Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Bestandsaufnahme beim 13. BVBC-Arbeitskreistreffen vom 10.10.2025

Auch in der mittlerweile 13. Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) lag am 10.10.2025 in Duisburg der Fokus auf den Anforderungen, die sich mit der inzwischen verschobenen Umsetzung für den Mittelstand ergeben. Trotz der massiven Einschränkungen der regulatorisch vorgegebenen Berichtspflichten bleibt aber das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter auf der Tagesordnung. Denn insbesondere für Banken als Kapitalgeber bestehen weiterhin Verpflichtungen, den Nachhaltigkeitsstatus des anfragenden Unternehmens bei der Mittelvergabe zu berücksichtigen.
Praxis-Info!
Problemstellung
Wie sehr sich die Rahmendaten inzwischen verschoben haben, verdeutlichte in seinem Überblicksvortrag zum „aktuellen Regulierungschaos“ zur Eröffnung des 13. BVBC-Arbeitskreistreffens Nachhaltigkeitsberichterstattung am 10.10.2025 in Duisburg der AK-Leiter Univ.-Prof. Dr. Stefan Müller. Hierbei und in weiteren Beiträgen zeigte sich aber auch, dass das Thema „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ nicht ad acta gelegt und auch nicht auf die lange Bank geschoben werden kann. In dem Bericht der AK-Leitung zu den aktuellen Entwicklungen in der CSRD-Umsetzung (insbesondere ESRS-Überarbeitung) standen vier Themen im Fokus:
- CSRD-Umsetzung: Referentenentwurf (RefE) und Regierungsentwurf (RegE) für das Umsetzungsgesetz
- Stand Diskussion CSDDD-Änderung
- LkSG-Änderung: RegE für Änderungsgesetz.
Hinweis: Ferner wurde seitens des AK-Mitglieds Dr. Nadja Thomas (Trianel, Aachen) ausführlich über die Vorgehensweise bei der Aufstellung von Klimabilanzen berichtet. Darauf soll später in einer gesonderten Meldung des BC-Newsletters näher eingegangen werden.
Lösung
1. CSRD-Umsetzung
Zur Umsetzung der EU-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) in das HGB wurde im Anschluss an den ersten Entwurf vom 11.7.2025 am 3.9.2025 ein fast unveränderter Referentenentwurf vorgelegt – siehe hier. Seit dem 29.9.2025 ist die BT-Drs. 21/1857 verfügbar. Die zeitliche Verschiebung (RL 2025/794) wird bereits umgesetzt, da die Befreiung in der sog. 1. Welle für die Jahre 2025 und 2026 für Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten bereits vorgezogen wurde (Art. 96 Abs. 8 EGHGB-E). Es handelt sich fast um eine 1:1-Umsetzung der EU-Vorgaben, da es kaum Mitgliedstaatenwahlrechte gibt. Und es scheint trotz aller Kritik dabei zu bleiben, dass nur Wirtschaftsprüfer (die nicht zwangsweise die Abschlussprüfer sein müssen) den Nachhaltigkeitsbericht mit begrenzter Sicherheit des Prüfungsniveaus prüfen müssen bzw. dürfen.
Nach der Einschätzung von Müller am 10.10.2025 treibt die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren zur CSRD-Umsetzung weiter voran, sodass eine Verabschiedung noch im Jahr 2025 wahrscheinlich bleibt. Das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zur CSRD-Umsetzung ist aber – so sein Hinweis – nur ein Zwischenschritt und führt zu Änderungen im HGB, die so wahrscheinlich nie zur Anwendung kommen werden (!). Als Grund führte Müller die Diskussion weiterer Änderungen auf europäischer Ebene an, die – nach endgültiger Einigung und Bekanntmachung – der deutsche Gesetzgeber dann voraussichtlich mit Wirkung ab dem Jahr 2027 umzusetzen hat. Für Ersteller und Adressaten ist dieses Regulierungschaos – so Müller – eine Zumutung.
In der Diskussion wurde betont, dass es nicht nur darum geht, compliant (konform) zu sein und Regulierungsanforderungen zu erfüllen. Im Sinne des Risikomanagements sind Anpassungen vorzunehmen. Dr. Nadja Thomas berichtete so für ihr Unternehmen, d.h., es ist nicht mehr berichtspflichtig, aber gefordert, die Risiken infolge des Klimawandels einzufangen. Gasnetzbetreiber müssten anfangen, so Müller, Rückstellungen für den Rückbau der Gasleitungen zu bilden. Thomas ergänzte, dass insoweit bereits Maßnahmen ergriffen werden, z.B. bei Stadtwerken.
