Von Dr. Thomas Rompf, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Berlin
Der Schutz vor Korruption ist ein gesellschaftliches
Anliegen im Interesse des Rechtsfriedens und der Minimierung von Schäden. Dem
trägt das Hinweisgebergesetz seit dem 2. Juli 2023 Rechnung, stellt damit aber
gleichermaßen Unternehmen und die Verwaltung vor enorme Herausforderungen,
zumal die Normadressaten ihrerseits bei Nicht- oder Falscherfüllung dieser
Standards wiederum von Sanktionen betroffen sein können. Steht das „Ob“ der
Einführung eines Hinweisgeberschutzsystems für Unternehmen und die Verwaltung
nicht zur Disposition, eröffnet das Gesetz hinsichtlich der Umsetzung einige
Entscheidungsspielräume von rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher
Tragweite. In diesem Zusammenhang sind auch angrenzende Rechtsgebiete wie das
Arbeitsrecht oder das Recht des Datenschutzes betroffen. Der Hinweisgeberschutz
soll den bisherigen Konflikt zwischen der Loyalität gegenüber dem Arbeit- und
Dienstgeber einerseits und der Aufdeckung von Rechtsverstößen beseitigen.
Hierzu genießen die Hinweisgeber Schutz vor Repressalien, wobei die Kausalität
zwischen einem Hinweis und einer Benachteiligung vermutet wird und nur vom
Arbeit- bzw. Dienstgeber widerlegt werden kann. Dies erfordert absolute
innerbetriebliche Vertraulichkeit.
Gerade auch im Hinblick auf diese Verpflichtungen
steht zu Beginn die Frage, ob die zu errichtende Stelle intern eingerichtet
oder ein externer Dritter (Rechtsanwalt, Ombudsmann etc.) damit beauftragt wird.
Entscheidungskriterien dürften in diesem Zusammenhang das Vorhandensein räumlicher
und personeller Ressourcen sowie Expertise, technischer Infrastrukturen und die
erwartete Akzeptanz des einen oder anderen Modells bei den Mitarbeitern sein.
Bei einer internen Lösung bedarf es insoweit einer Weisungsunabhängigkeit des
Personals der Hinweisgeberstelle, was in der Regel arbeitsvertragliche
Änderungen erfordert. Eingangsbestätigung und Rückmeldungen an die Hinweisgeber
sowie etwaige Nachfragen erfordern umfangreiche datenschutzrechtliche Konzepte;
so muss ausgeschlossen sein, dass eine E-Mail nicht an ein Postfach gesendet
wird, auf das auch andere Personen Zugriff haben. Anrufe sind im Hinblick
darauf, dass der Angerufene nicht alleine im Büro sitzt, riskant. Gleichermaßen
muss jedwede Dokumentation vor dem Zugriff Dritter geschützt sein; die
dauerhafte Aufzeichnung (fern)mündlich eingegangener Hinweise bedarf der
Einwilligung des Hinweisgebers. Auf die
Fragen der betrieblichen Mitbestimmung sei nur hingewiesen.
Insbesondere im Zusammenhang mit der Entscheidung, ob
auch anonyme Hinweise angenommen werden sollte, steht die Definition eines –
ggf. über den Kreis der Mitarbeiter hinausgehenden – Personenkreises, der zur
Erstattung von Hinweisen berechtigt ist. Zur Berücksichtigung anonymer Hinweise
bedarf es zudem weiterer datenschutzrechtlich abgesicherter Eingangswege.
Die Herausforderungen für einen guten Zweck sind groß.
Der Schutz vor Diskriminierung und die Vermeidung von Korruption sollten diesen
Aufwand wert sein.