Im Jahr 2015 beantragte ein Interessenverband korsischer Metzger bei den französischen Behörden gemäß der Verordnung Nr. 1151/20122 die Eintragung unter anderem des Namens "Jambon sec de l’Île de Beauté" als geschützte geografische Angabe. 2018 wurden die Produktspezifikationen genehmigt und konnten der Europäischen Kommission zur Genehmigung übermittelt werden.
Ein unter anderem die geschützte Ursprungsbezeichnung "Jambon sec de Corse – Prisuttu" seit 2014 innehabender Verband klagte beim Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) auf Nichtigerklärung dieser Verordnungen. Er machte geltend, dass der Begriff "Île de Beauté" den Begriff "Corse" (Korsika) nachahme oder darauf anspiele und daher zu einer Verwechslung mit den bereits als geschützte Ursprungsbezeichnungen eingetragenen Namen führe. "Île de Beauté" bedeutet "Insel der Schönheit" und wird auch als Beiname für die Insel Korsika verwendet. Der Staatsrat wies die betreffenden Klagen ab.
Die Kommission lehnte die Eintragung als geschützte geografische Angabe jedoch ab. Es sei allgemein bekannt, dass "Île de Beauté" in den Augen der französischen Verbraucherinnen und Verbraucher eindeutig Korsika bezeichne. Die beabsichtigten Namen verletzten daher den Schutz, den die betroffenen geschützten Ursprungsbezeichnungen nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1151/2012 genössen. Damit entsprächen sie nicht den Voraussetzungen für die Eintragung, also Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1151/20125.
Kommission durfte eigene Entscheidung treffen
Die Klage der korsischen Metzger gegen diesen Beschluss hat das EuG jetzt abgewiesen. Die Auffassung der Kläger, die Kommission habe ihre Befugnisse überschritten und sich über die Rechtskraft von Urteilen hinweggesetzt, greife nicht. Die genannten Regelungen der Verordnung Nr. 1151/2012 stellten eine taugliche Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Eintragung eines Namens dar.
Die Produktspezifikationen, deren Ausarbeitung eine notwendige Stufe des Eintragungsverfahrens sei, müssten unter anderem den Namen enthalten, dessen Schutz beantragt wird, wie er "im Handel oder im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird". Daraus folge, dass die Kommission prüfen müsse, ob diese Verwendung nicht den vorgesehenen Schutz gegen Anspielung verletzt.
Die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe zuzulassen, obwohl diese auf eine bereits eingetragene geschützte Ursprungsbezeichnung anspielen würde, nähme nämlich dem in Art. 13 Abs. 1 Buchst. b vorgesehenen Schutz die praktische Wirksamkeit. Denn wäre der Name erst einmal als geschützte geografische Angabe eingetragen, könnte die zuvor als geschützte Ursprungsbezeichnung eingetragene Bezeichnung ihm gegenüber nicht mehr den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schutz genießen.
Daraus schließt das EuG, dass die Kommission nicht verpflichtet sein kann, die Eintragung eines Namens zu bewilligen, wenn sie dessen Verwendung im Handel für rechtswidrig hält.
Gericht konkretisiert Umfang der Prüfung durch die Kommission
Die Kommission müsse sicherzustellen, dass keine offensichtlichen Fehler vorliegen und dass das Unionsrecht sowie die Interessen von Beteiligten außerhalb des Antragsmitgliedstaats berücksichtigt wurden. Sie verfüge nach Maßgabe dessen über ein unterschiedliches Ermessen, ob es sich um die erste Stufe des Verfahrens zur Eintragung eines Namens, also diejenige der Zusammenstellung des Antragsdossiers, handelt oder um die zweite Stufe dieses Verfahrens, also ihre eigene Prüfung der Eintragungsanträge.
Während sich aus der Rechtsprechung ergebe, dass die Kommission hinsichtlich der ersten dieser beiden Stufen nur "über ein eingeschränktes oder über gar kein" Ermessen verfüge, komme ihr ein eigenständiges Ermessen zu, wenn es um die Entscheidung geht, einen Namen in Anbetracht der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1151/2012 vorgesehenen Eintragungsvoraussetzungen als geschützte Ursprungsbezeichnung oder geschützte geografische Angabe einzutragen.
Zur Rüge einer Rechtskraftverletzung betonte das EuG, dass die eigenständige Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen durch die Kommission nicht von einer rechtskräftig gewordenen Entscheidung eines nationalen Gerichts in Frage gestellt werden könne.