NEU ArbG Hannover Urt. v. 23.1.2024 – 1 Ca 121/23 | Den Einwand es Rechtsmissbrauchs erachtet die Kammer nicht für durchgreifend. Allein aus dem Umstand, dass der Kl. in mehreren Fällen seine gesetzlichen Rechte nach der DS-GVO wahrnimmt und dass es ihm dabei im Falle der Bekl. auch um Kenntnis der Ablehnungsgründe ging, folgt noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Dass der Kl. den Kostendruck ausnutzt, um einen Vergleich zu erzielen, lässt sich angesichts seiner Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags nicht erkennen. |
NEU VG Berlin Urt. v. 6.2.2024 – 1 K 187/21 | Dem damit dem Grunde nach bestehenden Anspruch des Kl. aus Art. 15 Abs. 1 iVm Abs. 3 S. 1 DS-GVO kann die Bekl. nicht mit Erfolg den Einwand der Unverhältnismäßigkeit oder des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten. Das Gericht verkennt nicht, dass mit der Zurverfügungstellung von Kopien aller in den Verwaltungsvorgängen der Bekl. enthaltenen Dokumente, in denen personenbezogene Daten des Kl. verarbeitet werden, nicht nur wegen der in jedem Einzelfall erforderlichen Prüfung entgegenstehender Rechte iSd Art. 15 Abs. 4 DS-GVO ein erheblicher Aufwand einhergeht. Aufgrund der Bedeutung des – grds. unbedingt gewährleisteten – Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO kommt eine Weigerung des Verantwortlichen, einem Auskunftsbegehren wegen des zu seiner Erfüllung zu treibenden unverhältnismäßigen Aufwandes Folge zu leisten, jedoch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, zB bei einem offenkundig groben Missverhältnis zwischen den zur Erfüllung des Auskunftsanspruches erforderlichen Anstrengungen und dem Informationsinteresse des Betroffenen. Diese Voraussetzung ist hier jedoch – trotz des großen Umfangs der durch die Bekl. zu sichtenden und vor einer Herausgabe an den Kl. ggf. zu anonymisierenden Akten – nicht erfüllt. Denn der Kl. hat unter Bezugnahme auf die besondere Schutzwürdigkeit seiner personenbezogenen Daten plausibel dargelegt, dass er vorrangig deren Weitergabe durch die Bekl. an Dritte nachvollziehen wolle, um diesen Dritten gegenüber eventuell die Löschung oder die Einschränkung der Verarbeitung der Daten geltend zu machen. Dem lässt sich allein dadurch Rechnung tragen, dass die Bekl. die betreffenden Dokumente in Kopie an den Kl. herausgibt; eine abstrakte Mitteilung der Empfänger der Daten ist nach dem oben Gesagten für die jeweils erforderliche Einzelfallprüfung nicht ausreichend. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs, an den gleichermaßen strenge Anforderungen zu stellen sind, greift vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht durch. |
NEU LG Köln, Teilurt. v. 15.2.2024 – 38 O 254/22 | Ausgehend hiervon bedarf keiner Erörterung, ob der Kläger im Hinblick auf Art. 12 Abs. 5 lit. b DS-GVO mit einem Anspruch ausgeschlossen wäre, weil er die Informationen nicht zur Verfolgung der in Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO genannten Zwecke begehrt, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, sondern einen anderen – datenschutzfremden, aber legitimen – Zweck verfolgt. |
NEU OLG München Endurt. v. 15.2.2024 – 14 U 1665/23e | Es kommt hinzu, dass der Kl. mit seiner Auskunftsklage datenschutzfremde Zwecke verfolgt, was dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz des Missbrauchsverbots zuwiderläuft. Sinn und Zweck von Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 DS-GVO ist es nicht, einem Versicherungsnehmer, der seine Unterlagen nicht aufbewahrt hat, die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen. Vielmehr bezweckt die DS-GVO eine effektive Kontrolle des jeweils Betroffenen darüber, welche Daten der Verantwortliche besitzt und was damit weiter geschieht, ggf. auch zur Durchsetzung persönlicher Rechte aus dem 3. Abschnitt (zB Löschungsansprüche). Die Klagepartei macht dem Datenschutz dienende Vorschriften auf eine Weise geltend, die nicht mit ihrem Zweck in Einklang steht: Ein Begehren auf nochmalige Überlassung der Mitteilungsunterlagen wird ins Gewand einer Auskunftsklage gekleidet in der „Absicht, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden“. Ein solches Verhalten ist „missbräuchlich“ iSd Rspr. des EuGH. |
