OVG Niedersachsen Beschl. v. 22.9.2025 – 12 LA 8/24

Aus steuerlicher oder handelsrechtlicher Sicht kann das Führen von Fahrtenbüchern geboten sein. Doch auch wenn keine der einschlägigen Vorschriften greift, entsprechen bestimmte Mindestaufzeichnungen einem sachgerechten kaufmännischen Verhalten. Lachender Dritter könnte dabei der Betriebsprüfer sein.
Praxis-Info!
Problemstellung
Eine Kapitalgesellschaft verfügte über einen Fuhrpark mit 15 Poolfahrzeugen. Nachdem sich das Unternehmen bei mehreren mit den Fahrzeugen begangenen Verkehrsverstößen nicht in der Lage sah, einen Fahrer zu benennen, wurde eine zwölfmonatige Fahrtenbuchführungspflicht für alle Fahrzeuge des Firmenfuhrparks ausgesprochen. Die hiergegen erhobene Klage war erfolglos. Die Kapitalgesellschaft begehrte nun die Zulassung zur Revision.
Lösung
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen lehnt den Revisionsantrag der Klägerin ab. Einer unternehmenstragenden Kapitalgesellschaft obliegt es, ihre Fahrzeugführer – unabhängig von Verkehrskamerafotos und dem individuellen Erinnerungsvermögen ihrer Beschäftigten – identifizierbar zu machen. Da dies dem sachgerechten kaufmännischen Verhalten entspricht, wird die Kapitalgesellschaft durch die angeordnete Fahrtenbuchführungspflicht auch nicht unverhältnismäßig belastet. Oder in den Worten des OVG Niedersachsen: „Denn diese Verpflichtung trete lediglich an die Stelle der ihr zwar obliegenden, aber unterlassenen Selbstorganisation.“ Die Anordnung zum Führen der Fahrtenbücher war daher rechtens.
Im Ausgangsfall konnten mehrere – zum Teil deutliche – Geschwindigkeitsverstöße nicht geahndet werden, da sich die Kapitalgesellschaft als Halter der Fahrzeuge nicht in der Lage sah, den Fahrer zu identifizieren. Obwohl es hier also nur um die Aufzeichnung des Fahrers ging, wurde nun die Führung eines Fahrtenbuchs angeordnet. Die Aufzeichnungspflicht hat dadurch deutlich an Umfang gewonnen. Lachender Dritter könnte dabei der Betriebsprüfer sein, etwa wenn sich aus den Fahrtenbüchern ergibt, dass ein „Pool“-Fahrzeug einem einzelnen Mitarbeiter dauerhaft zur Verfügung steht oder für Privatfahren (Wochenende, Fahrten vom Wohnsitz zur Arbeit oder gar während der Urlaubszeit) genutzt wird. In diesem Fall wäre ein geldwerter Vorteil wegen der Privatnutzung eines Firmenwagens zu versteuern. Bei Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs erfolgt eine Besteuerung anhand der tatsächlich für die Privatfahrten angefallenen Kosten. Andernfalls wird der geldwerte Vorteil nach der 1%-/0,03%-Bruttolistenpreisregelung ermittelt. Der sich hiernach ergebende Betrag wird versteuert und verbeitragt. Das Urteil sollte also eine Mahnung an Fuhrpark-Administratoren sein, bei Verkehrsdelikten jederzeit den Fahrer benennen zu können. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 11/2025
BC20251124