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Oberstaatsanwalt Kai Sackreuther | Jun 30, 2023
Im Juni 2021 nahm die Europäische Staatsanwaltschaft ihre Arbeit auf. Die seither in den Jahresberichten veröffentlichten Ermittlungsergebnisse lesen sich beeindruckend. Auch in den Medien werden spektakuläre Zugriffe berichtet, so z.B. die im November 2022 vollzogene Operation „Admiral“. Die Erfahrungen, die im Zuge von unmittelbaren und mittelbaren Verfahrenskontakten gewonnen werden konnten, bestätigen diesen Eindruck. Vergleicht man die eigenen Erfahrungen aus Ermittlungsverfahren in grenzüberschreitenden Fällen der organisierten Umsatzsteuerkriminalität mit den Ergebnissen der Kooperation zwischen den Delegierten Europäischen Staatsanwälten und Staatsanwältinnen der einzelnen Mitgliedstaaten, erweisen sich diese – trotz aller bisherigen Erleichterungen im europäischen Rechtshilfeverkehr – als weitaus schneller und effektiver. Anstelle des – in diesem Zusammenhang anderweitig durchaus zutreffend beschriebenen – Tretrollers, auf dem die Ermittlungsbehörden bisher den Organisatoren des Mehrwertsteuerbetrugs nacheilten, konnte offensichtlich auf ein leistungsstärkeres Fahrzeug umgesattelt werden. All dies ist uneingeschränkt zu begrüßen.
Die Europäische Generalstaatsanwältin Laura Codruța Kövesi kommt gleichwohl im Vorwort zum Jahresbericht 2022 zu dem Ergebnis, dass organisatorische und rechtliche Anpassungen benötigt werden, wenn die EUStA dauerhaft etwas bewirken soll. Aus Sicht der nationalen Strafverfolgung ist diese Feststellung dahingehend zu konkretisieren, dass auf Ebene der deutschen Fahndungsbehörden auf die gesteigerten Anforderungen reagiert werden muss, die aus der Bearbeitung der EUStA-Fälle resultiert. Vollkommen zu Recht werden seitens der Kolleginnen und Kollegen der nationalen Zentren der EUStA bestimmte Anforderungen an die qualitative und quantitative Aufstellung der Fahndungsteams, die die dort angesiedelten Verfahren bearbeiten, gestellt. Den Anforderungen wird versucht zu entsprechen. Dies aber auf Kosten der Fahndungskapazitäten, die für die Ermittlung der nicht grenzübergreifenden Fälle verbleiben. Mögen auch nicht grenzübergreifende Sachverhalte im Einzelfall hinter den Schadenssummen der großen „internationalen“ Fälle zurückbleiben: bekanntermaßen macht aber auch Kleinvieh Mist, den es wegzuräumen gilt, will man nicht darin versinken.