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Überfällig: Entkriminalisierung des Wirtschaftsstrafrechts durch Tätige Reue

Von RA Prof. Dr. Tido Park, Dortmund
Der Ruf nach mehr Effizienz in der Strafverfolgung ertönt laut – nicht zuletzt im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Die Ermittlungsbehörden sind chronisch überlastet, komplexe Verfahren binden Ressourcen über Jahre hinweg, und am Ende verlaufen viele Verfahren trotz aufwändiger Ermittlungen nicht selten im Sande. Man denke nur an die zunehmenden § 266a StGB-Verfahren, bei denen nach oft jahrelangen Ermittlungen am Ende von den anfänglichen Vorwürfen häufig allenfalls ein Bruchteil übrig bleibt. In dieser Gemengelage stellt sich die Frage, ob nicht eine gezielte Entkriminalisierung zur Entlastung der Ermittlungsbehörden und Gerichte beitragen und gleichzeitig einen höheren Beitrag zur Schadenswiedergutmachung leisten könnte.
Ein Modell, das eine nähere Betrachtung verdient, findet sich in Österreich: Etwas vereinfacht gesagt, sieht § 167 ÖStGB für bestimmte Delikte insbesondere (aber nicht ausschließlich) aus dem Vermögens- und Eigentumsbereich eine Straflosigkeit vor, wenn der Täter den verursachten Schaden noch vor behördlicher Kenntniserlangung vollständig wiedergutmacht. Diese Regelung beruht auf einem pragmatischen Gedanken: Wer freiwillig und rechtzeitig seine Verfehlung erkennt und korrigiert, soll nicht bestraft, sondern zur aktiven Schadenskompensation motiviert werden. Wird dadurch ein nachhaltiger Schadenseintritt verhindert, tritt das Ahndungsbedürfnis bezüglich des verwirklichen Handlungsunrechts zurück.
Übertragbar wäre dieses Modell in Deutschland auf einen Kreis wirtschaftsstrafrechtlicher Vergehen insbesondere aus dem Bereich der Untreue- und Betrugsdelikte, sofern keine organisierte oder gewerbsmäßige Begehung vorliegt. Die Voraussetzung sollte grundsätzlich jeweils eine freiwillige, vollständige Schadenswiedergutmachung vor Entdeckung der Tat sein – dokumentiert, nachvollziehbar und ohne taktisches Zuwarten.
Ein solches Instrument würde die Strafverfolgungsbehörden entlasten, eine sinnvolle Ressourcenverteilung ermöglichen, die Justiz effizienter machen und zugleich einen echten Anreiz für Täter schaffen, Verantwortung zu übernehmen, bevor der Staat aktiv wird. Auch dem häufig vorrangigen Interesse der Geschädigten an schneller Wiedergutmachung statt langwieriger Prozesse mit ungewissem Ausgang würde dadurch Genüge getan.
Ein auf dem Gedanken der tätigen Reue fußendes Strafverzichtsmodell nach österreichischem Vorbild wäre somit nicht nur kriminalpolitisch überlegenswert, sondern auch ein Schritt hin zu einem funktionaleren, opferorientierten Wirtschaftsstrafrecht.
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