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Wirtschaftsaussichten 2024 mit mehr Schatten als Licht

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Auf wen soll man setzen: Verbände oder Investoren?

 

Wenig verheißungsvolle Konjunkturprognosen für 2024 sind zum Jahreswechsel von einem Stimmungstief auf Ebene der Wirtschaftsverbände begleitet worden. Andererseits konnten DAX-Investoren unerwartete Erfolge feiern, wobei ja gerade den Aktienmärkten nachgesagt wird, dass sie auf die Zukunft setzen und daher Gutes erwarten.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Das Handelsblatt Research Institut (HRI) prophezeit in seiner neuen Konjunkturprognose für 2024 am 2.1.2024 nur ein schwaches Wirtschaftswachstum von 0,3%; mit 0,6% ist der Ausblick für 2025 zwar doppelt so hoch, aber im Ergebnis ja nur minimal besser. Die Fortsetzung der in 2023 erlebten Rezession kann demnach nur knapp verhindert werden. Das traurige Resümee: Die deutsche Wirtschaft hat es noch immer nicht über den Vor-Corona-Stand von 2019 hinausgeschafft – und wird sich auch künftig nur mühsam aus der Stagnation befreien. Sie leidet wie keine andere Volkswirtschaft der Eurozone unter dem toxischen Cocktail von Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, Russlandsanktionen und Inflation. Und es könnte noch schlimmer kommen.

 

 

Lösung

Denn mit Blick auf 2024 ist die Mehrzahl der Unternehmen noch mal skeptischer, als sie es schon bezüglich des Jahres 2023 war. 30 von insgesamt 47 Verbänden, die das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) befragt hat, beurteilen ihre aktuelle Lage schlechter als vor einem Jahr. Als Hauptgründe werden die schwache Weltwirtschaft, die geopolitische Verunsicherung und die gestiegenen Zinsen genannt.

So rechnen 23 der vom IW befragten Branchen für 2024 mit einem Produktions- oder Gewinnrückgang, darunter das Baugewerbe und der Maschinenbau. Nur neun der 47 Wirtschaftsverbände gehen von einem höheren Produktionsniveau als 2023 aus, z.B. die Pharma- und die Automobilindustrie.

Vor diesem Hintergrund signalisiert die IW-Verbandsumfrage ein schwaches Investitionsjahr 2024. Hinzu kommt, dass die über lange Zeit erkennbare Stabilität am deutschen Arbeitsmarkt mit Blick auf das Jahr 2024 nicht mehr zu sehen ist. Nur noch fünf Verbände melden für das Jahr 2024 einen Aufbau an Beschäftigung, dagegen erwarten 23 Wirtschaftsverbände einen Rückgang und 19 eine stabile Beschäftigung.

Insgesamt gesehen, zeigt die IW-Verbandsumfrage, dass am deutschen Arbeitsmarkt infolge der multiplen Krisenbelastungen und der unsicheren konjunkturellen Rahmenbedingungen eine Trendwende hin zu weniger Beschäftigung und zu leicht ansteigender Arbeitslosigkeit im Gang ist.

 

 

Praxishinweise:

  • Allerdings sollte auch nicht übersehen werden, dass der DAX im Dezember 2023 neue Rekordhöhen erklimmen konnte. Die dort aktiven Investoren setzen offenbar auf ein erfolgreiches neues Jahr für die deutsche Wirtschaft. Dass die Aussichten für 2024 an den Finanzmärkten günstiger bewertet werden als in den Unternehmensverbänden, könnte allerdings daran liegen, dass sich viele Dax-Konzerne mehr oder weniger stark vom Produktionsstandort und Absatzmarkt Deutschland entkoppelt haben. Hingegen spiegeln sich (gemäß Angaben im Handelsblatt vom 27.12.2023) in den Stimmen der Branchenverbände die Sorgen der vielen mittelständischen Familienunternehmen wider, die an den Standort Deutschland gebunden sind.
  • Zudem erhöht sich offenbar der Standortnachteil Steuerbelastung, wenn man den in der F.A.Z. vom 3.1.2024 (S. 15) veröffentlichten IW-Berechnungen Glauben schenkt. Dass in Zeiten einer SPD-geführten Bundesregierung die geringverdienenden Haushalte, wie Alleinerziehende mit einem Kind in 2024, sogar höher belastet werden, muss unparteiische Beobachter doch in ungläubiges Staunen versetzen, zumal sie damit ja auch als Konsummotor ausfallen.
  • In Verbindung mit den zuletzt im BC-Newsletter vermeldeten Aussichten auf zunehmende Forderungsausfälle infolge sich ausweitender Insolvenzen muss neben Vorsorgemaßnahmen im Forderungsmanagement dann schon viel Kraft aufgewendet werden, um eine positive Erwartungshaltung aufkommen zu lassen. Zur Unterstützung sei hier als einer der führenden Topmanager Deutschlands Norbert Winkeljohann (aktuell u.a. Bayer-Aufsichtsratschef) mit einer Aussage aus einem Handelsblatt-Interview vom 3.1.2024 zitiert: „Wir reden uns gerade in eine Krise hinein.“ Seiner Beobachtung nach fokussieren wir uns derzeit „zu sehr auf das, was nicht läuft“. Dass er damit von dem Bayer-Jahrhundertfehler Monsanto ablenken wollte, sei ihm nicht unterstellt; denn er fordert die Besinnung auf Innovationsstärken: „Die deutsche Wirtschaft ist stark. Wir haben einen exzellenten Mix aus großen, börsennotierten Unternehmen, mittelständischen Firmen sowie tollen Start-ups.“ Es ist ihm – und uns zum Auftakt des Jahres 2024 – zu wünschen, dass er damit recht haben möge. Und dass die Innovationsstärke im ESG-Bereich (Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung) liegen könnte, ist so unwahrscheinlich nicht, wenn die auch dort schlummernden Risiken sorgfältig abgewogen werden sollten, so im Rahmen einer fundierten Wesentlichkeitsanalyse (mehr dazu hier).

 

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 2/2024

BC20240207

 

 

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