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Höhe der Aussetzungszinsen: AdV bei verfassungsrechtlichen Zweifeln

Christian Thurow

BFH Beschl. v. 24.10.2024 – VI B 35/24 (AdV)

 

Bei einem formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetz kann eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) grundsätzlich nur dann gewährt werden, wenn der Antragsteller hieran ein besonderes berechtigtes Interesse hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt vor, wenn der BFH die umstrittene Vorschrift bereits dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat. In Bezug auf die Höhe der Aussetzungszinsen fasst der BFH nun einen salomonischen Beschluss.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Strittig ist im Ausgangsfall die Höhe der Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer (Besteuerung von Einnahmen aus der Veräußerung einer Unternehmensbeteiligung) für den Zeitraum vom 1.1.2019 bis 27.3.2023. Das Finanzamt legte hierbei einen Zinssatz von 0,5% pro Kalendermonat (6% p.a.) zugrunde.

Aus Sicht des Klägers war der Zinssatz in dieser Höhe nicht verfassungsgemäß. Er beantragte daher die AdV der festgesetzten Aussetzungszinsen. Das erstinstanzliche Finanzgericht (FG) hatte die AdV abgelehnt.

 

 

Lösung

Anders als das erstinstanzliche FG gibt der BFH dem Antrag auf AdV der festgesetzten Aussetzungszinsen zumindest in Teilen statt. Aus Sicht des BFH, welche sich auch aus der Vorlage der Regelung zu den Aussetzungszinsen beim BVerfG ergibt, liegt die Problematik in der (gesetzlichen) „Spreizung“ der Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen:

  • Für Steuernachforderungen und -erstattungen gilt (gemäß § 238 Abs. 1a AO) seit 1.1.2019 ein Zinssatz von 0,15% pro Kalendermonat (1,8% für ein volles Jahr).
  • Die Aussetzungszinsen betragen (gemäß § 238 Abs. 1 AO) hingegen weiterhin 0,5% pro Monat (bzw. 6% pro Jahr).

Diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht des BFH nicht verfassungsgemäß. Der BFH vertritt daher die Ansicht, dass der Aussetzungszinssatz im Streitzeitraum ebenfalls 0,15% betragen sollte. Entsprechend ist die AdV der festzusetzenden Aussetzungszinsen nur in Höhe des Differenzzinssatzes von 0,35% (0,5% ./ 0,15%) zu gewähren. Die übrigen 0,15% sind nicht von der AdV betroffen und daher zu zahlen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 12/2024

BC20241215

 

 

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