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Wirtschaftsethik – nur eine Schönwetterveranstaltung?

Von Prof. Dr. Dr. Peter Fonk, em Prof. für Theologische Ethik an der Universität Passau

Im Windschatten bedenklicher Vorkommnisse hat sich eine Teildisziplin der Ethik etabliert, der noch bis vor wenigen Jahrzehnten kaum Beachtung geschenkt wurde – die Wirtschaftsethik. Die praktischen Anlässe sind hinlänglich bekannt: Umweltverschmutzung, Korruptionsaffären, Bilanzfälschungen, unlauteres Geschäftsgebaren, Mobbing am Arbeitsplatz, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt die in ständig neuen Varianten auftretenden Gesundheitsgefährdungen von Konsumenten, die etwa in aufgedeckten Lebensmittelskandalen an Licht gebracht werden. Vielen Verantwortungsträgern in Ökonomie und Politik ist inzwischen klar, dass die Frage nach der Ethik in der Wirtschaft nicht auf einen Randschauplatz der akademischen Betrachtung verbannt werden darf. Das Lebens selbst mahnt eine Auseinandersetzung mit ethischen Fragen an, der sich auch die volks- und betriebswirtschaftliche Praxis nicht verschließen darf.

 

Die praktische Relevanz der Wirtschaftsethik kommt in drei Formen zum Ausdruck, die auf jeweils unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind und noch einmal differenziert werden müssen. Wirtschaftsethik im engeren Sinne manifestiert sich auf der Makroebene und befasst sich mit Rahmenordnungen und übergreifenden Standards. Dort sind beispielsweise Themen wie Steuergerechtigkeit und Armutsbekämpfung angesiedelt. Auf der Mesoebene wird sie als Unternehmensethik wirksam, die sich mit Fragen der Integrität, Unternehmenskultur und Leitbild bzw. Wertecharta befasst. Auf der Mikroebene tritt sie als Individualethik auf, welche sich an die Person als Träger von Entscheidungen richtet und deren persönliche Verantwortung und Vorbildfunktion in den Blick nimmt.

 

Es ist also – um sich schwerpunktmäßig der Mesoebene zuzuwenden – nicht die einzige Aufgabe von Unternehmen, Gewinne zu generieren oder zu maximieren; denn Unternehmen operieren immer im Kontext einer wertebeladenen Rahmenordnung. Ökonomische Effizienz und ethische Legitimation spielen gleichermaßen eine zentrale Rolle und sollten daher Hand in Hand gehen. Um dieses Gleichgewicht zu gewährleisten, genügt es nicht, an das Gewissen der einzelnen Verantwortungsträger zu appellieren, weil institutionelle Systeme für moralische Appelle nicht empfänglich sind. Moral hat in der Wirtschaft nur dann eine Chance, wenn sie sich rechnet oder Gesetz ist, sodass im Falle eines Verstoßes gegen geltende Moralstandards Sanktionen verhängt werden können. In diesem Fall kann das Strafrecht die Durchsetzbarkeit der Ethik wirksam unterstützen.

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