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Wirtschaftsstrafrecht und Nebenklage

Von Prof. Dr. Tido Park, Rechtsanwalt

Zu diversen Aspekten der Nebenklage findet sich jede Menge Literatur – insbesondere zu den diversen gesetzgeberischen Reformen der letzten Jahrzehnte, zu den Anschlussvoraussetzungen, zur Rolle des Nebenklägers bzw. Nebenklagevertreters im Strafprozess und zu dessen prozessualen Befugnissen. Die allermeisten dieser Beiträge befassen sich mit der Nebenklage im Allgemeinen, nicht jedoch mit spezifischen Fragestellungen der Nebenklage im Wirtschaftsstrafverfahren. Nur äußerst vereinzelt finden sich Ausnahmen (vgl. etwa Bock FS Wessing, 2015, 157 ff.) Auf den ersten Blick mag dies folgerichtig erscheinen, geht die gesetzliche Konstruktion des Nebenklagerechts doch davon aus, dass in erster Linie traumatisierte Tatopfer, die durch gegen höchstpersönliche Rechtsgüter gerichtete Aggressionsdelikte verletzt worden sind, zum Nebenklageanschluss berechtigt sein sollen. Mit Ausnahme einiger ausgewählter Sondertatbestände wie des Geschäftsgeheimnisverrats gem. § 23 GeschGehG (die sich in dieses gesetzgeberische Konzept nicht schlüssig einfügen, obwohl sie in § 395 Abs. 1 Nr. 6 StPO genannt sind, vgl. Barton StRR 2009, 404 [405]), berechtigen Wirtschaftsstraftaten nur über die Generalklausel des § 395 Abs. 3 StPO zum Nebenklageanschluss. Voraussetzung ist danach, dass der Anschluss nach Auffassung des zuständigen Gerichts aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung der Interessen des (mutmaßlich) Verletzten geboten erscheint. In der Praxis sind die Gerichte mit der Zulassung einer Nebenklage gem. § 395 Abs. 3 StPO bei Wirtschaftsdelikten wie Untreue- und Betrugsstraftaten erfahrungsgemäß tendenziell sehr zurückhaltend. Aber sind die derzeitige gesetzliche Ausgestaltung der Anschlussvoraussetzungen und deren praktische Handhabung wirklich sinnvoll? Abgesehen von der Inkonsistenz der derzeitigen gesetzlichen Anschlussberechtigung erscheint die Frage, inwieweit auch in Wirtschaftsstrafverfahren ein Nebenklageanschluss sinnvoll oder gar geboten erscheint, durchaus einer näheren Betrachtung wert. Möglicherweise ist das gesetzgeberische Bild des „idealtypischen“ (Aggressionsdelikts-)Opfers zu überdenken und um bestimmte – vielleicht typisierte – Tatopfer von Wirtschaftsstraftaten zu erweitern. Auch mag sich die Frage stellen, ob eine Nebenklage nicht gerade in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren zur Verfahrensförderung beitragen kann. Es wäre zu wünschen, dass sich Wissenschaft und Rechtspolitik dieser Thematik vermehrt annehmen.

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