NEU OLG Brandenburg Urt. v. 28.2.2024 – 11 U 161/23 = ZD 2024, 460 | Die Geltendmachung der Auskunft durch den Kl. scheitert schließlich auch nicht an Art. 12 Abs. 5 S. 2 DS-GVO. Zwar macht der Verordnungsgeber durch die Verwendung der Formulierung „insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung“ deutlich, dass die Vorschrift nicht nur die häufige Antragsstellung, sondern auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist. Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 DS-GVO ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden. Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DS-GVO soll der betroffenen Person ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann hier – anders als in einigen vom Senat früher entschiedenen Fällen zu Auskunftsklagen – von einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Auskunftsrechts nicht ausgegangen werden. Der Kl. hat mit der Berufung von der Stufenklage, mit der er nach Erlangung der Auskünfte vermeintliche Leistungs- und Feststellungsansprüche verfolgen wollte, Abstand genommen und die Klage auf die Auskunft zu bestimmten Daten beschränkt, so dass nicht mehr ohne Weiteres auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Kl. mangels Verknüpfung geschlossen werden kann, zumal er sein Auskunftsbegehren jederzeit geltend machen kann. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte erkennbar oder von der gem. Art. 12 Abs. 5 S. 3 DS-GVO beweisbelasteten Bekl. vorgetragen, die auf einen Missbrauch seines Auskunftsrechts schließen lassen könnten. |
NEU BGH Urt. v. 5.3.2024 – VI ZR 330/21 = ZD 2024, 392 mAnm Monral | Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergäbe, dass die Kl. – wie von der Revision behauptet -, mit dem geltend gemachten Anspruch einen dem Datenschutzrecht fremden Zweck verfolgt. IÜ besteht nach der Rspr. des EuGH die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person eine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann, wenn mit dem Antrag andere als die in Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO genannten Zwecke verfolgt werden. |
NEU FG Berlin-Brandenburg Urt. v. 20.3.2024 – 16 K 12118/21 | Auch wenn die Kl. das datenschutzrechtliche Regime dazu nutzen, Berechnungen zur Ermittlung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung nachzuvollziehen statt die in Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO genannten Ziele zu verfolgen, ist dies zumindest nicht derart missbräuchlich, als dass ihnen die Auskunft iSd Art. 15, 12 Abs. 5 S. 2 DS-GVO zu versagen wäre. Der BGH hat mit seinem Vorlagebeschluss v. 29.3.2022 – VI ZR 1352/20 [= ZD 2022, 497] dem EuGH u. a. die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 3 S. 1 DS-GVO im Lichte des Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO dahingehend auszulegen ist, dass der Verantwortliche nicht verpflichtet ist, eine Kopie zur Verfügung zu stellen, wenn der Betroffene die Kopie nicht zur Verfolgung der in Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO genannten Zwecke begehrt, sondern einen datenschutzfremden Zweck verfolgt. Der BGH vertritt die Auffassung, dass zumindest dann ein Auskunftsbegehren rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Betroffene mit seinem Begehren von der Rechtsordnung missbilligte Ziele verfolgt, arglistig oder schikanös handelt. Der EuGH selbst hat sich bisher zur Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsbegehrens nicht geäußert. Dass die Kl. allerdings nachvollzogen wissen wollen, wie der Bekl. im Einzelnen die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der AfA ermittelt hat, steht der Rechtsordnung nicht entgegen und betrifft auch keine von der Rechtsordnung missbilligten Zwecke. Eine Ausweitung der Annahme einer Missbräuchlichkeit dürfte dem Ziel der DS-GVO zum Schutz personenbezogener Daten widerstreben. |
NEU ArbG Mainz Urt. v. 8.4.2024 – 8 Ca 1474/23 | Der Kl. kann auch nicht verlangen, dass die Bekl. ihm eine „originalgetreue Kopie sämtlicher personenbezogener Daten“ herausgibt. Denn ungeachtet der im Kammertermin diskutierten Frage, was eine originalgetreue Kopie sein solle (Ausdruck, USB-Stick, Festplatte?) ist dieser Anspruch nach Auffassung der Kammer durch das zwischenzeitlich erteilte Auskunftsschreiben der Bekl. erfüllt. Denn dort ist ausgeführt, dass zur Person des Kl. die von ihm übermittelten Bewerbungsunterlagen gespeichert seien. Wenn die Bekl. jedoch nicht mehr gespeichert hat als das, was der Kl. ihr selbst übermittelte, der Kl. mit anderen Worten im Besitz der Originale ist, steht dem Begehren nach Erteilung einer Kopie iSv Art. 15 Abs. 3 DS-GVO der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen. |
NEU OLG Brandenburg Urt. v. 3.5.2024 – 11 U 19/24 | Die Geltendmachung der Auskunft durch die Kl. scheitert schließlich auch nicht an Art. 12 Abs. 5 S. 2 DS-GVO. Zwar macht der Verordnungsgeber durch die Verwendung der Formulierung „insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung“ deutlich, dass die Vorschrift nicht nur die häufige Antragsstellung, sondern auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist. Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 DS-GVO ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden. Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DS-GVO soll der betroffenen Person ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann hier – anders als in einigen vom Senat früher entschiedenen Fällen zu Auskunftsklagen – von einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Auskunftsrechts insoweit in dieser Fallkonstellation nicht ausgegangen werden. |