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Auswirkung des BilMoG auf die Steuerbilanz

BC-Redaktion

OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer vom 14.9.2012 (Nr. 17/2012)

 

Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden … für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist (1. Halbsatz), es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt (2. Halbsatz, durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG – ergänzt).

Dieser Grundsatz war bereits bisher wegen des Bewertungsvorbehalts in § 5 Abs. 6 EStG durchbrochen. Danach gehen steuerliche Bewertungsvorschriften, insbesondere die §§ 6 bis 7k EStG sowie steuerliche Sonderregelungen, wie z.B. das Verbot in § 5 Abs. 4a EStG, eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden, den handelsrechtlichen Vorschriften vor. Daran hat sich durch das BilMoG nichts geändert.

Neu ist, dass steuerliche Wahlrechte unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden können. Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, können demnach (erstmals für Bilanzstichtage nach dem 31.12.2008, d.h. ab VZ 2009) in der Handels- und der Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden ( BMF-Schreiben vom 12.3.2010, IV C 6 – S 2133/09/10001, BStBl. I, S. 239). Die Ausübung steuerlicher Wahlrechte muss nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG n.F. jedoch besonders dokumentiert werden, sofern sich die erforderlichen Angaben (Zeitpunkt der Anschaffung, Anschaffungskosten, Rechtsgrundlage des in Anspruch genommenen Wahlrechts und der vorgenommenen Abschreibungen) nicht aus dem Anlageverzeichnis ergeben.

Weggefallen ist allerdings die umgekehrte Maßgeblichkeit (Streichung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.), nach der bisher steuerliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben waren. In diesem Zusammenhang sind auch die handelsrechtlichen Öffnungsklauseln (§ 254, § 247 Abs. 3, § 273 HGB a.F. Sonderposten mit Rücklagenanteil) gestrichen worden, mit denen steuerliche Wahlrechte, z.B. die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG, in die Handelsbilanz übertragen werden konnten.

 

 

 

Wesentliche Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz unter Geltung des BilMoG 

HGB-Regelung im BilMoG 

Inhalt der Neuregelung 

Behandlung in der Steuerbilanz 

Steuerliche Korrektur erforderlich? 

§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB

Vermögensgegenstände sind dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

Ebenso
Bereits bisher schon in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO geregelt

Nein

§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB

Saldierung von bestimmten Vermögensgegenständen, z.B. Rückdeckungsversicherungen mit Pensionsrückstellungen

Saldierungsverbot (§ 5 Abs. 1a EStG) führt zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit

Ja
keine Saldierung

§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB

Aktivierungswahlrecht für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, z.B. selbst geschaffene Patente

Steuerliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) führt wie bisher zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit

Ja
bei Aktivierung in der Handelsbilanz

§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB

Aktivierungspflicht für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert; Abschreibung auf individuelle Nutzungsdauer (i.d.R. maximal fünf Jahre)

Aktivierungspflicht und lineare Abschreibung auf 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) gilt weiter

Ja
AfA auf 15 Jahre linear

§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGB gestrichen

Kein ARAP für als Aufwand abgezogene Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie für als Aufwand abgezogene USt auf Anzahlungen

Weiterhin Aktivierungspflicht nach § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG

Ja
Aufwand nicht sofort abzugsfähig

§ 249 Abs. 1 Satz 3 HGB gestrichen;
§ 249 Abs. 2 HGB

Keine allgemeinen Aufwandsrückstellungen sowie für unterlassene Instandhaltungen, die mehr als drei Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres nachgeholt werden

Ebenso
Das bisherige Passivierungsverbot bei handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten gilt weiterhin.

Nein

§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB

Zwingende Einbeziehung der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie des Wertverzehrs des Anlagevermögens in die Herstellungskosten

Ebenso
Bereits bisher waren Materialeinzel- und Materialgemeinkosten sowie der Wertverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen (R 6.3 Abs. 1 EStR 2008).