2. Erleichterungen der Taxonomie-VO
Im Rahmen der Änderungen zur Taxonomie-VO vom 4.7.2025 mit delegierter Verordnung (C(2025) 4568 final) sind für Nicht-Finanzunternehmen neue Wesentlichkeitsschwellen eingeführt worden. Für alle Unternehmen gibt es neue Meldebögen mit 70% weniger Angaben und eine Änderung der sog. DNSH-Kriterien. DNSH (Do no significant harm) bezeichnet den Grundsatz der Vermeidung erheblicher Umweltschäden. Ebenfalls für alle Unternehmen gilt derzeit noch die Anwendung für ab dem 1.1.2025 beginnende Geschäftsjahre (die VO könnte aber noch bis Anfang 2026 von EU-Rat und EU-Parlament zurückgewiesen werden). Ein Meldeweg für Vorschläge zur Änderung der VO (Stakeholder Request Mechanism, Mechanismus für Anfragen von Interessengruppen) ist bereits über die Sustainable-Finance-Plattform eingerichtet worden.
3. Zentrale Vereinfachungsvorschläge der EFRAG
Der Vorschlag der EU-Beratungsgruppe für Finanzberichterstattung (EFRAG) zeigt ein komplett überarbeitetes Set 1 für die EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards – ESRS). Die Struktur bleibt zwar, aber es ist kaum ein Absatz unverändert geblieben; durch die Streichungen ergibt sich eine neue Zählung. Zwar sollen die verpflichtenden Datenpunkte nach Zählung der EFRAG um 57% reduziert werden und auch der Umfang des Gesamtdokuments der Standards sinkt um 55%, jedoch bleiben die hohen Anforderungen im Kern enthalten, da die zugrundeliegende CSRD (noch) nicht geändert wurde.
Nach den weiteren Hinweisen von Müller sind die Reduzierungen zum großen Teil durch
– die Verlagerung von bisherigen Inhalten der Standards in die unverbindlichen Umsetzungshilfen (non-mandatory guidance),
– die weitgehende Trennung zwischen den stets angabepflichtigen allgemeinen Angaben nach ESRS 2 und den unter Wesentlichkeitsvorbehalt stehenden Themenstandards sowie
– das Streichen der bisherigen Wahlangaben
erreicht worden. Zur Vereinfachung der Wesentlichkeitsanalyse wird das Konzept der Fair Presentation vorgeschlagen. Somit wird eine gewisse Abkehr vom Stakeholder-Ansatz (Interessengruppen, wie z.B. Kapitalgeber, Kreditinstitute, Kunden, Lieferanten, Beschäftigte) vorgenommen, da die primären Adressaten nun die Eigen- und Fremdkapitalgeber sind, also ein Zurück zur Shareholder-Präferenz gemäß IFRS. Informationen aus der Wertschöpfungskette sind nur nötig, wenn diese angemessen und belegbar sind, ohne unverhältnismäßige Kosten verfügbar sind und wenn dies erforderlich ist, um ein Verständnis der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens zu ermöglichen und die qualitativen Merkmale der Informationen zu erfüllen. Die Informationen dürfen entweder direkt von den Geschäftspartnern stammen oder auch auf eigenen Schätzungen auf Basis interner und externer Informationen beruhen (Mittelstand wird hinsichtlich der Informationsbeschaffung „geschont“).
In den Vorschlag werden die Ergebnisse der am 29.9.2025 beendeten Konsultation einfließen. Eine Übergabe an die EU-Kommission ist weiter für den 30.11.2025 geplant, eine finale Bekanntmachung dann wohl erst im 2. Halbjahr 2026 mit Wirkung für die Berichterstattung für nach dem 31.12.2026 beginnende Geschäftsjahre.
4. Bereits vorgezogene Änderungen der ESRS
Die EU-Kommission hat im Vorgriff auf das Überarbeitungsverfahren bereits weitere Fakten geschaffen und am 11.7.2025 gezielte „Quick-Fix“-Änderungen am Set 1 der ESRS erlassen. Damit soll der Aufwand für Unternehmen, die bereits vor 2027 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, verringert und die Rechtssicherheit erhöht werden. So darf u.a. auf Informationen zu den erwarteten finanziellen Effekten bestimmter Nachhaltigkeitsrisiken nicht nur im Jahr der Erstanwendung, sondern bis zum Jahr 2027 verzichtet werden. Hiermit werden aus deutscher Sicht mit einer Erstanwendung der CSRD in 2025 auch im Jahr 2026 keine zusätzlichen Informationen nötig werden, die Übergangserleichterungen werden somit um ein Jahr fortgeschrieben.
