CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
Banner Jubiläumslogo

Illegaler Welpenhandel als Organisierte Wirtschaftskriminalität

Von Prof. Dr. Jens Bülte, Universität Mannheim

Die EU-Kommission hat den betrügerischen Handel mit Hunde- und Katzenwelpen bereits 2021 als Erscheinungsform der Organisierten Kriminalität eingestuft (COM/2021/170 final). Im Report „Illegal trade of cats & dogs EU enforcement action“ hat sie diese Straftaten nicht nur als Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier beschrieben, sondern auch für Zucht und Handel mit diesen Tieren im Allgemeinen. Diese Bewertung mag auf den ersten Blick überraschen, hat man möglicherweise bei diesem Phänomen Täter vor Augen, die vereinzelt und unorganisiert einzelne oder kleine Gruppen von Tieren über die Grenze bringen, um sie hier mehr oder weniger zufällig auf Parkplätzen aus dem Kofferraum an Gutgläubige zu verkaufen.

Diese Fälle gibt es nach wie vor, doch stehen dem gut organisierte Banden gegenüber: Sog. Vermehrer – oft in osteuropäischen Ländern oder Drittstaaten – beuten Muttertiere mit der „Herstellung“ einer Vielzahl von Würfen aus und trennen die Tiere i.d.R. viel zu früh von Mutter und Wurfgeschwistern. Die Welpen erkranken oft schwer und werden auf gefährliche Transporte geschickt, ohne Transportsicherung, in dunklen und zu kleinen Boxen, ungeeigneten Fahrzeugen, ohne Wasser, Futter, Pflege und Einreisedokumente. Manche Tiere sterben auf dem Weg, manche unter den unsäglichen Haltungsbedingungen bei den gewerblichen Bestellern in Deutschland. Die oftmals schwer kranken Welpen werden mit ungeeigneten Arzneimitteln scheinbar „fit gemacht“, um sie als gesund an Leichtgläubige zu verkaufen. Nicht selten sind Tierärzte involviert, die Impfpässe ausstellen oder Medikamente besorgen. Die Gewinnmargen sind hoch, weil die Tiere günstig gekauft, transportiert und gehalten, dann aber teuer verkauft werden.

Der Blick auf dieses Phänomen zeigt alle möglichen Formen der (Wirtschafts-)Straftaten: Tierquälerei durch zu frühe Trennung, Transport und Haltung, banden- und gewerbsmäßiger Betrug durch den Verkauf, Urkundendelikte bei der Herstellung der Impfpässe etc., Hinterziehung von Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer durch unterlassene Deklaration der Einkünfte, Geldwäsche durch Verwendung der Erlöse, Sozialbetrug und eine Reihe von Ordnungswidrigkeiten. Allein der Transport eines zu früh von der Mutter getrennten Welpen erfüllt regelmäßig sechs Ordnungswidrigkeiten gleichzeitig.

Die Veterinärämter bekämpfen den illegalen Welpenhandel schon seit längerem, oft auf verlorenem Posten, ohne Personal und hinreichende Unterstützung. Das Landgericht Köln hat jedoch eine Tätergruppe zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt (Urt. v. 5.4.2022 – 116 Kls 4/21). Der Strafverfolgung in Nordrhein-Westfalen ist das Problem bewusst geworden; sie geht auch durch eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Dortmund verstärkt gegen diese Form der Wirtschafts-OK vor. Im Tierschutzstrafrecht scheint es das Vermögensstrafrecht und konsequente Abschöpfung richten zu sollen; wenn das den Tierschutz voranbringt, ist es gut so. 

Menü