Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Begrenzung der Anzahl von Lizenzen für Funkmietwagendienste im Großraum Barcelona wohl gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Das außerdem bestehende Erfordernis einer "doppelten" Lizenz könne allerdings aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, so der EuGH.
Limitierung der Lizenzen und Erfordernis doppelter Lizenz moniert
Die Ausgangsklägerin ist ein Unternehmen, das über Genehmigungen für Funkmietwagendienste im Großraum Barcelona verfügt. Nach den örtlichen Regelungen für Funkmietwagendienste ist die Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste auf ein Dreißigstel der Anzahl der Lizenzen begrenzt, die für Taxidienste in diesem Großraum vergeben werden. Ferner müssen Unternehmen, die bereits eine Genehmigung für städtische und überörtliche Funkmietwagendienste in Spanien besitzen, für Funkmietwagendienste im Großraum Barcelona eine weitere Lizenz erwerben. Das Unternehmen klagte beim Obergericht Katalonien auf Nichtigerklärung dieser Regelungen. Bei dem Gericht sind 14 weitere gleichartige Rechtsstreitigkeiten anhängig. Die Ausgangsklägerin und die weiteren, zum Teil mit internationalen Online-Plattformen verbundenen Unternehmen vertreten die Ansicht, dass der einzige Zweck dieser örtlichen Regelungen darin bestehe, ihre Tätigkeit zu behindern, und dies nur mit dem Ziel, die Interessen des Taxigewerbes zu schützen. Das Gericht zweifelte an der Vereinbarkeit der Regelungen mit Unionsrecht und rief den EuGH an.
EuGH: Limitierung der Lizenzen wohl unverhältnismäßig
Laut EuGH verletzt die Begrenzung der Anzahl der Lizenzen für Funkmietwagendienste auf ein Dreißigstel der Anzahl der Lizenzen für Taxidienste wohl die Niederlassungsfreiheit. Zwar könnten die Ziele einer guten Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums sowie des Umweltschutzes – anders als die Gewährleistung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Taxidienste – zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen könnten. Die Limitierung der Lizenzen erscheint dem EuGH aber zur Realisierung dieser Ziele nicht geeignet. Das Vorbringen der Unternehmen, dass die Funkmietwagendienste die Erreichung dieser Ziele tatsächlich fördern, indem sie unter anderem zu einem Rückgang der Nutzung von privaten Fahrzeugen führten, sei nicht entkräftet worden. Ferner scheine die Maßnahme jedenfalls über das zur Erreichung der Ziele Erforderliche hinauszugehen. Denn auch das Vorbringen, es wären mildere Maßnahmen möglich gewesen, um eine mögliche Auswirkung der Funkmietwagen-Flotte auf die Beförderung, den Verkehr und den öffentlichen Raum im Großraum Barcelona zu begrenzen, und um das Ziel des Umweltschutzes zu erreichen, sei ebenfalls nicht entkräftet worden.
Erfordernis zusätzlicher Genehmigung kann gerechtfertigt sein
Das Erfordernis einer besonderen zusätzlichen Genehmigung kann laut EuGH dagegen als notwendig angesehen werden, um die Ziele einer guten Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums sowie das Ziel des Umweltschutzes zu erreichen. Jedoch müsse diese besondere Genehmigung auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die jede Willkür ausschlössen und die sich nicht mit Kontrollen überschnitten, die bereits im Rahmen des nationalen Genehmigungsverfahrens durchgeführt worden seien, sondern besonderen Bedürfnissen des Großraums Barcelona entsprächen.
zu EuGH, Urteil vom 08.06.2023 - C-50/21