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Keine Rechtssicherheit bei der Betriebsratsvergütung

Von Prof. Dr. Andreas Mosbacher, Richter am Bundesgerichtshof, Leipzig

Die Grundsatzentscheidung des BGH in Sachen VW-Betriebsrat (Urt. v.10.1.2023 – 6 StR 133/22, NZWiSt 2023, 195 mAnm Klose; Mosbacher CCZ 2023, 45) hat die Debatte um die Vergütung langjährig freigestellter Betriebsräte nicht beendet. Das Gesetz macht es dabei Unternehmen nicht leicht: Betriebsratstätigkeit ist ehrenamtliche Tätigkeit (§ 37 Abs. 1 BetrVG). Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen weder weniger noch mehr verdienen als das, was sie ohne Amt verdienen würden. Es gilt ein Benachteiligungs- und ein Begünstigungsverbot (§ 78 S. 2 BetrVG). Bei langjähriger Freistellung muss sich ihr Entgelt mindestens wie das vergleichbarer Arbeitnehmer entwickeln (§ 37 Abs. 4 BetrVG). Der BGH hat hierzu sehr restriktive Vorgaben gemacht. Nach der gesetzlichen Konzeption gibt es nur eine richtige Vergütungshöhe. Bei bedingt vorsätzlicher Über- oder Unterzahlung macht sich der Arbeitgeber nach § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG strafbar.

Da es sich bei § 119 BetrVG um ein absolutes Antragsdelikt handelt, liegen die eigentlichen strafrechtlichen Risiken woanders: In Höhe der Überzahlung darf die Betriebsausgabe nicht steuermindernd abgesetzt werden (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG), sonst liegt bei bedingtem Vorsatz Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) vor. Jede Vereinbarung einer Überzahlung von Betriebsräten ist nach § 134 BGB nichtig. Wer Betriebsräte um ihrer Tätigkeit willen bedingt vorsätzlich überbezahlt, macht sich nach § 266 StGB wegen Untreue strafbar. Wird später eine Überzahlung erkannt, muss das Entgelt reduziert werden. Frühere Überzahlungen müssen ggfs. zurückgefordert werden, ohne dass dem § 817 S. 2 BGB entgegenstünde. Alte Steuererklärungen müssen u.U. nach § 153 Abs. 1 AO – anderenfalls eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO droht – berichtigt werden.

Die VW AG hat in der Folge der Entscheidung zahlreichen Betriebsräten ihr Entgelt gekürzt. Auf deren Klage hat nunmehr schon zum 18. Mal ein Arbeitsgericht die Kürzung für unrechtmäßig erklärt (vgl. Beck-aktuell v. 18.10.2023). Bei der Rückzahlungsfrage verweigern Instanzgerichte dem BAG die Gefolgschaft. Für Unternehmensverantwortliche ist diese Situation kaum mehr händelbar – der Gesetzgeber ist gefragt!

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