Verkäufer und Hersteller dürfen Kunden eine "Zufriedenheitsgarantie" geben – müssen sich dann aber auch an die damit einhergehenden Pflichten halten.
Die LACD GmbH aus Haar bei München gibt sich schwer überzeugt von ihren Kletterschuhen, Gamaschen und T-Shirts: Wer eines ihrer Sport- oder Fitnessprodukte erwirbt, erhält eine lebenslange Garantie, und das nicht nur darauf, dass die Ware nicht kaputt geht. Nein – der Hersteller verspricht, dass die Kundschaft "voll und ganz zufrieden" sein wird. Anderenfalls darf der Kunde das Produkt an den Händler oder auch direkt an den Produzenten zurückschicken.
Das schmeckte dem Konkurrenten BB Sport aus Töging am Inn gar nicht: Der Klettershop schickte einen Testkäufer los, der über einen Anbieter auf der Plattform von Amazon zwei Hemden mit Anhängern (Hang-Tags) erstand, auf denen die fragliche Zusicherung stand. Das LG München I wies anschließend seine Klage auf Unterlassung ab, das dortige OLG hingegen befand: Wenn das Unternehmen Kleidungsstücken schon eine solch weitreichende Garantie beifüge, müsse es Verbraucherinnen und Verbraucher auch auf ihre gesetzlichen Rechte aus §§ 437 ff. BGB hinweisen – und darauf, dass diese durch das Zufriedenheitsversprechen nicht eingeschränkt werden dürften.
"Ins subjektive Belieben gestellt"
Der BGH zeigte sich in der Revision skeptisch, ob das mit den europäischen Vorgaben vereinbar sei, speziell mit der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU und der Warenkaufrichtlinie 2019/771. "Ebenso wie das Berufungsgericht hat der Senat keinen Zweifel daran, dass bei richtlinienkonformer Auslegung des § 443 Abs. 1 BGB die Zufriedenheit des Verbrauchers mit dem erworbenen Produkt keine einer Garantie zugängliche Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 443 Abs. 1 Fall 1 BGB darstellt", schrieben die Wettbewerbsrichter im Februar 2022 an ihre Kollegen in Luxemburg. Die Vorschrift verpflichtet den Garantiegeber zusätzlich zur gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere dazu, "den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind".
Dieses Rechtskorsett schien dem I. Zivilsenat nicht auf die Versprechen aus dem bayerischen Haar zu passen: "Als Beschaffenheit einer Sache sind alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, sowie alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf ihre Wertschätzung haben", führen sie aus. Hingegen stelle die Zufriedenheit des Käufers mit dem erworbenen Produkt keine die Mängelfreiheit betreffende Beschaffenheit der Kaufsache dar. "Seine Zufriedenheit kann zwar an den Zustand oder die Merkmale der Kaufsache anknüpfen." Doch habe das OLG unwidersprochen festgestellt, dass ein Erwerber nach der "LACD-Warranty" das Produkt auch zurückgeben könne, "wenn sich seine Unzufriedenheit nicht auf objektive Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Kaufsache gründet und keinen Bezug zu Mängeln aufweist, sondern er die Kaufsache aus in seiner Person liegenden subjektiven Gründen missbilligt". Würden die Europarichter dies dennoch im Einklang mit den Brüsseler Vorgaben für das deutsche Kaufrecht sehen, hätte der Hersteller gegen die diversen Informationspflichten des § 479 BGB verstoßen und dadurch einer Marktverhaltensregelung des UWG (§ 3a) zuwidergehandelt.
"Objektive Prüfung unnötig"
Der EuGH meinte es hingegen gut mit der Selbstbestimmung der Kletterer und Wanderer, die sich ein Leben lang nach Lust und Laune das Geld für ihre Utensilien zurückerstatten lassen dürfen (EuGH, Urteil vom 28.09.2023 – C-133/22). Der Gerichtshof hob den Zweck der EU-Richtlinien hervor, "ein hohes Verbraucherschutzniveau darzustellen". Auch wies er auf die Freiheit von Unternehmen hin, wie sie in Art. 16 der EU-Grundrechtecharta verankert sei. Sein Fazit: Zu den Anforderungen an ein Produkt, von denen eine Garantie abhängig gemacht werden darf, kann außer der Mängelfreiheit auch die Zufriedenheit des Erwerbers gezählt werden, wiewohl die in sein eigenes Belieben gestellt sei. Ob diese Umstände vorliegen, müsse nicht objektiv geprüft werden (Urt. v. 28.9.2023 - C-133/22).
Aus der Datenbank beck-online
Lorenz, Die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht, NJW 2021, 2065
Wilke, Das neue Kaufrecht nach Umsetzung der Warenkauf-Richtlinie, VuR 201, 283
Wahl/Dörr, Die Informationspflicht des Händlers bei Herstellergarantien, ZfPC 2022, 217