Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss muss grundsätzlich die DS-GVO einhalten und unterliegt damit der Kontrolle der Datenschutz-Aufsicht. Das hat der EuGH entschieden. Eine Ausnahme gelte, wenn die Untersuchung die nationale Sicherheit betrifft.
In Österreich hatte der Nationalrat einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, um eine mögliche politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung aufzuklären ("BVT-Affäre"). Das Protokoll einer Befragung in diesem Ausschuss wurde auf der Webseite des österreichischen Parlaments mit vollständiger Namensnennung veröffentlicht, obwohl die Auskunftsperson die Anonymisierung beantragt hatte.
Die betroffene Person monierte bei der österreichischen Datenschutzbehörde einen Verstoß gegen die DS-GVO. Ohne Erfolg – die Behörde verwies auf die Gewaltenteilung. Sie könne als Teil der Exekutive nicht die Legislative kontrollieren, zu der der U-Ausschuss gehöre. Der schließlich mit der Sache befasste österreichische Verwaltungsgerichtshof rief den EuGH an.
U-Ausschuss muss DS-GVO grundsätzlich einhalten
Laut EuGH muss auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss grundsätzlich die DS-GVO einhalten (Urteil vom 16.01.2024 - C-33/22). Nicht anwendbar sei die DS-GVO auf Datenverarbeitungen im Rahmen einer behördlichen Tätigkeit, die der Wahrung der nationalen Sicherheit diene. Das scheine hier angesichts des Gegenstands der Untersuchung (politische Einflussnahme auf Bundesamt) nicht der Fall zu sein.
Allerdings könnten Beschränkungen der sich aus der DS-GVO ergebenden Pflichten und Rechte im Wege von Gesetzgebungsmaßnahmen aufgrund der nationalen Sicherheit gerechtfertigt sein. Aus der Akte ergebe sich jedoch nicht, dass die Offenlegung des Namens im U-Ausschuss für die Gewährleistung der nationalen Sicherheit erforderlich gewesen sei und auf einer Gesetzgebungsmaßnahme beruht habe. Es sei aber Sache des vorlegenden Gerichts, die in diesem Zusammenhang erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen.
In Österreich gibt es nur eine Datenschutz-Aufsichtsbehörde im Sinn der DS-GVO. Laut EuGH ist diese grundsätzlich auch für die Überwachung der Einhaltung der DS-GVO durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zuständig. Dies ergebe sich aus der unmittelbaren Wirkung der DS-GVO und dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts – auch gegenüber nationalem Verfassungsrecht (Urt. v. 16.1.2024 - C-33/22).
Aus der Datenbank beck-online
Schröder, Anwendbarkeit der DS-GVO und des BDSG auf den Deutschen Bundestag, ZRP 2018, 129