Nein

§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB

Wahlrecht (unverändert), Kosten der Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung in die Herstellungskosten einzubeziehen

Bis zur Veröffentlichung der EStR 2012 keine Abweichung, d.h., das Wahlrecht gilt für die steuerlichen HK (R 6.3 Abs. 4 EStR 2008).
Danach zwingende Einbeziehung dieser Aufwendungen in die steuerlichen HK ( BMF-Schreiben vom 22.6.2010, IV C 6 – S 2133/09/1001, BStBl. I, S. 597)

Nein

§ 253 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 HGB

Anlagevermögen: keine außerplanmäßige Abschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung. Außerplanmäßige Abschreibung (wie bisher) bei voraussichtlich dauernder Wertminderung zwingend.
Ausnahme: bei Finanzanlagevermögen schon bei vorübergehender Wertminderung

Teilwertabschreibungen waren bereits bisher nur bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung zulässig (Kann-Regelung, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG).
Dieses Wahlrecht kann jetzt unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden, d.h. insoweit keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz mehr.

grundsätzlich
Nein

§ 253 Abs. 4 HGB

Umlaufvermögen: strenges Niederstwertprinzip bei jeder Wertminderung

Grundsätzlich ebenso, wenn Wertminderung bis zum Bilanzerstellungstag anhält

grundsätzlich
Nein

§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB

Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr bestehen.

Wertaufholungsgebot bestand bereits bisher (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG)

Nein

§ 256 Satz 1 HGB

Nur noch Lifo- und Fifo-Methode bei der Bewertung des Vorratsvermögens zulässig

Steuerlich ist weiterhin nur das Lifo-Verfahren zulässig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG).

Ja,
sofern Bewertung nach Fifo-Methode in der Handelsbilanz

§ 256a HGB

Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden in fremder Währung mit dem Devisenmittelkurs am Bilanzstichtag. Bei einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr gelten weder das Anschaffungskostenprinzip noch das Realisationsprinzip. Dadurch kann es zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen.

Das Anschaffungskostenprinzip gilt weiterhin, d.h., nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden.

Ja

 

 

Rückstellungen sind in der Steuerbilanz der Höhe nach auf den Wert in der Handelsbilanz begrenzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG); siehe kritisch Hoffmann, BC 2012, S. 491 f., Heft 11.

 

§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB

Bei der Bewertung von Rückstellungen sind zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.

Keine Einbeziehung von Preis- und Kostensteigerungen, Verhältnisse am Bilanzstichtag sind maßgebend (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG).

Ja
maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz

§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB

Abzinsung von Rückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre

In der Steuerbilanz sind Rückstellungen wie bisher mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).

Ja
maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz

§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB

Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins für eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Künftige Gehalts- und Rentensteigerungen sind einzubeziehen.

Der Abzinsungssatz von 6% (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) gilt weiterhin. Zudem sind – wie bisher – die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 EStG).

Ja
maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz

§ 254 Abs. 1 HGB

Bildung von Bewertungseinheiten für Grund- und Sicherungsgeschäfte, z.B. durch Zusammenfassung einer Forderung in ausländischer Währung mit einem Absicherungsgeschäft gegen Wechselkursänderungen.

Übernahme der Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1a Satz 2 EStG). Zudem muss bei einem Verpflichtungsüberhang eine Drohverlustrückstellung gebildet werden (Ausnahme vom Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen in § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG).

Nein

 

 

Praxis-Info!

Der Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit ermöglicht es Unternehmen, eine eigenständige Steuerbilanzpolitik – unabhängig von der Handelsbilanz – zu betreiben. Dies bringt vor allem Erleichterungen im Zusammenhang mit Bilanzänderungen infolge der Ergebnisse von steuerlichen Betriebsprüfungen. Konkreter: Durch das Vorhalten steuerbilanzpolitischer Wahlrechte (bspw. außerplanmäßige Abschreibung eines Grundstücks in der Handelsbilanz, Verzicht in der Steuerbilanz) lassen sich entsprechende Mehrergebnisse einer steuerlichen Betriebsprüfung ausgleichen, indem nachträglich steuerliche Wahlrechte (bspw. spätere Vornahme der Abschreibung auf das Grundstück) ausgeübt werden.

Vor dem Veranlagungszeitraum 2009 erforderte eine Bilanzänderung in der Steuerbilanz eine korrespondierende Änderung der Handelsbilanz. Auch wenn die entsprechenden Aufzeichnungspflichten (eigenständiges steuerliches Verzeichnis) zu beachten sind, so fallen diese weit weniger ins Gewicht als die in der Vergangenheit notwendigen Änderungen der aufgestellten, festgestellten und geprüften Handelsbilanzen (vgl. hierzu ausführlich Zwirner/Künkele, BC 2012, S. 393 ff., Heft 9).

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 12/2012

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