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Kartellrechtliche Schadensersatzklage: Verjährungsfrist beginnt mit Ende und Kenntnis des Verstoßes

EuGH
Die Ver­jäh­rungs­frist für kar­tell­recht­li­che Scha­dens­er­satz­kla­gen kann erst dann zu lau­fen be­gin­nen, wenn der Wett­be­werbs­ver­stoß be­en­det ist und der Ge­schä­dig­te Kennt­nis von den für eine Kla­ge­er­he­bung not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen, ins­be­son­de­re des Ver­sto­ßes, er­langt hat.

Die tschechische Preisvergleichsplattform Heureka verlangt von Google Schadensersatz. Sie stützt sich dabei auf einen Beschluss der Europäischen Kommission, wonach Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe, um seinen eigenen Preisvergleichsdienst zu bevorzugen. Die Klage von Google gegen den Beschluss und die damit verhängte Geldbuße von 2,5 Milliarden Euro wies das EuG 2021 ab; EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott hat Anfang dieses Jahres in ihren Schlussvorträgen vorgeschlagen, die Geldbuße zu bestätigen.

Das tschechische Gericht, das über die Heureka-Klage entscheiden muss, rief den EuGH an. Für die Klage ist noch die frühere tschechische Verjährungsfrist maßgeblich, die vor der – verspäteten – Umsetzung der Kartellschadensersatz-Richtlinie 2014/104/EU galt. Sie beträgt drei Jahre und beginnt mit der Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schuldner zu laufen. Das tschechische Gericht wollte wissen, ob die Verjährungsregelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Laut EuGH ist sie das nicht (Urteil vom 18.04.2024 - C-605/21). Sie erschwere es übermäßig, kartellrechtlichen Schadensersatz zu erhalten. Auch vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie habe das Unionsrecht schon verlangt, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn der Wettbewerbsrechtsverstoß beendet ist und der Geschädigte Kenntnis von den für eine Klageerhebung notwendigen Informationen erlangt hat, insbesondere vom Verstoß. Diese beiden Voraussetzungen seien erforderlich, damit der Geschädigte tatsächlich in der Lage ist, sein Recht auf vollständigen Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht geltend zu machen. Ausreichende Kenntnis erlange der Geschädigte in der Regel mit der Veröffentlichung der Zusammenfassung des Kommissionsbeschlusses im Amtsblatt – bestandskräftig müsse dieser noch nicht sein. Der Geschädigte könne seine Schadensersatzklage auf einen solchen Beschluss stützen.

Ferner müsse es während der Untersuchung der Kommission eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung geben, um zu verhindern, dass die Verjährungsfrist ablaufen könne, noch bevor diese Untersuchung abgeschlossen sei. Wegen der Schwierigkeiten für den Geschädigten, einen Wettbewerbsrechtsverstoß zu beweisen, müsse er den Untersuchungsabschluss abwarten können, um seine spätere Schadensersatzklage auf einen Kommissionsbeschluss stützen zu können. Zudem sehe die Richtlinie 2014/104/EU nun vor, dass die Verjährungsfrist zumindest für die Dauer eines Jahres gehemmt wird, nachdem die Entscheidung der Kommission über den Verstoß bestandskräftig geworden ist (Urt. v. 18.4.2024 C‑605/21). 

 

Aus der Datenbank beck-online

EuGH, Zum Missbrauch durch Selbstbevorzugung, NZKart 2024, 121

EuGH, Zum zeitlichen Geltungsbereich der Schadensersatzrichtlinie, NZKart 2022, 392

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