Die EU-Kommission darf die Genehmigung für ein Insektizid auch dann verlängern, wenn im Zusammenhang mit der Verwendung des Wirkstoffs gewisse Risiken festgestellt wurden. Nach einem Urteil des EuG reicht es aus, wenn sie in diesem Fall Maßnahmen vorschreibt, die die Risiken auf ein hinnehmbares Maß verringern.
Cypermethrin ist ein Insektizid aus der Gruppe der Pyrethroiden, das in der EU zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen eingesetzt wird. Seit 2006 gilt Cypermethrin als genehmigter Wirkstoff. 2022 beantragte das Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) bei der EU-Kommission die Überprüfung der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2049, mit der die Genehmigung des Insektizids bis zum 31. Januar 2029 verlängert worden war. PAN Europe meint, die Kommission habe ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) außer Acht gelassen. Ermittelt worden seien darin Risiken für Wasserorganismen und Honigbienen.
Weil die Kommission eine Überprüfung der Verordnung ablehnte, zog PAN Europe vor das EuG. Dieses hat die Klage jetzt abgewiesen (Urteil vom 21.02.2024 – T-536/22). Der Vorsorgegrundsatz verpflichte die Unionsorgane, geeignete Maßnahmen zu treffen, um bestimmte potenzielle Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt auszuschließen. Für die Risikobewertung bedürfe es einer wissenschaftlichen Bewertung der Risiken. Es müsse das Risikoniveau bestimmt werden, das für die Gesellschaft nicht mehr hinnehmbar erscheine. Die Bestimmung dieses Risikoniveaus obliege den Unionsorganen.
Kommission hat gewissen Entscheidungsspielraum
Die Kommission müsse im Verfahren zur Verlängerung der Genehmigung für Wirkstoffe die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen der EFSA berücksichtigen. Sie sei aber nicht daran gebunden. Als Risikomanagerin verfüge sie über ein weites Ermessen, das vom Unionsgesetzgeber und durch den Vorsorgegrundsatz begrenzt werde. Die Ermittlung kritischer Problembereiche durch die EFSA schließe nicht aus, dass die Kommission die Genehmigung für Cypermethrin verlängert und dabei Maßnahmen zur Risikominderung vorschreibt. Die EU-Behörde muss sich laut EuG aber vergewissern, dass diese Maßnahmen tatsächlich und nicht nur theoretisch dafür sorgen, das ermittelte Risiko auf ein hinnehmbares Maß zu verringern (Urt. v. 21.2.2024 - T-536/22).
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Sobotta, EuGH: neue Verfahren im Umweltrecht, ZUR 2023, 244