Des Weiteren wurde für alle Unternehmen der sog. 1. Welle die Erleichterung eingeführt, dass sie in den ersten drei Berichtsjahren (also erst ab dem Jahr 2027) alle originären Offenlegungen zu den Standards ESRS E4, S2, S3 und S4 auslassen können, neben weiteren einzelnen Offenlegungspflichten des ESRS S1. Zuvor bestand diese Ausnahme nur für Unternehmen mit weniger als 750 Beschäftigten und nur für das erste Berichtsjahr. Allerdings ist zu beachten: Auch bei Inanspruchnahme der neuen Erleichterungen sind zusammenfassende Informationen gemäß ESRS 2.17 für diese Standards anzugeben.
5. VSME-Empfehlungen
Hinsichtlich der Empfehlungen der VSME-ESRS (Standards für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung durch KMU) der EU-Kommission wurde im AK ein Abwarten empfohlen. Im Gespräch ist eine Verordnung mit der Empfehlung, freiwillig zu berichten. Der AK-Teilnehmer Scholz gab den Rat, mit der Berichterstattung auf eine Version VSME 2.0 im nächsten Jahr zu warten. Wieder wurde ergänzt, dass für die Unternehmenssteuerung und das Risikomanagement etwas anderes gelte. Die Berichterstattung müsse der Strategie folgen, nicht umgekehrt die Strategie dem Reporting.
6. Lieferkettensorgfaltspflichten
Der RegE eines Gesetzes zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sieht eine Entlastung der Unternehmen durch anwendungs- und vollzugsfreundliche Umsetzung vor: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-gesetz-zur-aenderung-des-lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Trotz teilweiser gegenteiliger Ankündigungen sollen im LkSG nur die Berichtspflichten nach § 10 Abs. 2 LkSG rückwirkend zum Inkrafttreten des Gesetzes ersatzlos gestrichen und künftig die Sanktionen bei Pflichtverstößen abgemildert werden: Nach § 24 Abs. 1 LkSG handelt ordnungswidrig nur, wer gegen
– die Pflicht zur Ergreifung von Präventionsmaßnahmen (§ 6 Abs. 1 LkSG),
– die Pflicht zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen (§ 7 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 1 LkSG und § 9 Abs. 3 LkSG) oder gegen
– die Pflicht zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens (§ 8 Abs. 1 S. 1 LkSG und § 9 Abs. 1 LkSG)
verstößt.
Hinweis: Damit sind lediglich solche Pflichtverstöße bußgeldbewährt, die der Gesetzgeber als besonders schwerwiegend bewertet hat. Es wird zudem klargestellt, dass das Verhängen von Geldbußen dabei die Ultima Ratio (das letzte Mittel) des behördlichen Einschreitens darstellt, dem eine behördliche Einbindung vorausgehen sollte.
Die inhaltlichen Sorgfaltspflichten bleiben aber unverändert erhalten, insbesondere
- die Einrichtung eines Risikomanagements und Durchführung einer Risikoanalyse inkl. Benennung einer verantwortlichen Person (§ 4 LkSG),
- die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung der unternehmerischen Menschenrechtsstrategie (§ 6 Abs. 2 LkSG) und
- die Verankerung von Präventionsmaßnahmen (§ 6 Abs. 3 und 4 LkSG).
Praxishinweise: - Zum Themenschwerpunkt „Klimaberichterstattung“ wird in Kürze gesondert informiert. Hierzu wurde eine Unter-Arbeitsgruppe eingerichtet (zum AK siehe hier). Der BVBC-Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung CSR befasst sich seit seiner Gründung in 2022 unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stefan Müller in diverser Zusammensetzung mit Personen aus Geschäftsführung, Controlling und Rechnungslegung sowie Nachhaltigkeitsmanagement, Beratung, Prüfung und Wissenschaftlern mit allgemeinen und konkreten Fragen der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie verwandten Fragestellungen. Es gab bereits diverse Veröffentlichungen über die Sitzungen des Arbeitskreises und abgegebene Stellungnahmen, wie z.B. zu den ESRS.
- Am 10.10.2025 konnte in den PKF-Räumlichkeiten und online eine rege Beteiligung registriert werden (siehe Foto unten).
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Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

Präsenzteilnehmer v. l. n. r.: Benedict Baus, Ruth Loose, Prof. Dr. Stefan Müller, Kerstin Gehrmann, Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Christina Maas, Thomas Scholz, Dr. Lina Warnke, Stefan Lenz und Dr. Nadja Thomas
BC 11/2025
BC20251119