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Litauen durfte Dritten einer Auswahlliste für EU-Richteramt vorschlagen

EuGH
EU-Rich­ter müs­sen un­ab­hän­gig und fach­lich be­son­ders qua­li­fi­ziert sein. Er­füllt ein Be­wer­ber dies, ist es laut EuGH un­schäd­lich, wenn ein Mit­glied­staat ihn vor­schlägt, ob­wohl er auf einer von einer na­tio­na­len Grup­pe un­ab­hän­gi­ger Sach­ver­stän­di­ger er­stell­ten Liste nicht der best­plat­zier­te Be­wer­ber ist.

Die litauische Regierung veröffentlichte eine Ausschreibung für einen Richterposten am EuG und legte ein Verfahren zur Auswahl eines Bewerbers fest. Als Teil des Verfahrens erstellte eine mehrheitlich aus unabhängigen Sachverständigen bestehende Arbeitsgruppe eine Rangliste der Bewerber. Die litauische Regierung überging den am höchsten eingestuften Bewerber und schlug die zweitplatzierte Person vor. Diese jedoch lehnte der so genannte 255er-Ausschuss (benannt nach Art. 255 AEUV ) ab, so dass die litauische Regierung auf den Drittplatzierten zurückgriff, der den Richterjob schließlich bekam.

Die Nr. 1 auf der Rangliste war hiermit nicht einverstanden und begehrte von einem litauischen Gericht, die Vorschlagsentscheidungen der litauischen Regierung für nichtig zu erklären. Das Gericht legte die Sache dem EuGH vor.

Dreistufiges Verfahren soll Unabhängigkeit und Geeignetheit sicherstellen

Der stellte zunächst klar: Die materiellen Voraussetzungen und die Verfahrensmodalitäten für die Ernennung von Richtern des EuG müssten so ausgestaltet sein, dass bei den Rechtssuchenden kein Zweifel daran verbleibt, dass die Richter unabhängig und fachlich geeignet sind. Zu diesem Zweck sei es unter anderem erforderlich, die Integrität des gesamten Verfahrens zur Ernennung der Richter des Gerichts und damit des Ergebnisses dieses Verfahrens zu gewährleisten. Das gelte für jede der drei Stufen des Ernennungsverfahrens: die – erste – nationale Stufe des Vorschlags eines Bewerbers, die zweite Stufe der Beteiligung des "255er-Ausschusses" und die dritte Stufe, den Ernennungsbeschluss der Regierungen der Mitgliedstaaten.

Der EuGH sah hier keinen Grund, das Verfahren der ersten Stufe in Litauen zu beanstanden. Die bloße Tatsache, dass die litauische Regierung nicht den bestplatzierten Bewerber ausgewählt habe, reiche nicht für die Schlussfolgerung aus, dass der ausgewählte Bewerber die Anforderungen, die das EU-Recht an Unionsrichter stellt, nicht erfüllt. Denn es komme den einzelnen Mitgliedstaaten zu, die Verfahrensmodalitäten für den Vorschlag eines Bewerbers zu regeln. Daher stehe es jedem Mitgliedstaat frei, ob er ein Verfahren für die Auswahl und den Vorschlag eines Bewerbers festlegt.

Auch bei der zweiten Stufe unter Beteiligung des 255er-Ausschusses gehe es darum, ob der von der nationalen Regierung vorgeschlagene Richter die Voraussetzungen erfüllt, die der AEUV an die Unabhängigkeit und fachliche Geeignetheit der EU-Richter stellt. Das müsse der Ausschuss vor seiner Stellungnahme prüfen. Ähnliches gelte auf der dritten Stufe: Auch die Regierungen der Mitgliedstaaten, die den Vorgeschlagenen letztlich zum Richter ernennen, müssten dabei von dessen Unabhängigkeit und fachlicher Geeignetheit überzeugt sein. Sobald der Bewerber ernannt sei, werde er nämlich Richter der Union, unterstreicht der EuGH (Urteil vom 29.07.2024 – C-119/23). Er vertrete dann nicht den Mitgliedstaat, der ihn vorgeschlagen hat.

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