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EuG kippt Sanktionsbeschlüsse gegen zwei russische Oligarchen

EuG
Das EuG hat zwi­schen Fe­bru­ar 2022 und März 2023 ge­trof­fe­ne EU-Sank­ti­ons­be­schlüs­se gegen die bei­den rus­si­schen Olig­ar­chen Michail Frid­man und Pjotr Awen, wich­ti­ge An­teils­eig­ner der Alfa-Group, ge­kippt. Der Rat der EU habe für ihre Auf­nah­me in die Sank­ti­ons­lis­te keine hin­rei­chen­den Be­le­ge ge­lie­fert.

Die EU hatte gegen die Milliardäre kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 Strafmaßnahmen verhängt. Sie fror Gelder ein und erließ ein Einreiseverbot. Der Rat begründete die Sanktionen mit einer Nähe der beiden Männer zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Fridman und Awen hätten russische Entscheidungsträger finanziell unterstützt und damit die territoriale Unversehrtheit der Ukraine untergraben. Auch die US-Regierung sanktionierte Fridman und Awen. Im vergangenen Jahr hatten sich mehrere russische Oppositionelle allerdings dafür ausgesprochen, Fridman und andere von der Sanktionsliste zu streichen.

Das EuG sah die vom Rat vorgebrachten Gründe nicht hinreichend belegt und die Aufnahme der beiden in die EU-Sanktionsliste daher nicht gerechtfertigt (Urteil vom 10.04.2024 – T-301/22 und T-304/22). Auch wenn sich möglicherweise eine gewisse Nähe der beiden zum russischen Präsidenten bejahen lasse, sei weder nachgewiesen, "dass sie Handlungen und politische Maßnahmen unterstützt hätten, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergrüben oder bedrohten, noch dass sie russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell unterstützt oder von diesen profitiert hätten".

Sofort aus der Liste gestrichen werden müssen Fridman und Awen dennoch nicht. Zum einen ist gegen das EuG-Urteil ein Rechtsmittel beim EuGH möglich. Zum anderen hat der Rat der EU bereits neue Sanktionsbeschlüsse gegen die beiden Geschäftsleute erlassen, die zunächst nicht von dem Urteil betroffen sind.

Zahlreiche Klagen gegen Sanktionen anhängig

Vor knapp drei Wochen hatte das EU-Gericht bereits die Sanktionen gegen den Ex-Formel-1-Rennfahrer Nikita Masepin gekippt. Begründet wurde dies damit, dass die familiäre Beziehung zu seinem Vater – einem Geschäftsmann mit angeblich enger Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin – nicht genüge, um anzunehmen, dass er durch gemeinsame Interessen mit ihm verbunden sei.

Ein prominentes Urteil war bereits im vergangenen Jahr gefallen – und stellte eine deutliche Niederlage für die EU dar. Die Mutter des inzwischen verstorbenen Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Violetta Prigoschina, hätte nicht sanktioniert werden dürfen, entschieden die Richter damals und argumentierten ähnlich wie bei Masepin: Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um Strafmaßnahmen gegen sie zu verhängen. Viele andere Sanktionierte sind unterdessen mit ihren Klagen vorläufig gescheitert, darunter der ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch.

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erließ die EU bislang gegen fast 2.000 Personen und Organisationen Sanktionen. Derzeit sind mehrere Dutzend Klagen gegen die Strafmaßnahmen vor Gerichten anhängig (Urt. v. 10.4.2024 T-301/22). 

 

Aus der Datenbank beck-online

Lange, EU-Sanktionen gegen Individuen – Möglichkeiten und Grenzen    EuR 2024, 3

Schwendinger/Göcke, Die Russland-Sanktionen der EU, EuZW 2022, 499

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