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Eichfeld, Die Haftung des Verkäufers für fehlende Datenschutzkonformität von „Waren mit digitalen Elementen"

Thomas Kranig war Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht in Ansbach und ist Mitglied des Wissenschaftsbeirats der ZD.

Matthias Eichfeld, Die Haftung des Verkäufers für fehlende Datenschutzkonformität von „Waren mit digitalen Elementen", Unter Einbeziehung der Änderungen durch die Umsetzung der Richtlinien (EU) 2019/770 und 2019/771, Baden-Baden (Nomos) 2022, ISBN 978-3-8487-8977-1, 94 EUR

ZD-Aktuell 2023, 04492   Die Dissertation von Matthias Eichfeld betrifft einen sehr weit verbreiteten Lebenssachverhalt, der im Bewusstsein von Normalverbrauchern vermutlich kaum wahrgenommen werden dürfte. „Waren mit digitalen Elementen“ (WdE) sind bewegliche körperliche Gegenstände, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitale Dienstleistungen nicht erfüllen können – so die Definition in Art. 2 Nr. 5 lit b RL (EU) 2019/771 des europäischen Parlaments und des Rates v. 20.5.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der VO (EU) 2017/2394 und der RL 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der RL 1999/44/EG (WK-RL). Das bedeutet: Die Funktionalität der Ware muss von den dazugehörigen digitalen Elementen abhängen. Waren mit digitalen Elementen sind damit zB Smart-Watch, Smart-TV, Smart-Home-Systeme, intelligente Kühlschränke oder auch vernetze Fahrzeuge (connected car).

Nach der Darstellung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorschriften für diesen Bereich stellt der Autor die Schnittstellen und Divergenzen von Datenschutz- und Vertragsrecht dar. Der anschließende Hauptteil des Buches (136 von 318 Seiten) befasst sich mit den schuldrechtlichen Strukturen im Kontext des Erwerbsvorgangs stellt eine intellektuelle Herausforderung für Datenschützer dar, die regelmäßig in grundrechtlichen Fragestellungen oder im öffentlichen Recht unterwegs sind. Nicht nur in diesem Kapitel, sondern an vielen Stellen in dem Buch wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Autor anhand konkreter Beispiele für bestimmte WdE´s die theoretischen Erörterungen plastischer dargestellt hätte.

Im letzten großen Kapitel des Buchs, das mit „Datenschutzkonforme Produktgestaltung als Bestandteil der vom Verkäufer geschuldeten Leistung“ überschrieben ist, behandelt der Autor die Frage, welche Bedeutung die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften für die Beurteilung der Frage, ob ein Mangel der WdE vorliegt, hat. Ausgehend von den beiden Extrempositionen, dass ein Mangel nur dann vorliegt, wenn konkrete Vereinbarungen darüber getroffen wurden, dass das Produkt datenschutzrechtliche Vorgaben einhält, und auf der anderen Seite, dass ein Mangel immer dann vorliegt, wenn irgendeine datenschutzrechtliche Anforderung nicht erfüllt ist, weist der Autor mit Recht darauf hin, dass ein ganz wesentliches Problem darin zu sehen ist, dass datenschutzrechtliche Normen und insbesondere die Bestimmungen der DS-GVO häufig von erheblichen praktischen Gestaltungsspielräumen geprägt sind. Nach Prüfung zahlreicher sonstiger Kriterien für die Bestimmung eines Sachmangels kommt der Verfasser zum Ergebnis, dass jedenfalls dann, wenn ein Verstoß gegen materielle Datenschutzvorschriften vorliegt, ein Sachmangel gegeben ist. Gegen Ende des Buchs setzt sich der Verfasser noch mit der Frage der Beweislast auseinander und stellt dabei fest, dass angesichts der allein auf digitaler Ebene und damit für den Nutzer weitgehend verborgen ablaufenden Datenverarbeitungsprozessen bei Waren mit digitalen Elementen dem Nutzer eine erhebliche praktische Hürde im Hinblick auf den substantiierten Nachweis einer datenschutzwidrigen Produktgestaltung als mangelbegründenden Umstand erwachsen kann.

Die in dem Buch behandelten Fragestellungen hätten im Hinblick auf die millionenfach verkauften WdE eine ganz besondere Relevanz, wenn für die Käufer und Nutzer der Datenschutz auch tatsächlich eine Relevanz hätte. In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass dann, wenn das Produkt attraktiv genug ist, wie zB Fitnesstracker oder Smartwatches, datenschutzrechtliche Fragestellungen im Verhältnis von Hersteller und Verkäufer zu Kunde und Nutzer nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich bei dem Buch um eine sehr anspruchsvolle vertiefte Auseinandersetzung mit Rechtsfragen handelt, die im Hinblick auf die starke Verbreitung von WdE eine sehr große Bedeutung haben.

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