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Kein Betriebsausgabenabzug für Beiträge zu Risikolebensversicherungen von GbR-Gesellschaftern

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteil vom 23.4.2013, VIII R 4/10

 

Beiträge für eine Risikolebensversicherung sind nicht betrieblich veranlasst, wenn sich die Gesellschafter einer GbR im Gesellschaftsvertrag gegenseitig zum Abschluss einer Versicherung auf den Todesfall verpflichten, um sich gegen die wirtschaftlichen Folgen des Ausfalls eines Gesellschafters abzusichern.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Zu entscheiden hatte der BFH über eine GbR (mit zwei Gesellschaftern), die eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb und ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (gemäß § 4 Abs. 3 EStG) ermittelte. Der Gesellschaftsvertrag enthielt die Verpflichtung für die beiden GbR-Gesellschafter, für das Leben des jeweils anderen Gesellschafters eine Risikolebensversicherung abzuschließen. Durch die Versicherungsprämie sollte der durch den Tod eines Gesellschafters drohende Umsatzausfall abgedeckt und die Fortführung der Kanzlei gesichert werden. Zudem hatte sich die jüngere Gesellschafterin verpflichtet, im Versicherungsfall die Prämie vorrangig für die Ablösung von Sicherheiten zu verwenden, welche die Ehefrau des Mitgesellschafters zur Finanzierung eines Kanzleikaufs gewährt hatte.

Die Anerkennung der Versicherungsprämien als Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafter hatte das Finanzamt (FA) aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung abgelehnt. Das sah auch das Finanzgericht (FG, vgl. zum Urteil EFG 2010, 856) so und wurde darin nun vom BFH bestätigt. Ausschlaggebend ist demnach in solchen Fällen, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst ist.

 

 

Lösung

Aufwendungen sind als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn sie (gemäß § 4 Abs. 4 EStG) durch die Beteiligung an der Personengesellschaft veranlasst sind und der Gesellschafter sie persönlich getragen hat. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung richtet sich die Veranlassung von Versicherungsprämien nach der Art des versicherten Risikos:

  • Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches und im Schadensfall verwirklichtes Risiko, sind die Prämien Betriebsausgaben und die Versicherungsleistungen Betriebseinnahmen.
  • Ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG berücksichtigt werden, während die Versicherungsleistungen nicht steuerbar sind.

Dabei kommt es für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf an, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalls vom Versicherer zu ersetzen sind. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Versicherungsleistungen aufgrund von Vereinbarungen für den Betrieb verwendet werden sollen.

Die vielmehr ausschlaggebende Voraussetzung, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, sieht der BFH z.B. bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit als gegeben an, weil die Risikoursache dann im betrieblichen Bereich liegt. Nur in diesem Fall sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) gewähren, der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen. Dagegen stellen Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, da sie der privaten Lebensführung zuzurechnen sind.

Speziell bei einer Risikolebensversicherung besteht die versicherte Gefahr im Todesfall. Die Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts ist nach Ansicht der BFH-Richter mit keinem erhöhten berufsspezifischen Risiko verbunden, zu versterben. Mit dem Tod verwirkliche sich ein allgemeines Lebensrisiko, das der Privatsphäre zuzurechnen ist, weshalb die Zahlung der Versicherungsbeiträge nicht betrieblich veranlasst ist.

Vor diesem Hintergrund kam der BFH folgerichtig und wie zuvor das FG zu dem Ergebnis, die von den Gesellschaftern der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien – für die auf das Leben des jeweils anderen Gesellschafters abgeschlossene Risikolebensversicherung – seien nicht als Sonderbetriebsausgaben bei der Gewinnermittlung abzuziehen.

 

 

Praxishinweise:

  • Das gilt dem BFH zufolge ausdrücklich auch für den Fall, dass mit der Risikolebensversicherung die Rückzahlung eines betrieblichen Darlehens der Klägerin oder eines ihrer Gesellschafter sichergestellt werden soll, denn Zahlungen zur Tilgung einer Schuld seien grundsätzlich keine als Betriebsausgaben abziehbaren Finanzierungsaufwendungen. Dies gelte auch für Prämienzahlungen auf eine Risikolebensversicherung, welche die Tilgung einer Darlehensschuld absichert.
  • Auch die gegenseitige Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, eine Risikolebensversicherung auf den Todesfall des jeweils anderen Gesellschafters abzuschließen, ließ der BFH nicht gelten. Die berufliche Veranlassung von Versicherungsprämien richte sich allein nach der Art des versicherten Risikos. Andernfalls bestünde die Möglichkeit, durch die Begründung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung Aufwand, der der Absicherung eines Risikos der privaten Lebensführung dient, in den betrieblichen Bereich zu verlagern.
  • Wenn wie im Streitfall eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung der jüngeren Gesellschafterin getroffen wird, im Falle des Todes des Mitgesellschafters mit der Versicherungssumme zunächst die Sicherheiten auszulösen, die dessen Ehefrau für die Finanzierung eines Kanzleikaufs gewährt hatte, ändert das für den BFH an seiner ablehnenden Sichtweise nichts. Denn auch wenn die Versicherung dem Schutz der Ehefrau des Mitgesellschafters vor der Verwertung der von ihr gewährten Sicherheiten diente, war das versicherte Risiko, der Tod des Mitgesellschafters, privater Natur.
  • Der BFH nahm ferner zu dem seitens der GbR erhobenen Vorwurf Stellung, das FG-Urteil sei nicht ausreichend begründet. Ein Urteil ist demnach ausreichend begründet und ein Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 6 FGO nicht gegeben, wenn zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren. Davon sei im Streitfall auszugehen. Das FG habe in den Gründen seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass es einen Betriebsausgabenabzug ablehne, weil die Prämien der Risikolebensversicherungen privat und nicht betrieblich veranlasst seien. Die Abgrenzung erfolge danach, ob durch den Versicherungsabschluss berufliche oder private Risiken abgedeckt werden sollten. Aus diesem Grunde komme der Abzug von Prämien für einen Lebensversicherungsvertrag als Betriebsausgaben regelmäßig nicht in Betracht. Aus diesen Ausführungen wird – so der BFH – hinreichend deutlich, aus welchen Gründen das FG die Klage abgewiesen hat.
  • Ergänzend setzte sich der BFH ausführlich mit den Voraussetzungen für eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auseinander, die er als nicht gegeben einstufte.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

BC 8/2013

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