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Verbilligter Aktienerwerb vom Arbeitgeber als Arbeitslohn

Jürgen Plenker

BFH-Urteil vom 7.5.2014, VI R 73/12

 

  1. Der verbilligte Erwerb von Aktien vom Arbeitgeber (oder einem Dritten) kann zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG führen, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer „für“ seine Arbeitsleistung gewährt wird.
  2. Ein lohnsteuerbarer Vorteil liegt jedoch nur insoweit vor, als der Arbeitgeber tatsächlich verbilligt an den Arbeitnehmer veräußert, mithin der Wert der Aktien den vereinbarten Kaufpreis übersteigt.
  3. Ob der Arbeitnehmer das Wirtschaftsgut verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, ist grundsätzlich anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen.

 

Praxis-Info!

 

Zurechnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn)

Es ist anhand aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers

– den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder

– aufgrund einer zwischen den Beteiligten bestehenden Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder

– dem nicht einkommensteuerbaren Bereich

zuzurechnen ist. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der Beteiligten sind insoweit unerheblich.

Sonderrechtsbeziehungen, die nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führen, können insbesondere neben dem Arbeitsverhältnis bestehende Miet- und Darlehensverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein. Allein die „Arbeitnehmerstellung“ reicht also für eine Annahme von Arbeitslohn nicht aus.

Für das Vorliegen von Arbeitslohn sprechen aber z.B.:

  • Erwerb der Aktien nur durch Arbeitnehmer, die zuvor vom Arbeitgeber ausgewählt wurden;
  • Erlöschen eines Wandlungsrechts mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
  • Abschluss eines Wandeldarlehensvertrags nur mit Arbeitnehmern und nicht mit fremden Dritten.

Demgegenüber sprechen ein bis zum Totalausfall des überlassenen Kapitals bestehendes Verlustrisiko sowie ein Rangrücktritt, der den Beteiligten auf die Stufe eines Gesellschafters und nicht eines Fremdgläubigers stellt, gegen die Annahme von Arbeitslohn. Jeder der vorgenannten Gesichtspunkte hat für sich genommen nur indizielle (auf Anzeichen beruhende) Bedeutung. Alle diese Aspekte gehen allerdings in die erforderliche Gesamtwürdigung ein. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung sind auch die Beweggründe der Beteiligten für die abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu hinterfragen und zu würdigen.

Arbeitslohn kann übrigens auch dann vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer über einen Dritten (z.B. Zuwendung des Arbeitgebers an den Ehegatten oder einen anderen Familienangehörigen) ein Vorteil für seine erbrachte Arbeitsleistung zugewendet wird.

 

 

Bei Verbilligung ist der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts maßgebend

In diesem Punkt weicht der BFH von der bisherigen Verwaltungsauffassung ab! Ob der Arbeitnehmer ein Wirtschaftsgut verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen (Vorteil = 0 €), ist nach Meinung des BFH anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen (= Bewertung des geldwerten Vorteils).

Denn positive wie negative Wertveränderungen zwischen schuldrechtlichem Veräußerungsgeschäft und dinglichem Erfüllungsgeschäft sind auf die Marktverhältnisse zurückzuführen und beruhen nicht mehr auf dem Arbeitsverhältnis. Wertveränderungen in dieser Zeitspanne sind daher der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen.

Zuflusszeitpunkt des geldwerten Vorteils ist allerdings auch bei einem verbilligten Aktienerwerb die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien (= Depoteinbuchung). Somit fallen Bewertungszeitpunkt (Verpflichtungsgeschäft) und Zuflusszeitpunkt (Erfüllungsgeschäft) auseinander.

 

 

Bitte beachten!

Bei einem unentgeltlichen Aktienerwerb ist der geldwerte Vorteil am Tag der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (Depoteinbuchung) zu bewerten; dies ist zugleich auch der Zuflusszeitpunkt.

 

Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Plenker

 

 

BC 8/2014

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