilkammer des LG Berlin II wieder einmal ihre kritische Sichtweise auf das Mietrechtsportal Conny bekräftigte, sah es die 65. Kammer am selben Tag anders: Beide ziehen unterschiedliche Schlüsse aus ein und demselben EuGH-Urteil.

Der juristische Streit um die Zulässigkeit der Dienste des Mietrechts-Portals Conny beschäftigt weiter die Berliner Gerichte. In der Stadt mit einem der wohl schwierigsten Mietwohnungs-Märkte in Deutschland sowie einer flächendeckenden Mietpreisbremse bietet das Portal Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit, ihre Ansprüche abzutreten, um dann Conny deren Geltendmachung zu überlassen, Kosten fallen für Verbraucherinnen und Verbraucher nur im Erfolgsfall an. 

Das Geschäftsmodell hat neben Streitigkeiten um Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) auch zu Fragen in Bezug auf den Bestell-Button auf der Conny-Website geführt, die im Mai schließlich der EuGH aus europarechtlicher Sicht klärte. Vorgelegt hatte dem Gerichtshof den Streit die 67. Zivilkammer des LG Berlin II, mit der Conny seit Jahren im Clinch liegt. In diversen Streitigkeiten urteilte die Kammer bislang konsequent gegen das Portal und musste sich dafür auch schon vom BGH korrigieren lassen. Nach der EuGH-Entscheidung entschied die Kammer Anfang August erneut gegen den Mieter-Service, da sie davon ausging, dass wegen der unzulänglichen Bezeichnung des Bestell-Buttons nun die zugrundeliegende Abtretung der Ansprüche von Mieterinnen und Mietern an das Unternehmen unwirksam sei.

Zwei Kammern, zwei Meinungen, am selben Tag

Dass die Sicht der 67. Kammer auf das Mietrechtsportal nicht alle Richterinnen und Richter in der Hauptstadt teilen, unterstreicht nun noch einmal eine abweichende Entscheidung "aus dem eigenen Haus" - und dies sogar vom selben Tag. Die 65. Zivilkammer des LG Berlin II reagierte ebenfalls auf die Entscheidung aus Luxemburg, maß dieser allerdings ganz andere Bedeutung für den zu entscheidenden Rechtsstreit bei und gab Conny - wie schon zuvor das AG Wedding - Recht (Urteil vom 08.08.2024 - 65 S 35/24).

Im dem von der 65. Kammer entschiedenen Fall ging es darum, dass ein Mieter seinen Rückzahlungsanspruch wegen  überzahlter Miete an Conny abgetreten hatte. Das Vermieter-Unternehmen berief sich vor Gericht darauf, dass die Abtretung unwirksam sei und Conny damit die Ansprüche nicht geltend machen dürfe, da der Bestell-Button - noch vor der EuGH-Entscheidung - gegen europarechtliche Verbraucherschutzvorschriften verstoßen habe.

Nachdem der EuGH den ursprünglichen Bestell-Button von Conny tatsächlich beanstandete, weil dieser nicht klar genug auf eine etwaige Zahlungspflicht hinwies, zog die 65. Kammer - entgegen der Sichtweise der 67. - daraus jedoch nicht den Schluss, dass die Abtretung der Ansprüche an Conny hierdurch schwebend unwirksam würde. Dies zum einen schon deshalb, weil in dem Fall der Mieter die Abtretung im Nachhinein bestätigt hatte. Zum anderen stellte die Kammer sich aber auch auf den Standpunkt, dass Vermieterinnen und Vermieter sich in einem Rechtsstreit nicht auf Vorschriften berufen könnten, die Mieterinnen und Mieter in ihren Verbraucherrechten schützen sollten.

65. Kammer: Auf Verbraucherrecht kann sich nur der Verbraucher berufen

Erstens werde die Auslegung von Willenserklärungen nach nationalem Recht durch die fragliche EU-Richtlinie 2011/83 schon nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers nicht beeinflusst, so die Kammer, für die hier eine Einzelrichterin entschied. Zweitens schien es der Richterin widersinnig, dass sich ein Unternehmen, das mit dem Abtretungsvertrag zunächst einmal nichts zu tun habe - oder, wie die Juristin es formulierte: "ausgerechnet der, gegen den der Verbraucher seine ihm nach dem Gesetz zustehenden Rechte - zweifelsfrei - geltend machen und durchsetzen möchte", auf eine Verletzung von Verbraucherrechten in eben diesem Vertrag berufen könne. Und das "mit der Folge, dass der Verbraucherschutz – zu dem das Wohnraummietrecht gehört – nicht etwa gestärkt, sondern untergraben wird".

Soweit die Vorschrift des § 312j BGB, mit der die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde, nahelege, dass ein Vertrag durch einen Verstoß hiergegen pauschal unwirksam werde, sei dies richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass nur Verbraucherinnen und Verbraucher den Vertrag zu Fall bringen könnten, urteilte die 65. ZIvilkammer. 

Die Richterin wies damit die Berufung gegen das Urteil des AG Wedding zurück und ließ auch die Revision nicht zu.

Redaktion beck-aktuell, mam, 5. September 2024.