Galeria - NZI 24/2022
RA Hans-Gerd H. Jauch, Köln
„Ich muss auch sagen, dass mir die Mitarbeiter wirklich leid tun“, heißt es am Ende der aktuellen Folge von „Macht & Millionen“, des Podcasts des Business Insiders über Galeria. Sie hätten mit wiederholten Lohnverzichten wesentliche Beiträge für den Fortbestand der Kaufhauskette geleistet, viele halten sie gar für die eigentlichen Leidtragenden unter „dem Blender Middelhoff, dem Möchtegern- Gutmenschen Berggruen und dem zwielichtigen Benko“. Das Kaufhauskonzept war indes schon 2009 bei der ersten Insolvenz von Karstadt erledigt.

Die Händler auf der grünen Wiese und die am Stadtrand gelegenen Einkaufscenter versetzten ihm den ersten Stoß. Es folgten die Marken- Produzenten, die eigene Läden in den Städten eröffneten. Der Magnet Media und Musik wanderte aus der obersten Etage der Kaufhäuser zu Saturn und Mediamarkt. Einziger verbliebener Anlass, sich heute in einem Kaufhaus bis in den vierten Stock hochzuarbeiten, ist die listig dort angesiedelte Kundentoilette. Der Onlinehandel gibt den Kaufhäusern inzwischen den Rest, beflügelt durch die Lockdownpolitik anlässlich COVID-19.
Bezahlen die Arbeitnehmer jetzt die Zeche? In der Karstadt Insolvenz 2009 bezahlten sie die Insolvenzgläubiger mit einem 95-prozentigen Ausfall auf 1.3 Mrd. EUR Forderungen. Eine der reichsten Frauen Deutschlands, Madeleine Schickedanz, verlor ihr Vermögen einschließlich ihrer Villen. Die knapp 50% freier Aktionäre an der Muttergesellschaft Arcandor halten nur noch Pennystocks. Die größte Privatbank Europas, Sal. Oppenheim, ging unter. Der PSV hat bei Karstadt knapp eine halbe Milliarde ungesicherte Pensionen zu stemmen. Die Insolvenzgeldkasse wurde mit reichlich 100 Mio. EUR belastet.
Die zweite Insolvenz, das Schutzschirmverfahren 2020 über die inzwischen unter Galeria fusionierten Karstadt und Kaufhof, hat die Gläubiger angabegemäß rund 2 Mrd. EUR gekostet. Wieder dabei PSV und Insolvenzgeldkasse. Seitdem sind on top 680 Mio. EUR aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in das Fass geflossen, die größtenteils abzuschreiben sein werden. Jetzt geht es den Gläubigern erneut an den Kragen und die Insolvenzgeldkasse ist das dritte Mal mit einem Quartal Lohnzahlungen mit von der Partie. Sie dürfte sich über die drei Insolvenzen inzwischen ebenfalls Ausgaben von 1 Mrd. EUR nähern.
Die Mitarbeiter, die sich trotz aller Stürme während der letzten 20 Jahren halten konnten, hatten trotz des ein oder anderen überschaubaren Verzichts nicht das schlechteste Los gezogen, wenn man auf die zahlreichen milliardenschweren Beiträge aller übrigen Beteiligten blickt. Der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz sagte, das Ziel müsse sein, „eine aus sich selbst heraus lebensfähige Struktur zu schaffen.“ Schlecker und der erste Galeria-Insolvenzplan mit denselben Beteiligten haben gezeigt, dass das nicht einfach ist. Zumal den Auftraggeber Benko primär weiterlaufende Mieten interessieren dürften.