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EuGH zu Frankenkrediten in Polen: Entschädigung durch Bank möglich

EuGH
Im Streit über Kre­di­te in Schwei­zer Fran­ken hat der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof pol­ni­schen Bank­kun­den den Rü­cken ge­stärkt. Wird ein Dar­le­hens­ver­trag über eine Hy­po­thek wegen miss­bräuch­li­cher Klau­seln für nich­tig er­klärt, kön­nen die Be­trof­fe­nen unter Um­stän­den Ent­schä­di­gung von der Bank ver­lan­gen. Das ent­schied der EuGH am Don­ners­tag. Das Ur­teil könn­te große Aus­wir­kun­gen auf den pol­ni­schen Ban­ken­sek­tor und die deut­sche Com­merz­bank haben.

Drastischer Anstieg monatlicher Ratenzahlungen

In Polen und anderen osteuropäischen Ländern waren Kredite in Schweizer Franken besonders ab dem Jahr 2004 beliebt. Die Banken boten sie zu einem wesentlich günstigeren Zinssatz als Kredite in der heimischen Währung Zloty an. Das böse Erwachen für die Immobilienbesitzer kam später: Infolge der Wirtschaftskrise 2008 stieg der Frankenkurs. Eine weitere Aufwertung im Vergleich zum Zloty erfuhr die Schweizer Währung 2015 nach der Abkoppelung vom Euro. Für die polnischen Kreditnehmer stiegen die monatlichen Ratenzahlungen drastisch an – in vielen Fällen übersteigt das Volumen der Hypothek den Wert der Immobilien.

EuGH schließt Entschädigung der Betroffenen nicht aus

Die "Frankowicze", wie sich die mehreren Hunderttausend gutorganisierten Betroffenen nennen, argumentierten, dass viele Klauseln in ihren Kreditverträgen nicht in Ordnung gewesen seien. Viele dieser Verträge wurden von Gerichten bereits für nichtig erklärt. Der EuGH musste nun entscheiden, ob die Betroffenen nicht nur die gezahlten Raten, sondern auch eine Entschädigung verlangen können. Dies schlossen die Luxemburger Richter nun nicht aus. So könnten insbesondere Gewerbetreibende davon abgehalten werden, missbräuchliche Klauseln in die Verträge aufzunehmen, weil sie dann ein finanzielles Nachspiel befürchten müssten. Denn die etwaige Nichtigerklärung des Hypothekendarlehensvertrags sei eine Folge der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch die Bank. Daher könne weder zugelassen werden, dass sie aus ihrem rechtswidrigen Verhalten wirtschaftliche Vorteile zieht, noch, dass sie für die durch ein solches Verhalten verursachten Nachteile entschädigt wird. Nun muss das nationale Gericht über den konkreten Fall entscheiden.

Auswirkungen auf Commerzbank möglich

Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf die Commerzbank haben. Sie hatte bis Ende 2022 schon mehr als eine Milliarde Euro Belastung im Zusammenhang mit Krediten in Schweizer Franken bei der polnischen Tochter mBank. Die Probleme bei der mBank machten sich im Auftaktquartal 2023 erneut bemerkbar und könnten auch im Gesamtjahr eine Belastung bleiben: 173 Millionen Euro zusätzliche Vorsorge für Rechtsrisiken im Zusammenhang mit Frankenkrediten fielen in den ersten drei Monaten des Jahres in Polen an. Das schmälerte auch die Erträge der Commerzbank.

Klares Bild erst gegen Jahresende

Commerzbank-Finanzvorständin Bettina Orlopp sagte am Mittwoch, es sei zu früh, die genauen Auswirkungen der EuGH-Entscheidung abzuschätzen. "Unsere Strategie, die Beilegung von Streitigkeiten voranzutreiben, ist die richtige. Und wir werden das auf jeden Fall vorantreiben, um mit so vielen Kunden wie möglich Vereinbarungen und Einigungen zu erzielen." Es sei klar, dass dies Auswirkungen auf das zweite Quartal haben könnte. Die Managerin erwartet, dass das Thema der Commerzbank und ihrer Tochter mBank noch eine Weile erhalten bleiben wird: "Gegen Ende dieses Jahres sollten wir ein klares Bild haben."

Polnische Banken müssen Rückstellungen bilden

Für die polnischen Banken bedeutet dies, dass sie hohe Rückstellungen für das rechtliche Risiko der Frankenkredite bilden müssen. Die polnische Finanzaufsichtsbehörde schätzte im Herbst, dass bei einem negativen Urteil des EuGH auf den Bankensektor Kosten von 100 Milliarden Zloty (22,5 Milliarden Euro) zukommen könnten. Sie schloss eine Bankenkrise nicht aus.

zu EuGH, Urteil vom 15.06.2023 - C-520/21

 

Den Volltext des EuGH-Urteils finden Sie auf den Seiten des Gerichtshofs.

Aus der Datenbank beck-online

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